Von Arno Orzessek
Vicco von Bülows Tod dominiert die Feuilletons: "Welt", "FAZ" und "SZ" gedenken dem "nobelsten Humoristen" Loriot. Der "Welt" ist auch George Michaels neue Tournee eine Nachricht wert.
"Lieber Vicco von Bülow, Sie hätten mit Ihrem vornehmen Namen, mit Ihren tadellosen Manieren, Ihrer gepflegten Erscheinung, Ihren würdig weißen Haaren und ihrer eleganten Kleidung Honorarkonsul, Kommerzienrat, Botschafter ja, Bundespräsident werden können! Und was machen Sie! Sie kleben sich statt dessen eine Nudel ins Gesicht! Schämen Sie sich!"
Mit diesen Worten endet in der Tageszeitung DIE WELT der Nachruf Hellmuth Karaseks auf Bernhard Victor Christoph Carl von Bülow.
Wer Karaseks Anspielung auf den berühmten Nudel-Sketch im Rahmen eines Nekrologs für pietätlos hält, dem können wir nicht helfen.
Wer aber Karaseks Anspielung für etwas weit hergeholt und/oder anachronistisch hält, den können wir aufklären. Karasek zitiert sich in der WELT selbst. Er hat die - sagen wir es in Altherrendeutsch - launige Schelte Loriot vor vielen Jahren im Rahmen der Verleihung des Deutschen Videopreises erteilt.
Weil Loriot nun gestorben ist, kann er nicht mehr huldvoll lächeln angesichts dessen, dass wegen der typischen redaktionellen Nöte bei Todesmeldungen zur Mittagszeit die Würdigung seiner Kunst aus der Feder des Schriftstellers Martin Mosebach - ebenfalls in der WELT - auch schon fast acht Jahre alt und also aus der Schublade ist.
"Die Augen des Loriot-Menschen sind klein, Stecknadelköpfe, viel Welt kann durch sie nicht ins Innere dringen. Ewig unbegreiflich bleibt ihm, wie explosiv unvernünftig sich die Verhältnisse geben können. […] Wie lange kann man die Nichtbeachtung des Irregulären aufrecht erhalten? Solange man es nicht bemerkt, hat es noch nicht gesiegt","
schrieb Mosebach in der WELT zum 80. Geburtstag Vicco von Bülows und nun, wiederum in der WELT, zu dessen Tod.
Flott hingehauen hingegen und ein Beweis für die Reaktionsschnelligkeit der Feuilleton-Redaktion der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ist der Kurz-Beitrag des Schriftstellers Andreas Maier:
""Jetzt ist es dreißig Minuten her, dass ich von Loriots Tod weiß, und mir wird doch etwas mulmig. […] Loriot war immer da, auch wenn er gerade mal nicht da war. Quasi seit dem ich denken kann, ist jeder Tag mehr oder minder immer eine unfreiwillige Anhäufung von Loriot-Zitaten. Das ist natürlich ebenso tröstlich wie quälend, aber es ist so. Wir leben in Loriot-Land","
so Andreas Maier in der FAZ. Hätten wir seinen Text redigieren dürfen, wir wären versucht gewesen, den ersten Satz wie folgt zu gestalten: "Jetzt ist es dreißig Minuten her, dass ich von Loriots Tod weiß, und mir ist immer noch etwas mulmig.""Vicco von Bülow war mehrfach Gast in meinen Sendungen und hat mich durch seine leise Höflichkeit fast entwaffnet. Man wollte (und konnte) ihm gegenüber nicht ‚auch noch’ lustig sein. Lustiger ging sowieso nicht","
erinnert sich - wiederum in der FAZ - Thomas Gottschalk, über dessen komischen Nachnamen, soweit wir wissen, Loriot niemals gewitzelt hat.
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG teilt Joachim Kaiser sein gedrechseltes Lob gerecht auf: zwischen Loriot einerseits und den Leuten, denen Loriot den Spiegel vorhielt, uns also, andererseits:
"Es ehrt das deutsche Publikum, seinen nobelsten Humoristen als beliebtesten Entertainer zu bewundern."
Womit wir Victor von Bülow in die Totenruhe entlassen - nicht ohne mit der SZ-Überschrift aufzuseufzen: "Ein Leben lang hat er uns getröstet."
Listige Ratschläge allerdings, wie wir jetzt von seinem Tod noch auf andere, weniger selbstläuferische Themen kommen können, die hätten wir von Loriot schon noch gern angenommen.
Aber sagen wir so: In der WELT beschäftigt sich Michael Pilz mit dem Sänger George Michael, der in den letzten 20 Jahren nur eine einzige Konzertreise gemacht, den Rest der Zeit indessen - wie Pilz schreibt - "in den Skandalspalten, in Tonstudios oder in Haft" verbracht hat.
Nun tourt George Michael wieder. Seine Europatournee begann mit einem Konzert in Prag. Michael hat nämlich seine diversen Lebenskrisen zumindest vorläufig überstanden und daraus eine Lehre gezogen, der Loriot im hohen Alter offenbar nicht mehr folgen konnte. Sie lautet: "Überlebst du deinen Ruhm, dann überlebst du alles."
Mit diesen Worten endet in der Tageszeitung DIE WELT der Nachruf Hellmuth Karaseks auf Bernhard Victor Christoph Carl von Bülow.
Wer Karaseks Anspielung auf den berühmten Nudel-Sketch im Rahmen eines Nekrologs für pietätlos hält, dem können wir nicht helfen.
Wer aber Karaseks Anspielung für etwas weit hergeholt und/oder anachronistisch hält, den können wir aufklären. Karasek zitiert sich in der WELT selbst. Er hat die - sagen wir es in Altherrendeutsch - launige Schelte Loriot vor vielen Jahren im Rahmen der Verleihung des Deutschen Videopreises erteilt.
Weil Loriot nun gestorben ist, kann er nicht mehr huldvoll lächeln angesichts dessen, dass wegen der typischen redaktionellen Nöte bei Todesmeldungen zur Mittagszeit die Würdigung seiner Kunst aus der Feder des Schriftstellers Martin Mosebach - ebenfalls in der WELT - auch schon fast acht Jahre alt und also aus der Schublade ist.
"Die Augen des Loriot-Menschen sind klein, Stecknadelköpfe, viel Welt kann durch sie nicht ins Innere dringen. Ewig unbegreiflich bleibt ihm, wie explosiv unvernünftig sich die Verhältnisse geben können. […] Wie lange kann man die Nichtbeachtung des Irregulären aufrecht erhalten? Solange man es nicht bemerkt, hat es noch nicht gesiegt","
schrieb Mosebach in der WELT zum 80. Geburtstag Vicco von Bülows und nun, wiederum in der WELT, zu dessen Tod.
Flott hingehauen hingegen und ein Beweis für die Reaktionsschnelligkeit der Feuilleton-Redaktion der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ist der Kurz-Beitrag des Schriftstellers Andreas Maier:
""Jetzt ist es dreißig Minuten her, dass ich von Loriots Tod weiß, und mir wird doch etwas mulmig. […] Loriot war immer da, auch wenn er gerade mal nicht da war. Quasi seit dem ich denken kann, ist jeder Tag mehr oder minder immer eine unfreiwillige Anhäufung von Loriot-Zitaten. Das ist natürlich ebenso tröstlich wie quälend, aber es ist so. Wir leben in Loriot-Land","
so Andreas Maier in der FAZ. Hätten wir seinen Text redigieren dürfen, wir wären versucht gewesen, den ersten Satz wie folgt zu gestalten: "Jetzt ist es dreißig Minuten her, dass ich von Loriots Tod weiß, und mir ist immer noch etwas mulmig.""Vicco von Bülow war mehrfach Gast in meinen Sendungen und hat mich durch seine leise Höflichkeit fast entwaffnet. Man wollte (und konnte) ihm gegenüber nicht ‚auch noch’ lustig sein. Lustiger ging sowieso nicht","
erinnert sich - wiederum in der FAZ - Thomas Gottschalk, über dessen komischen Nachnamen, soweit wir wissen, Loriot niemals gewitzelt hat.
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG teilt Joachim Kaiser sein gedrechseltes Lob gerecht auf: zwischen Loriot einerseits und den Leuten, denen Loriot den Spiegel vorhielt, uns also, andererseits:
"Es ehrt das deutsche Publikum, seinen nobelsten Humoristen als beliebtesten Entertainer zu bewundern."
Womit wir Victor von Bülow in die Totenruhe entlassen - nicht ohne mit der SZ-Überschrift aufzuseufzen: "Ein Leben lang hat er uns getröstet."
Listige Ratschläge allerdings, wie wir jetzt von seinem Tod noch auf andere, weniger selbstläuferische Themen kommen können, die hätten wir von Loriot schon noch gern angenommen.
Aber sagen wir so: In der WELT beschäftigt sich Michael Pilz mit dem Sänger George Michael, der in den letzten 20 Jahren nur eine einzige Konzertreise gemacht, den Rest der Zeit indessen - wie Pilz schreibt - "in den Skandalspalten, in Tonstudios oder in Haft" verbracht hat.
Nun tourt George Michael wieder. Seine Europatournee begann mit einem Konzert in Prag. Michael hat nämlich seine diversen Lebenskrisen zumindest vorläufig überstanden und daraus eine Lehre gezogen, der Loriot im hohen Alter offenbar nicht mehr folgen konnte. Sie lautet: "Überlebst du deinen Ruhm, dann überlebst du alles."