Von Arno Orzessek
Die "Süddeutsche Zeitung" beschäftigt sich mit Büchern und Ausstellungen über Autos. Die "Neue Zürcher Zeitung" empört sich über die Einstellung des Vergewaltigungs-Verfahrens gegen Dominik Strauss-Kahn. Und die "Frankfurter Rundschau" spricht mit dem Musiker George Michael über Schwule in der Öffentlichkeit und die Boulevardblätter des Rupert Murdoch.
Benzinblütige, die im Feuilleton selten Stoff für ihre Leidenschaft finden, werden sich freuen: In nicht weniger als drei - jeweils bebilderten - Artikeln in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG geht's um Autos.
Allerdings sind alle drei Artikel Verrisse.
Unter dem Foto eines Mercedes SL, an den sich in dem Filmklassiker "American Gigolo" Richard Gere lehnt und dabei fast so schön aussieht wie der wohlproportionierte SL-Kotflügel selbst, bespricht Kristina Maidt-Zinke Niklas Maaks "Fahrtenbuch. Roman eines Autos".
Darin verfolgt der Feuilleton-Redakteur der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG am Leitfaden einer Auto- und genauer: Mercedes-SL-Biografie die Biografien von dessen wechselnden Besitzern. Laut Maidt-Zinke geht die Sache aber schief:
"Das verheißungsvolle Konzept 'Roman eines Autos' wird nicht ausgefüllt - es liefert nur das Alibi, um eine Reihe von Geschichten aus Deutschland, die ohne das Mercedes-Cabriolet nicht viel anders verlaufen wären, als Roman zu deklarieren."
Catrin Lorchs Kritik der Ausstellung "Fetisch Auto. Ich fahre also bin ich" im Museum Tinguely in Basel ist mit einem rauschhaft verwischten Rennwagen-Foto illustriert. Lorch ihrerseits macht den Baseler Kuratoren verbal die Scheibenwischer-Geste:
"Die Schau sieht aus, als habe man in die Archivlisten der Kunstgeschichte den Begriff 'Auto' eingegeben und einfach abgewartet, was dann akkumuliert an Blechskulpturen, Filmen, Installationen, Fotos und Leinwänden. […] Einem auf Geschwindigkeit fixierten Museum, dessen Besucher auf dem Weg zur Bushaltestelle sieben Spuren des Innenstadt-Rings überwinden müssen, hätte zum Thema Automobilismus etwas mehr einfallen müssen."
Und auch die Ausstellung "Car Culture" im ZKM Karlsruhe fährt laut SZ-Autorin Sandra Danicke gegen die Wand:
"'Car Culture' zeigt das Auto als Dreckschleuder, als schützenden Kokon, als Potenzersatz. Für eine Kunstausstellung sind das dürftige Erkenntnisse."
Bleibt das dritte Foto nachzutragen: Es zeigt einen - der Ente nahe verwandten - Citroen Dyane. Und zwar denjenigen, mit dem der Künstler HA Schult 1970 so ziel- wie sinnlos, aber künstlerisch wertvoll in 20 Tagen 20.000 Kilometer durch Deutschland getuckert ist.
Bevor wir uns den Tadel zuziehen, heute nur Blech zu reden, kommen wir zu Dominik Strauss-Kahn. Genauer: zu der französischen Feministin Christine Delphy, die sich im Interview mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG über die Einstellung des Vergewaltigungs-Verfahrens gegen den ehemaligen Chef des Währungsfonds empört:
"Die 'Affäre Strauss-Kahn' ist […] emblematisch für das, was Vergewaltigungsopfern im Allgemeinen widerfährt. Ihre Aussagen werden nach jedem falsch gesetzten Komma abgesucht. Ihr Vorleben wird durchleuchtet, bis die einander kreuzenden Scheinwerferstrahlen selbst anfangen, Schatten zu werfen. Kurz: Sie finden sich in der Rolle des Verdächtigen wieder."
Was für eine Formulierung, selbst wenn sie lichtphysikalischer Unsinn ist! Dass das Vorleben von Vergewaltigungsopfern durchleuchtet werde, "bis die einander kreuzenden Scheinwerferstrahlen selbst anfangen, Schatten zu werfen"."
Auch zwei weitere Interviews sind lesenswert. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU spricht George Michael über seine Musik, über Schwule in der Öffentlichkeit und über die Boulevardblätter des Rupert Murdoch, die sein Privatleben jahrelang mit größter Deutlichkeit in den Schlagzeilen gehalten haben.
""Leser von Murdochs Sonntagsblatt erzählten mir [so Michael], dass sie am Morgen erst mal die 'News of the World' lasen und anschließend noch mal Sex hatten. Die haben die Zeitung genutzt, um noch mal Sex zu haben. Hätten die nicht Pornos benutzen und mich und mein Leben in Ruhe lassen können?"
Wie man wohl heraushört, regt sich George Michael in der FR so richtig auf. Abgeklärtheit wäre allerdings keine Alternative - wenn man dem Schauspieler Christoph Waltz glaubt, der mit der SZ über seinen Weltruhm redet. Waltz also behauptet - und seine Behauptung sei das Schlusswort:
"'Über den Dingen zu stehen, [das] ist ja auch fad.'"
Allerdings sind alle drei Artikel Verrisse.
Unter dem Foto eines Mercedes SL, an den sich in dem Filmklassiker "American Gigolo" Richard Gere lehnt und dabei fast so schön aussieht wie der wohlproportionierte SL-Kotflügel selbst, bespricht Kristina Maidt-Zinke Niklas Maaks "Fahrtenbuch. Roman eines Autos".
Darin verfolgt der Feuilleton-Redakteur der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG am Leitfaden einer Auto- und genauer: Mercedes-SL-Biografie die Biografien von dessen wechselnden Besitzern. Laut Maidt-Zinke geht die Sache aber schief:
"Das verheißungsvolle Konzept 'Roman eines Autos' wird nicht ausgefüllt - es liefert nur das Alibi, um eine Reihe von Geschichten aus Deutschland, die ohne das Mercedes-Cabriolet nicht viel anders verlaufen wären, als Roman zu deklarieren."
Catrin Lorchs Kritik der Ausstellung "Fetisch Auto. Ich fahre also bin ich" im Museum Tinguely in Basel ist mit einem rauschhaft verwischten Rennwagen-Foto illustriert. Lorch ihrerseits macht den Baseler Kuratoren verbal die Scheibenwischer-Geste:
"Die Schau sieht aus, als habe man in die Archivlisten der Kunstgeschichte den Begriff 'Auto' eingegeben und einfach abgewartet, was dann akkumuliert an Blechskulpturen, Filmen, Installationen, Fotos und Leinwänden. […] Einem auf Geschwindigkeit fixierten Museum, dessen Besucher auf dem Weg zur Bushaltestelle sieben Spuren des Innenstadt-Rings überwinden müssen, hätte zum Thema Automobilismus etwas mehr einfallen müssen."
Und auch die Ausstellung "Car Culture" im ZKM Karlsruhe fährt laut SZ-Autorin Sandra Danicke gegen die Wand:
"'Car Culture' zeigt das Auto als Dreckschleuder, als schützenden Kokon, als Potenzersatz. Für eine Kunstausstellung sind das dürftige Erkenntnisse."
Bleibt das dritte Foto nachzutragen: Es zeigt einen - der Ente nahe verwandten - Citroen Dyane. Und zwar denjenigen, mit dem der Künstler HA Schult 1970 so ziel- wie sinnlos, aber künstlerisch wertvoll in 20 Tagen 20.000 Kilometer durch Deutschland getuckert ist.
Bevor wir uns den Tadel zuziehen, heute nur Blech zu reden, kommen wir zu Dominik Strauss-Kahn. Genauer: zu der französischen Feministin Christine Delphy, die sich im Interview mit der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG über die Einstellung des Vergewaltigungs-Verfahrens gegen den ehemaligen Chef des Währungsfonds empört:
"Die 'Affäre Strauss-Kahn' ist […] emblematisch für das, was Vergewaltigungsopfern im Allgemeinen widerfährt. Ihre Aussagen werden nach jedem falsch gesetzten Komma abgesucht. Ihr Vorleben wird durchleuchtet, bis die einander kreuzenden Scheinwerferstrahlen selbst anfangen, Schatten zu werfen. Kurz: Sie finden sich in der Rolle des Verdächtigen wieder."
Was für eine Formulierung, selbst wenn sie lichtphysikalischer Unsinn ist! Dass das Vorleben von Vergewaltigungsopfern durchleuchtet werde, "bis die einander kreuzenden Scheinwerferstrahlen selbst anfangen, Schatten zu werfen"."
Auch zwei weitere Interviews sind lesenswert. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU spricht George Michael über seine Musik, über Schwule in der Öffentlichkeit und über die Boulevardblätter des Rupert Murdoch, die sein Privatleben jahrelang mit größter Deutlichkeit in den Schlagzeilen gehalten haben.
""Leser von Murdochs Sonntagsblatt erzählten mir [so Michael], dass sie am Morgen erst mal die 'News of the World' lasen und anschließend noch mal Sex hatten. Die haben die Zeitung genutzt, um noch mal Sex zu haben. Hätten die nicht Pornos benutzen und mich und mein Leben in Ruhe lassen können?"
Wie man wohl heraushört, regt sich George Michael in der FR so richtig auf. Abgeklärtheit wäre allerdings keine Alternative - wenn man dem Schauspieler Christoph Waltz glaubt, der mit der SZ über seinen Weltruhm redet. Waltz also behauptet - und seine Behauptung sei das Schlusswort:
"'Über den Dingen zu stehen, [das] ist ja auch fad.'"