Von Augsburg nach Lummerland

Von Stefan Keim · 26.02.2008
Jim Knopf, Urmel, das Sams oder die Katze mit Hut - die Liste der legendären Marionetten ließe sich noch lange fortsetzen. Mehrere Generationen wuchsen auf mit den Helden der Augsburger Puppenkiste. Berühmt wurde das Theater durch die vielen Mehrteiler für das Kinderprogramm im Fernsehen.
Musik: "Eine Insel mit zwei Bergen"

Wer in den sechziger oder siebziger Jahren Kind war, sieht bei dieser Musik gleich Bilder. Die kleine Eisenbahn mit Lukas dem Lokomotivführer, den schwarzen Jungen Jim Knopf, das Meer aus durchsichtigem Zellophan. Den Kaufladen von Frau Waas, in dem man alles kaufen kann. Und natürlich den trotteligen König Alfons den Viertelvorzwölften.

"Hier spricht der Dings, der Dings, der ... - König Alfons? - So? Ach ja."

Die Augsburger Puppenkiste hat das Kinderbuch von Michael Ende zweimal verfilmt, erst in schwarzweiß, dann in Farbe. Das Marionettentheater ging stets mit der Zeit. Auf den heutigen DVDs findet man einen Musikclip: Urmel, das in einem Eisblock entdeckte Bindeglied zwischen Dinosaurier und Säugetier, Urmel rockt.

Oft sind die Helden der Augsburger Puppenkiste Außenseiter. Leute, die nicht so sind wie die anderen. Die oft ausgelacht werden, Träumer, die ihren eigenen Holzkopf haben. So einer ist Oblong Fitz Oblong, der "kleine dicke Ritter", der als einziger im Schloss des Herzogs noch keine Drachenschwanzspitze hat. Weil er alle Tiere mag, also auch Drachen.

Ritter: "Erlaubt, ich habe keine Schwanzspitze. Ich habe den Drachen. - Was haben Sie? - Ja, nun komm schon. Frisst dich ja niemand. Er heißt Bonzo. Ich konnte nicht, Erlaucht. Er ist auch schon ganz zahm."

Manchmal haben die Dialoge der Marionetten kabarettistischen Witz. Da wird zum Beispiel in einer Urmel-Folge ein abgedankter König von einer jungen Journalistin in die Ecke gedrängt.

"Sie sind ja ein Ungeheuer."
"Nein, von der Presse."
"Das ist dasselbe."

Gegen die Argumente der blitzgescheiten Frau hat der Exkönig keine Chance.

"Geben Sie mir Ihr königliches Ehrenwort?"
"Das ist Erpressung."
"Natürlich. Ich bin ja von der Presse."

Bei allem Witz vergessen die Autoren nie die menschlichen Seiten der Figuren. Manchmal treffen sie genau den Zeitgeist. In den siebziger Jahren zeigte die Puppenkiste ein vorlautes, grünes Wesen.

Sams: "Keiner weiß, wie ich heiß. Auch der Popopolizei ist das völlig einerlei."

In einer Zeit, als sich der konventionelle Familienbegriff auflöste, erzählt die Marionettenbühne vom Sams. Hinter den frechen Sprüchen fühlt das Sams eine tiefe Sehnsucht nach einem Papa. Nicht nach seinem, nach irgendeinem.

"Wenn einer errät, dass man ein Sams ist, dann gehört ihm das Sams. Und dann muss man das Sams auch bei sich wohnen lassen und ihm zu essen geben."

Inhaltlich auf der Höhe der Zeit, gleichzeitig tief verwurzelt in der Tradition des Marionettentheaters - neue Abenteuer der Augsburger Puppenkiste fehlen heute im immer gleichförmigeren Fernsehprogramm.

"Ich habe gesprochen. Öff!"
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