Von Arno Orzessek
FAZ und FR haben scheinbar verschiedene Filme gesehen, so unterschiedlich fallen ihre Rezensionen zur filmischen Helmut-Kohl-Biografie „Der Mann aus der Pfalz“ im ZDF aus. Die Berliner Zeitung hingegen verreißt Sönke Wortmanns Film „Die Päpstin“.
„Seid umschlungen Millionen!“ – diese Sentenz kennt jeder. Na klar! Friedrich Schiller, Ode an die Freude, berühmt vertont von Ludwig van Beethoven.
Und die sarkastische Schiller-Ableitung „Seid verschlungen, Millionen“ stand nachweislich schon über Dutzenden Zeitungsartikeln, gerade in Krisenzeiten.
Nun bietet das in punkto Überschriften besonders kalauer-affine Feuilleton der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG eine zweite Ableitung von „Seid umschlungen Millionen!“ an.
Sie lautet, etwas zungenbrecherisch:
„Seid verschlungen, Melonen.“
Den Artikel dazu schreibt die stets reisefreudige, erlebnisfrohe und kluge Sonja Zekri. Sie hat die Wolga-Stadt Astrachan im „Herzland der russischen Wassermelone“ besucht und dort Menschen getroffen, besser gesagt, Melonennarren, „die sich als Künstler, Komponisten und Dichter verstehen“.
In dem herausragenden Text, der die Genres Agrar-Reportage, Lebensmittel-Essay und Erntedank-Lied aufs Leckerste verquirlt, gibt es kurze Lifestyle-Apercus wie dieses:
„Eine kalte Wassermelone an einem heißen Tag wirkt wie Red Bull intravenös.“
Aber Sonja Zekri hält auch ernste Einsichten fest, auf die der bundesdeutsche Edeka-Gänger allein schwerlich gekommen wäre:
„Wassermelonen sind Luxusfrüchte. Ein Land, dessen Menschen hungern, baut keine Melonen an, sondern Weizen oder Hirse. Melonen muss man sich leisten können. Melonen sind Symbole der Entwicklung und des Fortschritts.“
Gern würden wir noch Sonja Zekris aphrodisierende Ausführungen zum Komplex „Melonen statt Viagra?“ zitieren, wollen aber die Melonenmania andererseits nicht zu weit treiben.
Wir kommen zu Birne. Von Helmut Kohl, den die Älteren noch unter seinem Fruchtnamen kennen dürften, handelt zur besten Sendezeit – nämlich 20.15 Uhr an diesem Dienstag – der ZDF-Fernsehfilm „Der Mann aus der Pfalz“.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zeigt sich Michael Hanfeld über das Werk von Regisseur Thomas Schadt, in dem der Schauspieler Thomas Thieme den Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl verkörpert, ziemlich begeistert.
„Kohl, den die meisten nur als ewigen Kanzler in Erinnerung haben, als Herrscherfigur sondergleichen, die jeden Widerstand im Keim erstickte und Skandale aussaß, lernen wir in ‚Der Mann aus der Pfalz‘ als einen anderen kennen: als feinnervigen Koloss, dessen äußere Erscheinung die Betrachter in die Irre führt.“
Gänzlich andere Schlüsse zieht Arno Widmann. Unter der bösen Unterzeile „Die Wiedergeburt der Biografie als heroisches Lied“ schreibt der Autor der FRANKFURTER RUNDSCHAU:
„'Der Mann aus der Pfalz‘ ist ein Meisterwerk der Einfühlung. Wer mit Einfühlung nichts anfangen kann, wem ihr süßes Einverständnis mit den Mächtigen unerträglich ist, der wird nach zwei Minuten wegzappen.“
Uns scheint, dass Hanfelds FAZ-Eloge auf den Kohl-Film ungefähr genauso repräsentativ für den Mental-Kern des Blattes ist, wie andererseits Widmanns Häme für den Mental-Kern der FR.
Die Tageszeitung die WELT gibt weder Pro noch Contra. Sie hat ein Interview mit Kohl-Darsteller Thomas Thieme geführt und ihn nach Gemeinsamkeiten mit dem Altkanzler gefragt. Antwort Thieme:
„Im Genussbereich ist er mir nahe. Er hat allerdings noch mehr Übergewicht als ich. Um so genießen zu können wie Kohl, bedarf es einer Konstitution wie ein Ochse.“
„Schrumpfende Birnen“ – um beim Filmgenre zu bleiben – heißt in der BERLINER ZEITUNG die Kritik zu Sönke Wortmanns Werk „Die Päpstin“. Bert Rebhandl meint, dass sich Wortmann zu sehr an der allgemeinen Unvernunft des 9. Jahrhunderts weidet, in dem die – vermutlich bloß legendäre – Stellvertreterin Gottes auf Erden gelebt haben soll:
„Der Film tut ständig ungeheuer klug, stellt sich dabei aber sehr dämlich an.“
Immerhin weiß Rebhandl, worauf der Streifen hinaus will:
„Wer danach noch Fundamentalist ist, hat nichts begriffen. Oder er leidet unter einer Hirnschrumpfung.“
Leser der BERLINER ZEITUNG, die diese Krankheit nicht haben, werden spätestens hier kapieren, dass die „Schrumpfenden Birnen“ aus der Überschrift nichts anderes als faule Obst-Wurfgeschosse in Richtung von Sönke Wortmann sind.
Mit Melonen – so schließen wir für heute – wäre nicht so leicht Werfen.
Und die sarkastische Schiller-Ableitung „Seid verschlungen, Millionen“ stand nachweislich schon über Dutzenden Zeitungsartikeln, gerade in Krisenzeiten.
Nun bietet das in punkto Überschriften besonders kalauer-affine Feuilleton der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG eine zweite Ableitung von „Seid umschlungen Millionen!“ an.
Sie lautet, etwas zungenbrecherisch:
„Seid verschlungen, Melonen.“
Den Artikel dazu schreibt die stets reisefreudige, erlebnisfrohe und kluge Sonja Zekri. Sie hat die Wolga-Stadt Astrachan im „Herzland der russischen Wassermelone“ besucht und dort Menschen getroffen, besser gesagt, Melonennarren, „die sich als Künstler, Komponisten und Dichter verstehen“.
In dem herausragenden Text, der die Genres Agrar-Reportage, Lebensmittel-Essay und Erntedank-Lied aufs Leckerste verquirlt, gibt es kurze Lifestyle-Apercus wie dieses:
„Eine kalte Wassermelone an einem heißen Tag wirkt wie Red Bull intravenös.“
Aber Sonja Zekri hält auch ernste Einsichten fest, auf die der bundesdeutsche Edeka-Gänger allein schwerlich gekommen wäre:
„Wassermelonen sind Luxusfrüchte. Ein Land, dessen Menschen hungern, baut keine Melonen an, sondern Weizen oder Hirse. Melonen muss man sich leisten können. Melonen sind Symbole der Entwicklung und des Fortschritts.“
Gern würden wir noch Sonja Zekris aphrodisierende Ausführungen zum Komplex „Melonen statt Viagra?“ zitieren, wollen aber die Melonenmania andererseits nicht zu weit treiben.
Wir kommen zu Birne. Von Helmut Kohl, den die Älteren noch unter seinem Fruchtnamen kennen dürften, handelt zur besten Sendezeit – nämlich 20.15 Uhr an diesem Dienstag – der ZDF-Fernsehfilm „Der Mann aus der Pfalz“.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zeigt sich Michael Hanfeld über das Werk von Regisseur Thomas Schadt, in dem der Schauspieler Thomas Thieme den Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl verkörpert, ziemlich begeistert.
„Kohl, den die meisten nur als ewigen Kanzler in Erinnerung haben, als Herrscherfigur sondergleichen, die jeden Widerstand im Keim erstickte und Skandale aussaß, lernen wir in ‚Der Mann aus der Pfalz‘ als einen anderen kennen: als feinnervigen Koloss, dessen äußere Erscheinung die Betrachter in die Irre führt.“
Gänzlich andere Schlüsse zieht Arno Widmann. Unter der bösen Unterzeile „Die Wiedergeburt der Biografie als heroisches Lied“ schreibt der Autor der FRANKFURTER RUNDSCHAU:
„'Der Mann aus der Pfalz‘ ist ein Meisterwerk der Einfühlung. Wer mit Einfühlung nichts anfangen kann, wem ihr süßes Einverständnis mit den Mächtigen unerträglich ist, der wird nach zwei Minuten wegzappen.“
Uns scheint, dass Hanfelds FAZ-Eloge auf den Kohl-Film ungefähr genauso repräsentativ für den Mental-Kern des Blattes ist, wie andererseits Widmanns Häme für den Mental-Kern der FR.
Die Tageszeitung die WELT gibt weder Pro noch Contra. Sie hat ein Interview mit Kohl-Darsteller Thomas Thieme geführt und ihn nach Gemeinsamkeiten mit dem Altkanzler gefragt. Antwort Thieme:
„Im Genussbereich ist er mir nahe. Er hat allerdings noch mehr Übergewicht als ich. Um so genießen zu können wie Kohl, bedarf es einer Konstitution wie ein Ochse.“
„Schrumpfende Birnen“ – um beim Filmgenre zu bleiben – heißt in der BERLINER ZEITUNG die Kritik zu Sönke Wortmanns Werk „Die Päpstin“. Bert Rebhandl meint, dass sich Wortmann zu sehr an der allgemeinen Unvernunft des 9. Jahrhunderts weidet, in dem die – vermutlich bloß legendäre – Stellvertreterin Gottes auf Erden gelebt haben soll:
„Der Film tut ständig ungeheuer klug, stellt sich dabei aber sehr dämlich an.“
Immerhin weiß Rebhandl, worauf der Streifen hinaus will:
„Wer danach noch Fundamentalist ist, hat nichts begriffen. Oder er leidet unter einer Hirnschrumpfung.“
Leser der BERLINER ZEITUNG, die diese Krankheit nicht haben, werden spätestens hier kapieren, dass die „Schrumpfenden Birnen“ aus der Überschrift nichts anderes als faule Obst-Wurfgeschosse in Richtung von Sönke Wortmann sind.
Mit Melonen – so schließen wir für heute – wäre nicht so leicht Werfen.