Von Arno Orzessek

Die Familie zu Guttenberg hat auch in dieser Woche wieder die Feuilletons beschäftigt. Genauso wie der erste Hollywood-Film des deutschen Regisseurs Florian Henckel von Donnersmarck.
Im Rückblick auf die Feuilletons der vergangenen Woche muss "Von Menschen und Göttern" die Rede sein aber auch vom deutschen Adel.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG ließ sich von dem Dirigenten Enoch zu Guttenberg den richtigen Umgang mit Weihnachts-Musik erklären, insbesondere, wenn diese von Johann Sebastian Bach stammt:

"Wenn wir es wieder schaffen, dass die Hörer nach der Aufführung der Matthäus-Passion oder des Weihnachtsoratoriums vor innerer Betroffenheit ihren Hut an der Garderobe verwechseln, dann ist mir um das Überleben und die Wirkung dieser Werke auch in einer säkularen oder religionskritischen Epoche nicht bange","

erklärte Enoch zu Guttenberg gegenüber dem FAZ-Autor Christian Wildhagen.

Zu Guttenbergs Sohn, der Verteidigungsminister Karl-Theodor, war unterdessen in Begleitung von Gattin und RTL II-Moderatorin Stephanie in den deutschen Feldlagern am Hindukusch mit Image-Pflege befasst.

Weil Ulf Poschardt noch jedem nach dem Mund geredet hat, der mit Geld, Macht, Glamour und/oder Ruhm gesegnet ist, lobte er in der Tageszeitung DIE WELT auch die zu Guttenbergs - und zwar dafür, dass sie "eine graue Republik herausfordern".

""Oft genug dient die Tyrannei der Innerlichkeit dazu, jede Form von Äußerlichkeit moralisch zu diskreditieren. Zu oft haben sich hinter einem abschreckenden Äußeren aber nicht innere Werte, sondern trostlose Leere und gähnendes Mittelmaß verschanzt. Davon haben wir genug."

Wenn Florian Graf Henckel von Donnersmarck von irgendetwas immer schon genug hatte, dann war es das Gähnen des Mittelmaßes. Weshalb der Graf, wie die Wochenzeitung DIE ZEIT festhielt, ein Anhänger der "Superstarphilosophie" ist.
Christof Siemes charakterisierte von Donnersmarck durch dessen Verhältnis zu Tom Cruise. Der Graf hatte Cruise einst dafür gelobt, in der Rolle des Hitler-Attentäters von Stauffenberg sein "'Superstar-Licht'" auf die deutsche Geschichte geworfen und so für das Ansehen Deutschlands in der Welt mehr getan zu haben "'als zehn Fußballweltmeisterschaften'".

"Nun hat Donnersmarck selbst eine jener Lichtquellen angeknipst, die aus Scheiße Gold machen – eben AJ [Angelina Jolie], die gegenwärtige Überfrau und -mutter dieses Planeten. Da strahlt sie nun, stellt aber nichts dar als ihr Starsein. Und weil Donnersmarck und die Energiesparlampe zwei unvereinbare Prinzipien sind, wurde für die männliche Hauptrolle Johnny Depp engagiert, noch einer aus der 10-Millionen-Watt-Liga. Bei so viel Helligkeit kommt niemand mit heiler Haut davon","

lästerte Christof Siemes und fasste zusammen:

""Der Tourist, das ist die 'Bunte' als Daumenkino in XXL."

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU spottete ihrerseits über die "stümperhafte Hommage an das romantische Hollywood".

Mit Beifall noch stärker bedacht als "The Tourist" mit Buh wurde Xavier Beauvois' "Von Menschen und Göttern". Der Film erzählt von jenen Trappisten-Mönchen, die 1996 aus ihrem Kloster im algerischen Atlasgebirge entführt wurden - später fand man sie mit abgeschnittenen Köpfen.

"Das Geheimnis und Wunder des Films zeigt sich darin, wie die Gesichter der Mönche in ihrem Gott-Bezug aufscheinen und dabei doch, völlig durchsichtig, im Menschlichen bleiben. 'Von Menschen und Göttern' predigt nicht, sondern zieht uns in eine fortwährende Selbstbefragung. Könnte ich der Gewalt widerstehen mit Gewaltlosigkeit, das eigene Leben einsetzend, in der Gewissheit, dass der Tod nicht das letzte Wort behalten wird?"

- fragte sich Rainer Gansera in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.

In der FAZ billigte Bert Rebhandl Beauvois' Film eine ähnliche Fallhöhe zu wie Lessings Nathan der Weise - und argumentierte äußerst abstrakt:

"Bei Lessing löst das Geheimnis biologischer Abstammung allegorisch die Differenz zwischen den Religionen auf, bei Beauvois tritt Religion als kategoriale Differenz zu jeder menschlichen Ratio erst so richtig in ihrer Fremdheit hervor – fremd gerade auch gegenüber einem Fundamentalismus, der sich Herrschaft über Leben und Tod anmaßt."

In der TAGESZEITUNG erteilte Ekkehard Knörer der Kamerafrau Caroline Champetier ein Extralob:

"Die Kamera folgt den Gesprächen der Mönche, ihrem Handeln, ihrem Hadern mit sich und mit Gott. Differenziert wird nicht nach außen, sondern nach innen. Der Raum, um den es dem Film zu tun ist, ist ein Raum der Seelennot und des ethisch-theologischen Ringens."

In der vergangenen Woche fortgesetzt wurde die Diskussion über Wikileaks, die Internet-Plattform, die insbesondere in den USA mittlerweile inkriminiert wird.

Die TAZ veröffentlichte gemeinsam mit der Wochenzeitung DER FREITAG, der FRANKFURTER RUNDSCHAU, dem Berliner TAGESSPIEGEL, der BERLINER ZEITUNG, dem Perlentaucher und, und, und eine Erklärung. Darin hieß es:

""Man kann die Veröffentlichungen von Wikileaks mit gutem Grund kritisieren, ebenso die mangelnde Transparenz, welche die Arbeit der Plattform kennzeichnet. Aber hier geht es um Grundsätzliches: die Zensur eines Mediums durch staatliche oder private Stellen. Und dagegen wenden wir uns. Wenn Internetunternehmen ihre Marktmacht nutzen, um ein Presseorgan zu behindern, kommt das einem Sieg der ökonomischen Mittel über die Demokratie gleich. Diese Angriffe zeigen ein erschreckendes Verständnis von Demokratie, nach dem die Informationsfreiheit nur so lange gilt, wie sie niemandem wehtut", "

kritisierte die TAZ auch als Sprachrohr anderer Medien.

Der Tote, dessen am meisten gedacht wurde, war der Regisseur Blake Edwards, der einst den "Rosaroten Panther" von der Leine ließ.

"Slalomfahrten zwischen Anpassung und kleiner Revolte", resümierte die TAZ Blakes Lebens-Werk.

"Ohne Schmerz kein Gelächter", war der Nekrolog in der WELT überschrieben. Sie zeigte ein Foto von Bo Derek - nackt im nassen T-Shirt, die Traumfrau spielend, ein Bild, das eher zum FAZ-Nachruf "Das Leben ist ein Weißweinbad" gepasst hätte.

Wir aber verbeugen uns vor Blake Edwards, weil er der Welt dieses Lächeln von Holly Golightly alias Audrey Hepburn in "Frühstück bei Tiffanys" übermittelt hat.