Von Arno Orzessek

Die Feuilletons ziehen ein Resümee der Frankfurter Buchmesse und würdigen den italienischen Schriftsteller Claudio Magris, der den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten hat.
Bevor wir verlässlich zum Ernsten und Gewichtigen kommen, hier ein leichter Appetizer – ein paar Bemerkungen zum Film "Auf der Suche nach dem G-Punkt". Die Komödie, die Sat.1 am Dienstagabend zeigen wird, beschäftigt zum Wochenbeginn die FRANKFURTER RUNDSCHAU.

"Man könnte manche Zeile vergeuden mit wohlfeilen Klagen über die Neigung privater Sender, ihre Filme mit frivolen Filmtiteln zu versehen"

schreibt Harald Keller, der "Auf der Suche nach dem G-Punkt" tatsächlich einige Vorzüge bescheinigt. Denn, bitte schön, der Film misst dem Punkt existenzielle Bedeutung bei. Es geht um den Egomanen Max Burghardt, der bei seiner Frau – wie Keller nacherzählt –, "die Briefe eines gewissen G." [findet], "die von leidenschaftlichem Begehren zeugen." […] "Verbissen macht" […] [Burghardt ab sofort] "Jagd auf alles, was ein G. im Namen führt."

Wie auch Harald Keller hätten wir von Sat.1 Sprachwitzigkeiten dieser Art eher nicht erwartet.

Und damit zu Resümees und Nachbearbeitungen, die Frankfurter Buchmesse betreffend.

Auf die Schwierigkeiten, Chinas Auftritt korrekt zu beurteilen, reflektiert in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Alex Rühle:

" Schreibt man als Journalist Kritisches über das Gastland China, bekommt man von deutschen Sinologen und Publizisten scharfe Kommentare, über eigene Intoleranz, westlichen Hochmut oder das "andere Demokratieverständnis" der Chinesen. Sitzt man dann aber im chinesischen Pavillon und hört mit allerbestem Willen der Delegation des GAPP zu, jenes ominösen Amtes für Presse und Veröffentlichungen, das gleichzeitig Börsenverein und Zensurbehörde der Volksrepublik […] ist, könnte einem deren Gerede Tränen in die Augen treiben." "

So Alex Rühle in der SZ.

Auch Andreas Breitenstein stellt in seinem Bericht in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG die Menge der Vorbehalte in den Mittelpunkt.

"[Viele chinesische Autoren entzogen sich] Interview-Wünschen, so dass das Gerücht aufkam, es sei ihnen ein Maulkorb verpasst worden. Wohl eher aber werden sie den plumpen Versuchen von Journalisten müde geworden sein, ihnen regimekritische Statements zu entlocken. So wurden chinesischerseits die Unhöflichkeit direkter Fragerei und der Tunnelblick der Medien beklagt. Zu bedenken wäre freilich, dass es ja erst Ausgrenzung und Zensur sind, welche das eindimensionale Interesse erzeugen", "

betont Andreas Breitenstein in der NZZ.

In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG zeigt sich Mark Siemons überzeugt, dass der chinesische Buchmessen-Auftritt sehr wohl als eine Etappe der "Öffnung" des Landes zur Welt zu verstehen sei. Allerdings muss man laut Siemons jederzeit im Auge behalten, was der chinesische Staat unter "Öffnung" verstehe:

" "'Öffnung' ist für ihn nach wie vor kein Selbstzweck, keine Integration in eine Menschheitsfamilie mit universellen Diskursregeln, die das eigene Interpretationsmonopol über das, was chinesisch ist, aufweichen könnten."

Neben den Messe-Rückblicken dominieren in den Feuilletons die Würdigungen von Claudio Magris, dem italienischen Schriftsteller, der den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhalten hat. In der Tageszeitung DIE WELT interpretiert Uwe Wittstock Teile der Dankrede von Magris als Angriff auf Silvio Berlusconi und porträtiert den Geehrten mit dem Satz:

"Magris’ Utopie, seine Hoffnung für die Zukunft, ist und bleibt 'ein wirklich geeintes Europa, ein Staatenbund – natürlich dezentralisiert', der endlich fähig würde, sich seiner enormen Bedeutung gemäß den Aufgaben zu stellen, die über das Nationale hinausgehen."

Ein bisschen Sonntagsreden-Rhetorik, so scheint uns, war hier wohl auch im Spiel.

Zum Abschluss, wie am Anfang, leichte Unterhaltung – noch einmal aus dem Buchmessen-Milieu. In der TAGESZEITUNG äußert sich Dirk Knipphals zur Marketing-Strategie von Bestsellerautor Frank Schätzing.

" "Kurz vor der Messe hatte sich der 'Schwarm'- und 'Limit'-Autor […] nur in Unterhose für ein Werbefoto eines Unterwäscheherstellers fotografieren lassen, in recht breitbeiniger Pose, muss man sagen. Eine wirkliche Sensation aber wäre es erst gewesen, wenn sie Ingo Schulze oder Botho Strauß für so ein Foto hätten gewinnen können", "

meint TAZ-Autor Dirk Knipphals – und wir verbeugen uns vor seiner blühenden Fantasie.