Von Arno Orzessek
Eine heilsame Terrorzellenkur spielt ebenso eine Rolle in den Feuilletons wie das Vorfrühstücksvergnügen deutscher Soldaten in Polen.
Kriege, Verbrechen und Katastrophen dominieren die Feuilletons mal wieder derart, dass man den Kopf am liebsten im Sand steckenlassen würde…
… böte das Kino nicht eine therapeutische Alternative, nämlich "die heilsame Terrorzellenkur".
So nennt Hanns-Georg Rodek in der Tageszeitung DIE WELT das Kinodebüt des Briten Chris Morris, der sich in Four Lions über die untalentierten Selbstmordattentäter Faisal, Hassan, Way und Omar lustig macht.
Die vier Löwen kämpfen in ihrem islamistischen Alltag gegen skurrile Pannen, bringen aber doch ein paar Ungläubige zur Strecke – weshalb sich Rodeks Gewissen regt:
"Beim Betrachten [der] grausigen Possen ertappt man sich unwillkürlich beim Überprüfen der eigenen Haltung. Der erste Impuls, die Frage nämlich, ob man über solch schlimme Dinge derart grobe Witze reißen dürfe, wird bald völlig hinweg geschwemmt, denn Morris zieht konsequent das [Monty] Python-Prinzip durch, dass man Geschmacklosigkeiten bis zur äußersten Grenzen treiben muss, um den schönsten Humor in ihnen aufzudecken."
Regisseur Morris verrät der WELT im Interview, dass seine Späße nach der Wirklichkeit gearbeitet sind.
"Was mich auf die Idee brachte, war ein Bericht über jemenitische Gotteskrieger, die ein US-Schiff versenken wollten, indem sie es mit ihrem sprengstoffbeladenen Boot rammen. Sie fuhren los – aber sanken selbst, da sie zu viel Sprengstoff geladen hatten."
Im Berliner TAGESSPIEGEL spricht Jan Schulz-Ojala von einigen "Ladehemmungen und Tempoverlusten", hat aber über Four Lions ansonsten ernsthaft gelacht:
"Klar. Klamauk. Und doch mehr. Und plötzlich nicht mehr. So wie echte Religionsfanatiker erst vor der Wasserpistolenattacke in die Knie gehen, wird das Kommando Omar & Co. bald vom Entfaltungsbedürfnis seiner Sprengsätze überrascht. Immer witziger wird der Film, immer irrwitziger, immer irrer. Und verliert sein wildes Ziel plötzlich nicht mehr aus den Augen. Hallo, hat sich da wer totgelacht?" –"
Einfach jemanden totschießen, das war ein Spaß für diesen Wehrmachtsflieger, der im Rückblick auf den deutschen Überfall auf Polen 1939 erzählte:
""’Es war unser Vorfrühstücksvergnügen, einzelne Soldaten mit Maschinengewehren durch die Felder zu jagen und sie dort mit ein paar Kugeln im Kreuz liegen zu lassen. Die Pferde taten mir leid, die Menschen gar nicht.’"
Es ist Klaus Bittermann, der den Mordlustigen in der TAGESZEITUNG zitiert. Das Zitat wiederum hat Bittermann der Studie Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben von Sönke Neitzel und Harald Welzer entnommen. Es präsentiert die von Neitzel im britischen Nationalarchiv frisch entdeckten Abhörprotokolle deutscher Kriegsgefangener.
Ein ganzes Volk – die Armenier – großenteils ausgerottet, das haben zwischen 1915 und 1917 die Türken. Weshalb der Bildhauer Mehmet Aksoy sein "Denkmal der Menschlichkeit" im osttürkischen Kars allen Armeniern gewidmet hat.
Doch der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan lässt das 30-Meter-Mal nun abtragen:
"Es ist ein kulturpolitisches und diplomatisches Desaster", kommentiert Karen Krüger in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Nicht um eine Katastrophe, sondern "Die Katastrophe in Permanenz" geht es in der TAZ.
Arno Frank vergleicht den monatelangen Öl-Ausfluss nach dem Untergang der Bohrplattform "Deepwater Horizon" letztes Jahr mit den Ereignissen in Fukushima, wo aus den Reaktoren ebenfalls noch für Monate Radioaktivität entweichen könnte.
Frank glaubt nicht, dass sich die lebensstandardvernarrten Menschen wirklich irritieren lassen:
"Es wird noch viel mehr passieren, und wir werden nicht umdenken. Weil wir die Faust nicht öffnen, vom Errungenen unmöglich lassen können."
Die TAZ zählt Franks Stück zur realistischen Gattung "Schwarzmalerei". –
Die Überschrift des Tages, wiederum aus der TAZ, hat sieben Ausrufezeichen und ist trotzdem monoton. Sie lautet:
""Sex! Sex! Sex! Sex! Sex! Sex! Und niedliche Tierbabys!”"
Genauso gaga liest sich übrigens der dazugehörige Text von Silke Burmeister. Wir empfehlen auch ihr die "Terrorzellenkur".
… böte das Kino nicht eine therapeutische Alternative, nämlich "die heilsame Terrorzellenkur".
So nennt Hanns-Georg Rodek in der Tageszeitung DIE WELT das Kinodebüt des Briten Chris Morris, der sich in Four Lions über die untalentierten Selbstmordattentäter Faisal, Hassan, Way und Omar lustig macht.
Die vier Löwen kämpfen in ihrem islamistischen Alltag gegen skurrile Pannen, bringen aber doch ein paar Ungläubige zur Strecke – weshalb sich Rodeks Gewissen regt:
"Beim Betrachten [der] grausigen Possen ertappt man sich unwillkürlich beim Überprüfen der eigenen Haltung. Der erste Impuls, die Frage nämlich, ob man über solch schlimme Dinge derart grobe Witze reißen dürfe, wird bald völlig hinweg geschwemmt, denn Morris zieht konsequent das [Monty] Python-Prinzip durch, dass man Geschmacklosigkeiten bis zur äußersten Grenzen treiben muss, um den schönsten Humor in ihnen aufzudecken."
Regisseur Morris verrät der WELT im Interview, dass seine Späße nach der Wirklichkeit gearbeitet sind.
"Was mich auf die Idee brachte, war ein Bericht über jemenitische Gotteskrieger, die ein US-Schiff versenken wollten, indem sie es mit ihrem sprengstoffbeladenen Boot rammen. Sie fuhren los – aber sanken selbst, da sie zu viel Sprengstoff geladen hatten."
Im Berliner TAGESSPIEGEL spricht Jan Schulz-Ojala von einigen "Ladehemmungen und Tempoverlusten", hat aber über Four Lions ansonsten ernsthaft gelacht:
"Klar. Klamauk. Und doch mehr. Und plötzlich nicht mehr. So wie echte Religionsfanatiker erst vor der Wasserpistolenattacke in die Knie gehen, wird das Kommando Omar & Co. bald vom Entfaltungsbedürfnis seiner Sprengsätze überrascht. Immer witziger wird der Film, immer irrwitziger, immer irrer. Und verliert sein wildes Ziel plötzlich nicht mehr aus den Augen. Hallo, hat sich da wer totgelacht?" –"
Einfach jemanden totschießen, das war ein Spaß für diesen Wehrmachtsflieger, der im Rückblick auf den deutschen Überfall auf Polen 1939 erzählte:
""’Es war unser Vorfrühstücksvergnügen, einzelne Soldaten mit Maschinengewehren durch die Felder zu jagen und sie dort mit ein paar Kugeln im Kreuz liegen zu lassen. Die Pferde taten mir leid, die Menschen gar nicht.’"
Es ist Klaus Bittermann, der den Mordlustigen in der TAGESZEITUNG zitiert. Das Zitat wiederum hat Bittermann der Studie Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben von Sönke Neitzel und Harald Welzer entnommen. Es präsentiert die von Neitzel im britischen Nationalarchiv frisch entdeckten Abhörprotokolle deutscher Kriegsgefangener.
Ein ganzes Volk – die Armenier – großenteils ausgerottet, das haben zwischen 1915 und 1917 die Türken. Weshalb der Bildhauer Mehmet Aksoy sein "Denkmal der Menschlichkeit" im osttürkischen Kars allen Armeniern gewidmet hat.
Doch der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan lässt das 30-Meter-Mal nun abtragen:
"Es ist ein kulturpolitisches und diplomatisches Desaster", kommentiert Karen Krüger in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Nicht um eine Katastrophe, sondern "Die Katastrophe in Permanenz" geht es in der TAZ.
Arno Frank vergleicht den monatelangen Öl-Ausfluss nach dem Untergang der Bohrplattform "Deepwater Horizon" letztes Jahr mit den Ereignissen in Fukushima, wo aus den Reaktoren ebenfalls noch für Monate Radioaktivität entweichen könnte.
Frank glaubt nicht, dass sich die lebensstandardvernarrten Menschen wirklich irritieren lassen:
"Es wird noch viel mehr passieren, und wir werden nicht umdenken. Weil wir die Faust nicht öffnen, vom Errungenen unmöglich lassen können."
Die TAZ zählt Franks Stück zur realistischen Gattung "Schwarzmalerei". –
Die Überschrift des Tages, wiederum aus der TAZ, hat sieben Ausrufezeichen und ist trotzdem monoton. Sie lautet:
""Sex! Sex! Sex! Sex! Sex! Sex! Und niedliche Tierbabys!”"
Genauso gaga liest sich übrigens der dazugehörige Text von Silke Burmeister. Wir empfehlen auch ihr die "Terrorzellenkur".