Von Arno Orzessek
Die Berliner Inszenierung von Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" am Deutschen Theater Berlin ruft sowohl extreme Ablehnung als auch helle Begeisterung hervor. Die "Welt" freut sich über die Restaurierung der barocken Residenz Schönhausen und erinnert daran, dass vor 30 Jahren Hans Küng die theologische Lehrerlaubnis entzogen wurde.
Heute machen wir am Anfang ein bisschen Theater. "Bitte Brecht freundlich" heißt im Berliner TAGESSPIEGEL eine – wenn sie denn witzig sein will – nicht restlos gelungene Überschrift.
Umso flüssiger liest sich dann Rüdiger Schapers Kritik der Inszenierung von Bertolt Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" am Deutschen Theater Berlin.
Laut Schaper will Regisseur Nicolas Stemann durch "die Mauligkeit seiner Protagonisten, ihre demonstrativ zur Schau gestellte Unlust und ihren faden Zynismus" vorführen, dass politisches Theater heute nicht mehr möglich sei.
"Diese Haltung überträgt sich auf die gesamte Veranstaltung. Zynisch, müde, gequält höflich und heiter. Kurz: Verlogen. Was soll's, Brecht ist Mist, Kapitalismus ist Scheiße, und dem Theater fällt dazu halt nichts mehr ein."
So TAGESSPIEGEL-Autor Schaper, der in seiner zornigen Enttäuschung ein wuchtiges Bild findet:
"2Stemann stellt den Klassiker auf die Bühne, als wär's ein großes totes Tier, das ausgeweidet wird.""
Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin, dass Christopher Schmidt – der Kritiker der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG – dieselbe Inszenierung gesehen haben könnte. Für Schmidt ist Katharina Schubert, sonst an den Münchener Kammerspielen tätig, als Gastschauspielerin "ein wahres Vorweihnachtsgeschenk für Berlin".
"Sie spielt die Johanna mit augenzwinkernder Nonchalance, eine vom Himmel gefallene Fee im langen Pailettenkleid. Als sie auf Mauler einredet, den Menschen zu helfen, deutet sie auf eine Anzeigetafel. Dort zeigt ein Zählwerk, wie viele Menschen weltweit im Laufe der Vorstellung an Hunger gestorben sind. Um 20.35 Uhr waren es bereits 934."
Ulrich Weinzierl wiederum lässt sich auch davon nicht gnädiger stimmen. "Nicolas Stemann verplempert Brecht in Berlin" schimpft er in der Tageszeitung DIE WELT.
Aber DIE WELT verbreitet auch gute Nachrichten aus der Hauptstadt: "Ein Berliner Schloss ist schon fertig", freut sich Manuel Brug über die gelungene Restaurierung der barocken Residenz Schönhausen und betrachtet sie – wir hatten diese Formulierung gerade schon – "als Weihnachtsgeschenk für die Berliner".
Versteht man barocke Kunst tatsächlich als Geschenk, dann widerfährt den Neapolitanern gerade eine Bescherung ohne Beispiel. "Rittorno al Barocco" heißt ein Projekt, an dem sechs neapolitanische Museen teilnehmen und 50 Spaziergänge zu barocken Attraktionen angeboten werden.
Die SZ räumt der Vorstellung des Projekts fast eine ganze Feuilletonseite ein, wobei ein großes Foto der phantastischen Deckengestaltung in der Kirche Sancti Apostoli die Textarbeit mit Augenschmaus entlohnt.
In einer kleinen, abseitigen Kirche fand SZ-Autorin Kia Vahland Gemälde des Schnellmalers Luca Giordano, der an die 5000 Werke geschaffen hat. Als ein Priester aus der Sakristei trat, entwickelte sich folgender Kurzdialog:
Vahland: "Padre, wie schön Ihre Kirche ist." – Der Priester: "Schön ist nicht die Kunst, schön ist der Glaube."
Womit eine semantische Behelfsbrücke zum Schweizer Theologen Hans Küng geschlagen wäre. In der WELT blickt Gernot Facius auf den 18. Dezember 1979 zurück, als Küng die kirchliche Lehrerlaubnis verlor, weil er die Unfehlbarkeit des Papstes in Frage gestellt hatte.
Erzbischof Joseph Ratzinger, nachmals Papst Benedikt, unternahm wie andere Oberhirten nichts gegen das Gerücht, Küng habe sich disqualifiziert, weil er an der Gottheit Christi zweifle.
"Ich kapituliere nicht vor der Inquisition", überliefert Gernot Facius das klassische Widerwort des empörten Hans Küng.
"Nur der Teufel hält noch zu ihm" lasen wir übrigens in der Überschrift und erstaunten. Hat denn Hans Küng nicht im Rahmen seines Weltethosprojekts sogar recht viele Verbündete? Und seit wann beliebt die WELT derart frivol mit Theologen zu scherzen?
Ach, alles ein Irrtum! WELT-Autor Facius berichtet, dass sich heute nur der ehemalige baden-würrtembergische Ministerpräsident Erwin Teufel in Rom für die Rehabilitierung von Hans Küng einsetze.
Und in Wirklichkeit kommt die Überschrift auch ohne Artikel aus und lautet:
""Nur Teufel hält noch zu ihm"."
Merke: Der Fehlerteufel kann schreiben und lesen.
Umso flüssiger liest sich dann Rüdiger Schapers Kritik der Inszenierung von Bertolt Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" am Deutschen Theater Berlin.
Laut Schaper will Regisseur Nicolas Stemann durch "die Mauligkeit seiner Protagonisten, ihre demonstrativ zur Schau gestellte Unlust und ihren faden Zynismus" vorführen, dass politisches Theater heute nicht mehr möglich sei.
"Diese Haltung überträgt sich auf die gesamte Veranstaltung. Zynisch, müde, gequält höflich und heiter. Kurz: Verlogen. Was soll's, Brecht ist Mist, Kapitalismus ist Scheiße, und dem Theater fällt dazu halt nichts mehr ein."
So TAGESSPIEGEL-Autor Schaper, der in seiner zornigen Enttäuschung ein wuchtiges Bild findet:
"2Stemann stellt den Klassiker auf die Bühne, als wär's ein großes totes Tier, das ausgeweidet wird.""
Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin, dass Christopher Schmidt – der Kritiker der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG – dieselbe Inszenierung gesehen haben könnte. Für Schmidt ist Katharina Schubert, sonst an den Münchener Kammerspielen tätig, als Gastschauspielerin "ein wahres Vorweihnachtsgeschenk für Berlin".
"Sie spielt die Johanna mit augenzwinkernder Nonchalance, eine vom Himmel gefallene Fee im langen Pailettenkleid. Als sie auf Mauler einredet, den Menschen zu helfen, deutet sie auf eine Anzeigetafel. Dort zeigt ein Zählwerk, wie viele Menschen weltweit im Laufe der Vorstellung an Hunger gestorben sind. Um 20.35 Uhr waren es bereits 934."
Ulrich Weinzierl wiederum lässt sich auch davon nicht gnädiger stimmen. "Nicolas Stemann verplempert Brecht in Berlin" schimpft er in der Tageszeitung DIE WELT.
Aber DIE WELT verbreitet auch gute Nachrichten aus der Hauptstadt: "Ein Berliner Schloss ist schon fertig", freut sich Manuel Brug über die gelungene Restaurierung der barocken Residenz Schönhausen und betrachtet sie – wir hatten diese Formulierung gerade schon – "als Weihnachtsgeschenk für die Berliner".
Versteht man barocke Kunst tatsächlich als Geschenk, dann widerfährt den Neapolitanern gerade eine Bescherung ohne Beispiel. "Rittorno al Barocco" heißt ein Projekt, an dem sechs neapolitanische Museen teilnehmen und 50 Spaziergänge zu barocken Attraktionen angeboten werden.
Die SZ räumt der Vorstellung des Projekts fast eine ganze Feuilletonseite ein, wobei ein großes Foto der phantastischen Deckengestaltung in der Kirche Sancti Apostoli die Textarbeit mit Augenschmaus entlohnt.
In einer kleinen, abseitigen Kirche fand SZ-Autorin Kia Vahland Gemälde des Schnellmalers Luca Giordano, der an die 5000 Werke geschaffen hat. Als ein Priester aus der Sakristei trat, entwickelte sich folgender Kurzdialog:
Vahland: "Padre, wie schön Ihre Kirche ist." – Der Priester: "Schön ist nicht die Kunst, schön ist der Glaube."
Womit eine semantische Behelfsbrücke zum Schweizer Theologen Hans Küng geschlagen wäre. In der WELT blickt Gernot Facius auf den 18. Dezember 1979 zurück, als Küng die kirchliche Lehrerlaubnis verlor, weil er die Unfehlbarkeit des Papstes in Frage gestellt hatte.
Erzbischof Joseph Ratzinger, nachmals Papst Benedikt, unternahm wie andere Oberhirten nichts gegen das Gerücht, Küng habe sich disqualifiziert, weil er an der Gottheit Christi zweifle.
"Ich kapituliere nicht vor der Inquisition", überliefert Gernot Facius das klassische Widerwort des empörten Hans Küng.
"Nur der Teufel hält noch zu ihm" lasen wir übrigens in der Überschrift und erstaunten. Hat denn Hans Küng nicht im Rahmen seines Weltethosprojekts sogar recht viele Verbündete? Und seit wann beliebt die WELT derart frivol mit Theologen zu scherzen?
Ach, alles ein Irrtum! WELT-Autor Facius berichtet, dass sich heute nur der ehemalige baden-würrtembergische Ministerpräsident Erwin Teufel in Rom für die Rehabilitierung von Hans Küng einsetze.
Und in Wirklichkeit kommt die Überschrift auch ohne Artikel aus und lautet:
""Nur Teufel hält noch zu ihm"."
Merke: Der Fehlerteufel kann schreiben und lesen.