Von Arno Orzessek

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ lobt die „Peer-Gynt“-Choreographie von Heinz Spoerli an der Zürcher Oper. „Die Welt“ verteidigt den ZDF-Historiker Guido Knopp und seine neue Serie „Die Wehrmacht“. Und der Film „Free Rainer“ findet im „Tagesspiegel“ wenig Beifall.
„Alle Kurven deuten auf nervöse Ereignisse“, heißt die schönste Überschrift des Tages und betitelt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG eine Rezension, in der Philipp Felschs Studie über den Berg-Physiologen Angelo Mosso gelobt wird. Mosso wollte im 19. Jahrhundert mit diversen Messgeräten der Ermüdung durch alpines Bergwandern auf die Spur kommen.

Nördlichere Kurven hat die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG im Sinn, die eine Besprechung der „Peer-Gynt“-Choreographie von Heinz Spoerli an der Zürcher Oper „Drei künstliche Brüstchen in Norwegens Wüstenwanderdüne“ überschreibt. Welche Bedeutung die Metaphorik freisetzen soll, lässt sich dem Artikel nicht entnehmen, ohne weiteres jedoch, dass Spoerlis Arbeit zu Griegs Vertonung von Ibsens Versdrama gelungen ist.

„Spoerlis Version will alles sein: Schauspiel mit Musik und Ballett, modern und märchenhaft, witzig und anrührend, philosophisch und volkstümlich, vollständig und nicht zu lang. […] Das Sensationelle dabei ist, wie scheinbar mühelos sich alle Elemente des Abends diesem Willen Spoerlis fügen,“

schreibt die FAZ. – Und damit in „Vermintes Terrain“. Ein solches durchstreift nach Ansicht der WELT die neue ZDF-Serie „Die Wehrmacht“. Sven Felix Kellerhoff hält es für nötig, vor allem eine Hommage auf ZDF-Chefhistoriker Guido Knopp zu schreiben.

„Sicher werden neidische Fachhistoriker und alle möglichen Besserwisser wieder kübelweise Häme ausgießen über der Serie. Allein, die fünf Folgen haben – wie übrigens die meisten Produktionen der ZDF-Zeitgeschichtsredaktion – solche Pauschalkritik nicht verdient,“

meint „Die Welt“.

Zumindest das aktuelle Werk aus dem Knopp-Arsenal gefällt auch der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, die beschreibt, wie der Mythos von der sauberen Wehrmacht anhand neuen Archivmaterials ein weiteres Mal zurückgewiesen wird:

„Am Ende macht der Film eine einfache, aber eindrucksvolle Rechnung auf. Selbst wenn nur fünf Prozent der Soldaten […] am Holocaust und den anderen Verbrechen beteiligt waren, würde das über die Kriegsjahre hinweg eine Zahl von 500.000 Menschen bedeuten.“

Was den Wehrmacht-Film angeht, bekommt das Medium Flimmerkiste unisono Lob von den Druckmedien – wohingegen Hans Weingartner, Regisseur der Mediensatire „Free Rainer“, in einem Interview mit der WELT die Masse des Gesendeten mit Heroin vergleicht.

„Für mich ist Trash-TV genau das gleiche: Es ist auch eine Droge, die deine Gesundheit auf Dauer ruiniert […]. Wir benötigen einfach ein Betäubungsmittelgesetz, das auch das Fernsehen abdeckt.“ (lacht) [vermerkt der Interviewer].

Weingartners Film „Free Rainer“, der vom Kampf gegen die totalitäre Quote handelt, findet im TAGESSPIEGEL wenig Beifall.

„Der diplomierte Hirnforscher, Naturfreak, Anarcho-Moralist und sympathische Kindskopf Hans Weingartner will den Geist befreien, gängelt ihn jedoch [mäkelt Autorin Christiane Peitz]. […] Immer wieder kippt die Mediensatire ins Lehrstück, ins Melodram oder ins Gutmenschen-Utopia.“

Bevor es ins Netz geht, zum Autoren-Streik in den USA. Unter dem Titel

„Reich werden immer die anderen“

berichtet die FAZ, dass Superstars wie Tom Cruise neben Gagen von 20 Millionen Dollar aus der Weiterverwertung eines Films weitere 50 bis 70 Millionen Dollar zusammenbaggern – Zahlen, sagen wir, die nach bewaffneter Weltrevolution schreien. Allemal recht hat die FAZ, wenn sie den darüber verarmten Studios rät:

„In so aussichtsloser Lage müssen neue Konzepte her: Wenn die Studios mit den großen Stars kein Geld mehr verdienen, könnte sie es vielleicht mal ohne sie probieren.“

Im Netz ist das Portal „Perlentaucher“ dank täglicher Notizen über die Rezensionen in den großen Feuilletons eine gefragte Adresse. FAZ und SZ klagen nun dagegen, dass die Portal-Macher ihre Notizen zu den Erzeugnissen fremder Federn an den Internetbuchhändler buecher.de weiterverkaufen.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU hält zu den Perlentauchern:

„Ihre Unabhängigkeit und gedankliche Freiheit, auch gegen den Zeitgeist und Mainstream zu löcken, provoziert bei alteingesessenen Printmedien offensichtlich […] Neid und Konkurrenz.“

Wir denken mit dem TAGESSPIEGEL über ein grundsätzliches Dilemma nach:

„Wann sind Federn fremd?“