Von Arno Orzessek
Über die Qual vor der Parlamentswahl schreibt der israelische Schriftsteller Assaf Gavron in der "SZ". In der "FAZ" kritisiert Autorin Gina Thomas das Stück "Sieben jüdische Kinder" der Londoner Dramatikern Caryl Churchill als "grobe Karikatur der Geschichte Israels". Die "Welt" widmet sich dem 200. Geburtstag Abraham Lincolns. Außerdem ist die Berlinale Thema der Feuilletons.
Über die Qual vor der Parlamentswahl schreibt der israelische Schriftsteller und Sänger Assaf Gavron in der "Süddeutschen Zeitung". In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" kritisiert Autorin Gina Thomas das Stück "Sieben jüdische Kinder - ein Stück für Gaza" der Londoner Dramatikern Caryl Churchill als "grobe Karikatur der Geschichte Israels". Die "Welt" widmet sich dem 200. Geburtstag Abraham Lincolns. Außerdem ist die Berlinale Thema der Feuilletons.
"Vermisst du Stalin?"
Das will eine Mogel-Überschrift im Feuilleton der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wissen. Der Artikel handelt keineswegs von Russland, sondern von der Qual vor der Parlamentswahl, die der israelische Schriftsteller und Sänger Assaf Gavron empfindet.
"Es gibt eine Mitte, und die ist absolut überfüllt","
diagnostiziert Gavron mit Blick auf die großen israelischen Parteien Kadima, Labour und Likud.
Außerdem werben auch die Rentnerpartei, die Religiösen, die Anti-Religiösen, die Russen und die Grünen um die Stimme Gavrons, der darüber ziemlich melancholisch wird:
""Hier stehe ich also, so kurz vor den Wahlen, und merke, dass ich mit keiner Möglichkeit zufrieden bin. Bin ich ein alter Nörgler geworden? Oder werden unsere Politiker tatsächlich immer schlechter? Ich hoffe, eine Antwort zu haben, wenn ich […] in der Wahlkabine stehe."
In London wird am Royal Court Theatre gerade "Sieben jüdische Kinder - ein Stück für Gaza" gespielt. Das Werk der Dramatikerin Caryl Churchill ist "eine grobe Karikatur der Geschichte Israels" heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Dem aufgewühlt-parteiischen Ton Churchills kann FAZ-Autorin Gina Thomas nichts abgewinnen:
"Von dem Schriftsteller Saki stammt der Satz, 'eine Unze Unrichtigkeit verlangt Tonnen der Erklärung'. Gegen blinden Zorn aber sind Argumente machtlos. Vielleicht sollte die berühmte Caryl Churchill sich künftig bei der Propaganda-Abteilung der Hamas engagieren."
Eine komplette Feuilleton-Seite abzüglich der siebten Spalte widmet die Tageszeitung DIE WELT dem 200. Geburtstag von Abarham Lincoln, dem US-Präsidenten, auf den sich Amtsnachfolger Barack Obama gern beruft.
WELT-Redakteur Uwe Schmitt war in den USA, um in Gettysburg das neue Bürgerkriegsmuseum zu besuchen, in dem auch die "Gettysburg Address" aufbewahrt wird - Lincolns berühmte 272-Wörter-Rede, praktisch eine zweite Gründung der Vereinigten Staaten.
Auf dem Soldatenfriedhof vor dem Diptychon mit dem eingravierten Wortlaut der Rede erlebte Uwe Schmitt eine echt amerikanische Pathos- und Rührszene:
"Auf dem Friedhof waren es minus zehn Grad. Der Kuli streikte. Wir begannen zu lesen 'Vor 87 Jahren…'. Und wir endeten: '… auf dass diese Nation eine Wiedergeburt der Freiheit erlebe; und auf dass diese Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk nicht von der Erde verschwinden möge.' Nur 272 Worte. Wir erschauderten."
Im Gespräch mit Hannes Stein, dem USA-Korrespondenten der WELT, lobt der amerikanische Historiker Michael Burlingame die Bescheidenheit und den Humor Lincolns.
Obama-Anhänger müssen indessen hoffen, dass sich Michelle Obama nicht zu einer zweiten Mary Todd entwickelt. Die Ehefrau Lincolns hat ihren Gatten nämlich körperlich misshandelt - obwohl der keineswegs ein Schwächling war.
"Er war 1,95, sie war 1,64 Meter groß [präzisiert Lincoln-Biograf Burlingame in der WELT]. Aber es gibt Zeugenaussagen, dass sie ihn schlug, mit Büchern nach ihm warf, ihn mit einem Messer aus dem Haus jagte."
Womit wir bei den ewigen Beziehungskisten sind und den bewegten Bildern auf der Berlinale.
Für Hermine Huntgeburths Verfilmung von Theodor Fontanes Roman "Effi Briest" hat Christina Tilmann im BERLINER TAGESSPIEGEL wenig übrig:
"Sex und Soap liegt in der Luft, und aus dem Gesellschaftsdrama ist eine Tragödie der Leidenschaften geworden - modern gedacht, aber nicht modern genug."
Restlos begeistert hingegen schreibt - ebenfalls im TAGESSPIEGEL - Jan Schulz-Ojala über "Alle anderen", den zweiten Film der jungen deutschen Regisseurin Maren Ade.
"Eine Dutzendgeschichte also. Alltag, ausnahmsweise auf Sardinien. Die Auszeit, in der eine Beziehung sich bewähren soll. Intimität und Irritation, Hunger aufeinander und Hass. Maren Ade inszeniert das […] als Versuchsanordnung, der jede Künstlichkeit fehlt."
Die Überschrift im TAGESPIEGEL behauptet:
"Die Hölle, das sind wir selber."
Als wäre es die Fortsetzung dieses Gedankens, fragt die Überschrift des Berlinale-Artikels von SZ-Autorin Susan Vahabzadeh:
"Werden wir dem lieben Gott gefallen?"
"Vermisst du Stalin?"
Das will eine Mogel-Überschrift im Feuilleton der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wissen. Der Artikel handelt keineswegs von Russland, sondern von der Qual vor der Parlamentswahl, die der israelische Schriftsteller und Sänger Assaf Gavron empfindet.
"Es gibt eine Mitte, und die ist absolut überfüllt","
diagnostiziert Gavron mit Blick auf die großen israelischen Parteien Kadima, Labour und Likud.
Außerdem werben auch die Rentnerpartei, die Religiösen, die Anti-Religiösen, die Russen und die Grünen um die Stimme Gavrons, der darüber ziemlich melancholisch wird:
""Hier stehe ich also, so kurz vor den Wahlen, und merke, dass ich mit keiner Möglichkeit zufrieden bin. Bin ich ein alter Nörgler geworden? Oder werden unsere Politiker tatsächlich immer schlechter? Ich hoffe, eine Antwort zu haben, wenn ich […] in der Wahlkabine stehe."
In London wird am Royal Court Theatre gerade "Sieben jüdische Kinder - ein Stück für Gaza" gespielt. Das Werk der Dramatikerin Caryl Churchill ist "eine grobe Karikatur der Geschichte Israels" heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Dem aufgewühlt-parteiischen Ton Churchills kann FAZ-Autorin Gina Thomas nichts abgewinnen:
"Von dem Schriftsteller Saki stammt der Satz, 'eine Unze Unrichtigkeit verlangt Tonnen der Erklärung'. Gegen blinden Zorn aber sind Argumente machtlos. Vielleicht sollte die berühmte Caryl Churchill sich künftig bei der Propaganda-Abteilung der Hamas engagieren."
Eine komplette Feuilleton-Seite abzüglich der siebten Spalte widmet die Tageszeitung DIE WELT dem 200. Geburtstag von Abarham Lincoln, dem US-Präsidenten, auf den sich Amtsnachfolger Barack Obama gern beruft.
WELT-Redakteur Uwe Schmitt war in den USA, um in Gettysburg das neue Bürgerkriegsmuseum zu besuchen, in dem auch die "Gettysburg Address" aufbewahrt wird - Lincolns berühmte 272-Wörter-Rede, praktisch eine zweite Gründung der Vereinigten Staaten.
Auf dem Soldatenfriedhof vor dem Diptychon mit dem eingravierten Wortlaut der Rede erlebte Uwe Schmitt eine echt amerikanische Pathos- und Rührszene:
"Auf dem Friedhof waren es minus zehn Grad. Der Kuli streikte. Wir begannen zu lesen 'Vor 87 Jahren…'. Und wir endeten: '… auf dass diese Nation eine Wiedergeburt der Freiheit erlebe; und auf dass diese Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk nicht von der Erde verschwinden möge.' Nur 272 Worte. Wir erschauderten."
Im Gespräch mit Hannes Stein, dem USA-Korrespondenten der WELT, lobt der amerikanische Historiker Michael Burlingame die Bescheidenheit und den Humor Lincolns.
Obama-Anhänger müssen indessen hoffen, dass sich Michelle Obama nicht zu einer zweiten Mary Todd entwickelt. Die Ehefrau Lincolns hat ihren Gatten nämlich körperlich misshandelt - obwohl der keineswegs ein Schwächling war.
"Er war 1,95, sie war 1,64 Meter groß [präzisiert Lincoln-Biograf Burlingame in der WELT]. Aber es gibt Zeugenaussagen, dass sie ihn schlug, mit Büchern nach ihm warf, ihn mit einem Messer aus dem Haus jagte."
Womit wir bei den ewigen Beziehungskisten sind und den bewegten Bildern auf der Berlinale.
Für Hermine Huntgeburths Verfilmung von Theodor Fontanes Roman "Effi Briest" hat Christina Tilmann im BERLINER TAGESSPIEGEL wenig übrig:
"Sex und Soap liegt in der Luft, und aus dem Gesellschaftsdrama ist eine Tragödie der Leidenschaften geworden - modern gedacht, aber nicht modern genug."
Restlos begeistert hingegen schreibt - ebenfalls im TAGESSPIEGEL - Jan Schulz-Ojala über "Alle anderen", den zweiten Film der jungen deutschen Regisseurin Maren Ade.
"Eine Dutzendgeschichte also. Alltag, ausnahmsweise auf Sardinien. Die Auszeit, in der eine Beziehung sich bewähren soll. Intimität und Irritation, Hunger aufeinander und Hass. Maren Ade inszeniert das […] als Versuchsanordnung, der jede Künstlichkeit fehlt."
Die Überschrift im TAGESPIEGEL behauptet:
"Die Hölle, das sind wir selber."
Als wäre es die Fortsetzung dieses Gedankens, fragt die Überschrift des Berlinale-Artikels von SZ-Autorin Susan Vahabzadeh:
"Werden wir dem lieben Gott gefallen?"