Von Arno Orzessek
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit der Verleihung des Adolf-Grimme-Preises und mit der Berlinale. Der "Tagesspiegel" geht dabei vor allem auf Tom Tykwers Eröffnungsfilm "The International" ein.
Die Kulturpresseschau befasst sich unter anderem mit der Verleihung des Adolf-Grimme-Preises und mit der Berlinale. Der "Tagesspiegel" geht dabei vor allem auf Tom Tykwers Eröffnungsfilm "The International" ein.
Kino ohne Ende verspricht der Berliner TAGESSPIEGEL zum Auftakt der diesjährigen Berlinale, stellt Gilbert Wolter vor, der als Jury-Mitglied genau 37 Streifen zu konsumieren hat, und reflektiert auf Tom Tykwers Eröffnungsfilm – den Thriller "The International".
"Schon der Titel preist ein Produkt für den Weltmarkt an, mit Weltstars und Schauplätzen rund um den Globus. Aber es ist eine Festival-Ouvertüre mit Kuschelfaktor: Die Uraufführung findet in der Home Zone des Berliner Regisseurs statt,"
schreibt TAGESSPIEGEL-Autor Jan Schulz-Ojala.
Tom Tykwer selbst stellt sich zwei Seiten weiter den Fragen von Christiane Peitz und Christina Tilmann. Sie wollen wissen, ob Tykwer erklären kann, wie Hedgefonds funktionieren – angesichts dessen, dass "The International" von der sichtbar-unsichtbaren Macht der Banken handelt.
"Ich glaube, ich könnte inzwischen in jeder Streitauseinandersetzung mit Wirtschaftsexperten zumindest dagegen halten", antwortet Tykwer – was erstaunlich stark von der TAGESSPIEGEL-Überschrift abweicht, die dem Regisseur den Spruch unterjubelt: "Mit Wirtschaftsleuten halte ich locker mit."
In der ZEIT überlegt sich Katja Nicodemus, welche Funktion […] die Berlinale eigentlich noch [hat], wenn im Internet jeden Tag Filmfestival ist – eine Vorstellung, der technisch wenig im Wege steht.
ZEIT-Autorin Nicodemus argumentiert in der klassisch-aufgeklärten Sowohl-als-auch-Form:
"Nein, man sollte das Reale nicht gegen das Virtuelle, die Auswahl nicht gegen die Fülle, den Festivalpalast nicht gegen das Internet ausspielen. Man sollte fair sein und jedem Medium seine Möglichkeiten lassen. Aber ein bisschen trist ist es doch, eine tolle Weltpremiere vom heimischen Sofa aus in einem Blog zu beklatschen. "
Das Kino ohne Ende im TAGESSPIEGEL korrespondiert mit dem Fernsehen bis zum Koma in der ZEIT. Unter dieser Überschrift berichtet Susanne Schmetkamp, wie sie mit der Nominierungskommission "Fiktion" für den Adolf-Grimme-Preis 250 Filme in knapp 120 Stunden angeschaut hat – ausschnittsweise, wie sich leicht nachrechnen lässt.
Den Begriff "Wahnsinn" souverän umgehend, erzählt Schmetkamp:
"Abends ließen wir uns fast apathisch berieseln, was dazu führte, dass wir wie ohnmächtig eineinhalb Stunden Die Patin sahen, den pompös inszenierten, pseudospannenden Mafia-Dreiteiler mit Veronica Ferres. Aus dem Wachkoma zurück, stimmten wir bis auf eine Enthaltung alle gegen den Film."
Das freut sicherlich die große Schar der Ferres-Verächter – zumal es ja auch guten Stoff gibt, wie ZEIT-Autorin Schmetkamp unterstreicht:
"Zwischen "reaktionärem Scheiß", "Gebrauchsfernsehen", allzu seichten Komödien und semihistorischen Schinken gab es Stücke, die in Regie, Kamera, Buch und Schauspiel preiswürdig sind. Die deutschen Fernsehfilme pauschal zu verurteilen ist nicht weniger blöd als manches TV-Stück selbst."
Die erfrischende Susanne Schmetkamp schreibt übrigens auch im Online-Magazin "Wortgestöber" und hat in Regensburg am Lehrstuhl für Praktische Philosophie gearbeitet.
Damit zum ernstesten Thema, zur Verleugnung des Holocaust, zu Bischof Richard Williamson und der Pius-Bande. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, die zu¬nächst recht gnädig über die Brüder geschrieben hat, zieht nun Christian Geyer gewaltig vom Leder:
"Hier spricht ein seppelartiger antimoderner Affekt, eine aggressive Intoleranz und Intransingenz, die sich metaphysisch beglaubigt wähnt. Hier spricht ein Wahn, der im Namen des Übernatürlichen sich ans Natürliche, an Recht und Kultur, im Grunde nicht gebunden fühlt."
Hochgeistig, jedoch um keine fetzige These verlegen sind normalerweise die französischen Intellektuellen. Zur Wirtschaftskrise aber fällt ihnen nichts ein, berichtet in der ZEIT Gero von Randow.
"In Zeitschriften wie Commentaire, Le Débat oder l’Esprit füllen Wirtschaftswissenschaftler die Seiten. Vorbei die Zeit, als Frankreichs Intellektuelle stritten, ob alles nur Text oder alles nur Physik sei oder vielleicht doch Gott. Heute heißt es: Alles ist Geld."
So könnten wir schließen – wollen aber nicht die Binsenweisheit verschweigen, die Gero von Randow im Nachsatz unterbringt.
"Alles ist Geld. Das ist vor allem dann wahr, wenn man es nicht hat."
Kino ohne Ende verspricht der Berliner TAGESSPIEGEL zum Auftakt der diesjährigen Berlinale, stellt Gilbert Wolter vor, der als Jury-Mitglied genau 37 Streifen zu konsumieren hat, und reflektiert auf Tom Tykwers Eröffnungsfilm – den Thriller "The International".
"Schon der Titel preist ein Produkt für den Weltmarkt an, mit Weltstars und Schauplätzen rund um den Globus. Aber es ist eine Festival-Ouvertüre mit Kuschelfaktor: Die Uraufführung findet in der Home Zone des Berliner Regisseurs statt,"
schreibt TAGESSPIEGEL-Autor Jan Schulz-Ojala.
Tom Tykwer selbst stellt sich zwei Seiten weiter den Fragen von Christiane Peitz und Christina Tilmann. Sie wollen wissen, ob Tykwer erklären kann, wie Hedgefonds funktionieren – angesichts dessen, dass "The International" von der sichtbar-unsichtbaren Macht der Banken handelt.
"Ich glaube, ich könnte inzwischen in jeder Streitauseinandersetzung mit Wirtschaftsexperten zumindest dagegen halten", antwortet Tykwer – was erstaunlich stark von der TAGESSPIEGEL-Überschrift abweicht, die dem Regisseur den Spruch unterjubelt: "Mit Wirtschaftsleuten halte ich locker mit."
In der ZEIT überlegt sich Katja Nicodemus, welche Funktion […] die Berlinale eigentlich noch [hat], wenn im Internet jeden Tag Filmfestival ist – eine Vorstellung, der technisch wenig im Wege steht.
ZEIT-Autorin Nicodemus argumentiert in der klassisch-aufgeklärten Sowohl-als-auch-Form:
"Nein, man sollte das Reale nicht gegen das Virtuelle, die Auswahl nicht gegen die Fülle, den Festivalpalast nicht gegen das Internet ausspielen. Man sollte fair sein und jedem Medium seine Möglichkeiten lassen. Aber ein bisschen trist ist es doch, eine tolle Weltpremiere vom heimischen Sofa aus in einem Blog zu beklatschen. "
Das Kino ohne Ende im TAGESSPIEGEL korrespondiert mit dem Fernsehen bis zum Koma in der ZEIT. Unter dieser Überschrift berichtet Susanne Schmetkamp, wie sie mit der Nominierungskommission "Fiktion" für den Adolf-Grimme-Preis 250 Filme in knapp 120 Stunden angeschaut hat – ausschnittsweise, wie sich leicht nachrechnen lässt.
Den Begriff "Wahnsinn" souverän umgehend, erzählt Schmetkamp:
"Abends ließen wir uns fast apathisch berieseln, was dazu führte, dass wir wie ohnmächtig eineinhalb Stunden Die Patin sahen, den pompös inszenierten, pseudospannenden Mafia-Dreiteiler mit Veronica Ferres. Aus dem Wachkoma zurück, stimmten wir bis auf eine Enthaltung alle gegen den Film."
Das freut sicherlich die große Schar der Ferres-Verächter – zumal es ja auch guten Stoff gibt, wie ZEIT-Autorin Schmetkamp unterstreicht:
"Zwischen "reaktionärem Scheiß", "Gebrauchsfernsehen", allzu seichten Komödien und semihistorischen Schinken gab es Stücke, die in Regie, Kamera, Buch und Schauspiel preiswürdig sind. Die deutschen Fernsehfilme pauschal zu verurteilen ist nicht weniger blöd als manches TV-Stück selbst."
Die erfrischende Susanne Schmetkamp schreibt übrigens auch im Online-Magazin "Wortgestöber" und hat in Regensburg am Lehrstuhl für Praktische Philosophie gearbeitet.
Damit zum ernstesten Thema, zur Verleugnung des Holocaust, zu Bischof Richard Williamson und der Pius-Bande. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, die zu¬nächst recht gnädig über die Brüder geschrieben hat, zieht nun Christian Geyer gewaltig vom Leder:
"Hier spricht ein seppelartiger antimoderner Affekt, eine aggressive Intoleranz und Intransingenz, die sich metaphysisch beglaubigt wähnt. Hier spricht ein Wahn, der im Namen des Übernatürlichen sich ans Natürliche, an Recht und Kultur, im Grunde nicht gebunden fühlt."
Hochgeistig, jedoch um keine fetzige These verlegen sind normalerweise die französischen Intellektuellen. Zur Wirtschaftskrise aber fällt ihnen nichts ein, berichtet in der ZEIT Gero von Randow.
"In Zeitschriften wie Commentaire, Le Débat oder l’Esprit füllen Wirtschaftswissenschaftler die Seiten. Vorbei die Zeit, als Frankreichs Intellektuelle stritten, ob alles nur Text oder alles nur Physik sei oder vielleicht doch Gott. Heute heißt es: Alles ist Geld."
So könnten wir schließen – wollen aber nicht die Binsenweisheit verschweigen, die Gero von Randow im Nachsatz unterbringt.
"Alles ist Geld. Das ist vor allem dann wahr, wenn man es nicht hat."