Von Arno Orzessek

Der Ex-Résistance-Kämpfer Stéphane Hessel erzählt in der "FAZ", wie er mehrere Konzentrationslager während der Nazi-Diktatur überlebte. Die "FR" bespricht Ahlrich Meyers Buch "Das Wissen um Auschwitz". Mehrere Feuilletons befassen sich mit dem Opernsänger Plácido Domingo, der 70 wird.
"Wie ich Buchenwald und andere Lager überlebte" -"

das beschreibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Stéphane Hessel, der französische Lyriker und ehemalige Résistance-Kämpfer, dessen Pamphlet "Indigne-vous! - Empört euch!" - jüngst zum Bestseller wurde.

""Ein KZ ist eine Schule [so Hessel] [...]. Man lernt zu überleben, und um zu überleben, akzeptiert man, dass das System auf Brutalität beruht. [...] Ein Lager bedeutet eben, die Würde der Menschen darf man nicht berücksichtigen. Anders geht es einfach nicht [...]. Man muss schon den anderen als ein Objekt und nicht als eine Persönlichkeit erleben."

Hessel erzählt, dass er dem berüchtigten Kapo Arthur Dietzsch, der als inhaftierter Mitarbeiter der Lagerleitung in Buchenwald für Block 46 zuständig war, sein Leben verdankt - und endet mit einer verblüffenden Einschätzung der deutschen Besatzung in Frankreich:

""[Sie] war, wenn man sie vergleicht zum Beispiel mit der heutigen Besatzung von Palästina durch die Israelis, eine relativ harmlose, von Ausnahmen abgesehen wie den Verhaftungen, Internierungen und Erschießungen [...]. Das war alles schrecklich. Aber es handelte sich um eine Besatzungspolitik, die positiv wirken wollte und deshalb uns Widerstandskämpfern die Arbeit so schwermachte." -"

"Das Wissen um Auschwitz. Täter und Opfer der 'Endlösung' in Westeuropa" heißt das neue Buch des Politikwissenschaftlers Ahlrich Meyer, dem der Rezensent Hans Mommsen in der FRANKFURER RUNDSCHAU "einen unentbehrlichen Platz in dem bisherigen wissenschaftlichen Bemühen um das Verstehen des 'Holocaust'" einräumt.

""Mayer prägt das Wort von der 'professionellen Menschenbeherrschung durch die SS' - der 'Zerstörung des Orientierungssinnes der Opfer' durch ständiges Antreiben und erzwungene Rastlosigkeit. So gelang eine 'Integration der Opfer in das Verbrechen', wobei die unter Zwang handelnden jüdischen Sonderkommandos [...] die Opfer in eine 'zwischen Ahnung und Wissen' oszillierende Bewusstseinslage versetzten. Für die große Mehrheit der Opfer dominierte bis zuletzt eine Realitätsverleugnung aus Selbstschutz","

paraphrasiert Hans Mommsen in der FR zentrale Passagen aus Ahlrich Meyers Buch "Das Wissen um Auschwitz".

Soviel zu den Schrecken der Vergangenheit.

Über das Elend der Gegenwart im Ungarn Viktor Orbans, wo sich laut Paul Jandl "in die völkisch-nationalistische Kampagne [...] immer mehr antisemitische Untertöne" mischen, berichtet die Tageszeitung DIE WELT ...

... die, um mit dem Elend abzuschließen, auch den "Tatort" vom kommenden Sonntag empfiehlt, der "Männer in erbärmlichem Zustand" vorführt - nämlich deutsche Afghanistan-Veteranen. -

"Macht mal, Supermädels", heißt es in der TAGESZEITUNG - und der Artikel ist sogar lustig, allerdings unfreiwillig.

TAZ-Autorin Barbara Dribusch regt sich darüber auf, dass die Schwangerschaften von Politikerinnen wie der SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und nun auch von CDU-Familienministerin Kristina Schröder - medial als "Three-in-One-Paket" verkauft werden, "wo Karriere, Mutterschaft und Liebesglück strahlend verschmelzen."

Doch merke, lieber Hörer:

""Eine Schwangerschaft ist kein Fitnesstest, wo nur diejenigen auseinanderwabbeln, die leider nicht über ein festes Bindegewebe und keinen Sportsgeist verfügen [...]. Eine Schwangerschaft ist ein einschneidendes Körpergeschehen. Da hängt sich ein zweiter Organismus an die Mutter dran und nistet sich ein. Da wird gedrückt, geschoben, später dann gesaugt und gesabbert","

wehklagt Barbara Dribusch in der TAZ.

Wir aber enden in Jubel. Denn Plácido Domingo, der "Uomo universale der Opernwelt”, wie ihn Marianne Zegler-Vogt in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG nennt, feiert seinen 70. Geburtstag.

Für Wolfgang Fuhrmann, den Autor der BERLINER ZEITUNG, ist Domingo "ein Napoleon unter den Tenören" und außerdem - wie der Artikel im weiteren verrät - "ein Kolumbus der Tenorwelt".

Man darf vermuten, dass Fuhrmann beim Schreiben ein paar Arien zu viel intus hatte.

Die WELT nennt Domingo hingegen den "Tenorissimo" - und das passt.

Wir jedenfalls lassen zur Feier des Tages Domingos immer noch hinreißendes "E lucevan le stelle" aus der Oper "Tosca" als Endlos-Schleife laufen ...

... und gratulieren ihm herzlich, dem Tenorissimo.