Von Arno Orzessek
Die "Süddeutsche" rezensiert den Briefwechsel zwischen Marion und Wolfgang Koeppen, den die Philologin Anja Ebner im Frankfurter Suhrkamp Verlag herausgegeben hat. Die "Welt" stößt 20 Jahre nach seinem Tod den Verhaltensforscher Konrad Lorenz ohne Nachsicht vom Sockel. Und die "FAZ" befasst sich mit Erwin Strittmatters Rolle während der NS-Zeit.
"Liebe von morgens bis abends" heißt es nicht etwa bei dem Schriftsteller Wolfgang Koeppen, der uns gleich beschäftigen wird, sondern auf der Medienseite der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
Christine Brinck macht sich Gedanken über das Ende der Telenovela "Wege zum Glück", die es auf mehr als 1000 Folgen gebracht hat.
"Das Leben kann so schön sein, wenn alle am Traualtar vereint auf Tränen des Glücks und der Rührung davonschwimmen. Wenn der Vater die Tochter herzt, die Mutter den Sohn, und Vater und Mutter sich rasch vor dem Ende als das nächste Brautpaar outen."
Als der 37-jährige Wolfgang Koeppen die 17-jährige Marion Ulrich zur Braut wollte, beschrieb er ihr seinen Weg zum Glück so:
"Wenn du dich mir nicht gibst, soll dich keiner haben. Schläfst du mit mir, kann alle Welt mit dir schlafen."
Auch dieses liest man in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Lothar Müller rezensiert den Briefwechsel der Koeppens "trotz allem, so wie du bist", den die Philologin Anja Ebner im Frankfurter Suhrkamp Verlag herausgegeben hat.
[Wolfgang und Marion,] [so schreibt Müller in einer glänzenden Formulierung] "heirateten im November 1948 auf dem Standesamt München I. Da war das Unglück noch jung, aber es hatte eine große, jahrzehntelange Zukunft."
Wir können die Geschichte von Marion, der Alkoholkranken, dem Delirium Ausgelieferten, und Wolfgang Koeppen, der nach den Erfolgen in den 50er-Jahren seinen großen Roman wegen ihr oder nicht wegen ihr nicht schreiben konnte, hier leider nicht weiter verfolgen ...
… und kommen stattdessen zu dem Paten der modernen Verhaltensforschung, nämlich Konrad Lorenz. Er wird 20 Jahre nach seinem Ableben in der Tageszeitung DIE WELT ohne Nachsicht vom Sockel geholt.
"Lorenz’ politisches Sendungsbewusstsein war schon zu seinen Lebzeiten umstritten [schreibt Michael Miersch]. Doch erst nach seinem Tode wurde anhand von Notizen und unveröffentlichten Manuskripten im Detail nachgewiesen, dass der grüne Kulturpessimismus des alten Mannes nur eine leichte Modifizierung seiner nationalsozialistischen Gesinnung in jungen Jahren war."
Und der Schriftsteller Erwin Strittmatter, der Autor des "Ole Bienkopp"? Hält dieses Idol stand?
Strittmatter hatte sich im Zweiten Weltkrieg – wie Andreas Kilb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG berichtet – "vor seiner Einberufung zur Ordnungspolizei freiwillig zur Waffen-SS gemeldet […], [war] aber nicht genommen worden".
Zu Reflexionen auf Erwin Strittmatter wurde FAZ-Autor Kilb durch eine Podiumsdiskussion im Potsdamer Haus der Brandenburgischen Geschichte veranlasst. Dabei kam heraus: Selbst Eva Strittmatter, Erwins Ehefrau, war über die Feldpostbriefe ihres verstorbenen Mannes bestürzt, als sie diese nach Hinweisen des Literaturwissenschaftlers Werner Liersch gelesen hatte.
"In Strittmatters Briefen aus dem Krieg [schreibt FAZ-Autor Kilb] steckt womöglich eine Wahrheit, die seiner noch immer zahlreichen Lesergemeinde die Augen öffnen könnte. Bisher aber weigert sich seine Witwe beharrlich, sie ans Licht zu holen. Sie wird wissen, warum."
Da möchte man froh sein, dass wenigstens ein Friedrich Schiller vor der posthumen Aufdeckung brauner Machenschaften für ewig gefeit ist. Zum 250. Geburtstag des Weimarer Klassikers zeigt das Literaturmuseum in Marbach in der Ausstellung "Autopsie Schiller", welche Blüten die Verehrung des Dichters seinerzeit trieb – und zwar anhand von Reliquien.
"Schillers Locken und Socken. Schillers Hut und Hose. Schillers Spiegel und Stirnband. Sein Löffel und Riechfläschchen. Seine Uhr und Weste. Seine Spazierstöcke und Schuhschnallen. Schillers Zahnstocher! Alles ist versammelt,"
staunt gar nicht schlecht Uwe Wittstock in der WELT.
Es wäre leicht möglich, bärbeißig zu enden. Nur zwei WELT-Seiten weiter nämlich schimpft Dankwart Guratzsch über den Wiederaufbau des Neuen Museums in Berlin durch den Architekten David Chipperfield:
"Hier [wurde] mit gewaltigem intellektuellen Aufwand und für die unglaubliche Summe von 233 Millionen eine künstliche Ruine" erschaffen."
Aber weil wir gerade bei Schiller waren, der das Pathetische über die Maßen liebte und insofern zweifellos ein Geistesverwandter der Rockband U2 ist, enden wir mit Georg Diez. Der SZ-Autor hat die Jungs von U2 getroffen und portraitiert sie gerade so, als porträtierte er den jungen, stürmenden und drängenden Schiller:
""Rebellion, Anpassung, Weltverbesserung, das Werden, Wallen, Wimmern? Alles ist da."
Christine Brinck macht sich Gedanken über das Ende der Telenovela "Wege zum Glück", die es auf mehr als 1000 Folgen gebracht hat.
"Das Leben kann so schön sein, wenn alle am Traualtar vereint auf Tränen des Glücks und der Rührung davonschwimmen. Wenn der Vater die Tochter herzt, die Mutter den Sohn, und Vater und Mutter sich rasch vor dem Ende als das nächste Brautpaar outen."
Als der 37-jährige Wolfgang Koeppen die 17-jährige Marion Ulrich zur Braut wollte, beschrieb er ihr seinen Weg zum Glück so:
"Wenn du dich mir nicht gibst, soll dich keiner haben. Schläfst du mit mir, kann alle Welt mit dir schlafen."
Auch dieses liest man in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Lothar Müller rezensiert den Briefwechsel der Koeppens "trotz allem, so wie du bist", den die Philologin Anja Ebner im Frankfurter Suhrkamp Verlag herausgegeben hat.
[Wolfgang und Marion,] [so schreibt Müller in einer glänzenden Formulierung] "heirateten im November 1948 auf dem Standesamt München I. Da war das Unglück noch jung, aber es hatte eine große, jahrzehntelange Zukunft."
Wir können die Geschichte von Marion, der Alkoholkranken, dem Delirium Ausgelieferten, und Wolfgang Koeppen, der nach den Erfolgen in den 50er-Jahren seinen großen Roman wegen ihr oder nicht wegen ihr nicht schreiben konnte, hier leider nicht weiter verfolgen ...
… und kommen stattdessen zu dem Paten der modernen Verhaltensforschung, nämlich Konrad Lorenz. Er wird 20 Jahre nach seinem Ableben in der Tageszeitung DIE WELT ohne Nachsicht vom Sockel geholt.
"Lorenz’ politisches Sendungsbewusstsein war schon zu seinen Lebzeiten umstritten [schreibt Michael Miersch]. Doch erst nach seinem Tode wurde anhand von Notizen und unveröffentlichten Manuskripten im Detail nachgewiesen, dass der grüne Kulturpessimismus des alten Mannes nur eine leichte Modifizierung seiner nationalsozialistischen Gesinnung in jungen Jahren war."
Und der Schriftsteller Erwin Strittmatter, der Autor des "Ole Bienkopp"? Hält dieses Idol stand?
Strittmatter hatte sich im Zweiten Weltkrieg – wie Andreas Kilb in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG berichtet – "vor seiner Einberufung zur Ordnungspolizei freiwillig zur Waffen-SS gemeldet […], [war] aber nicht genommen worden".
Zu Reflexionen auf Erwin Strittmatter wurde FAZ-Autor Kilb durch eine Podiumsdiskussion im Potsdamer Haus der Brandenburgischen Geschichte veranlasst. Dabei kam heraus: Selbst Eva Strittmatter, Erwins Ehefrau, war über die Feldpostbriefe ihres verstorbenen Mannes bestürzt, als sie diese nach Hinweisen des Literaturwissenschaftlers Werner Liersch gelesen hatte.
"In Strittmatters Briefen aus dem Krieg [schreibt FAZ-Autor Kilb] steckt womöglich eine Wahrheit, die seiner noch immer zahlreichen Lesergemeinde die Augen öffnen könnte. Bisher aber weigert sich seine Witwe beharrlich, sie ans Licht zu holen. Sie wird wissen, warum."
Da möchte man froh sein, dass wenigstens ein Friedrich Schiller vor der posthumen Aufdeckung brauner Machenschaften für ewig gefeit ist. Zum 250. Geburtstag des Weimarer Klassikers zeigt das Literaturmuseum in Marbach in der Ausstellung "Autopsie Schiller", welche Blüten die Verehrung des Dichters seinerzeit trieb – und zwar anhand von Reliquien.
"Schillers Locken und Socken. Schillers Hut und Hose. Schillers Spiegel und Stirnband. Sein Löffel und Riechfläschchen. Seine Uhr und Weste. Seine Spazierstöcke und Schuhschnallen. Schillers Zahnstocher! Alles ist versammelt,"
staunt gar nicht schlecht Uwe Wittstock in der WELT.
Es wäre leicht möglich, bärbeißig zu enden. Nur zwei WELT-Seiten weiter nämlich schimpft Dankwart Guratzsch über den Wiederaufbau des Neuen Museums in Berlin durch den Architekten David Chipperfield:
"Hier [wurde] mit gewaltigem intellektuellen Aufwand und für die unglaubliche Summe von 233 Millionen eine künstliche Ruine" erschaffen."
Aber weil wir gerade bei Schiller waren, der das Pathetische über die Maßen liebte und insofern zweifellos ein Geistesverwandter der Rockband U2 ist, enden wir mit Georg Diez. Der SZ-Autor hat die Jungs von U2 getroffen und portraitiert sie gerade so, als porträtierte er den jungen, stürmenden und drängenden Schiller:
""Rebellion, Anpassung, Weltverbesserung, das Werden, Wallen, Wimmern? Alles ist da."