Von Arno Orzessek

Die "SZ" beschäftigt sich mit dem Oscar gekrönten KZ-Drama "Der Fälscher", das im ZDF zu sehen ist. Die "FAZ" hat Hausbesetzer in Erfurt besucht, die ein Gebäude besetzt haben, in dem einst die Verbrennungsöfen für Auschwitz konstruiert wurden. Die "FR" bespricht das Buch "Wann und wie wurde das jüdische Volk erfunden?" des französischen Historikers Shlomo Sand.
Harald Hordych heißt der Autor der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, der seinen Bericht über Stefan Ruzowitzkys Oscar gekröntes KZ-Drama "Der Fälscher" – das nun das ZDF zeigt – mit einem jüdischen Witz beginnt.

Denn merke: Jüdische Witze sind kaum zu toppen. Ein vertrauenswürdiger Zeuge wie der kosmopolitische Fotograf und grandiose Wortschmutzfink Erwin Blumenfeld behauptete in seinem "Einbildungsroman" sogar: Der Goi als solcher hat gar keinen Witz. Der Goi, das ist der Nichtjude.

Der Witz in der SZ geht so:

" Ein deutscher Jude besucht einen alten Freund in New York, der im KZ war. Als er das Haus des Freundes betritt, erblickt er hinter dem Schreibtisch ein Hitler-Porträt. Fassungslos fragt er: Was ist das? "Das", entgegnet der Freund, "das ist gegen das Heimweh." "

Stefan Ruzowitzkys Film "Die Fälscher" erzählt von Juden, die im KZ gefälschte Pfund- und Dollarnoten zur Kriegsfinanzierung der Nazis herstellen müssen. SZ-Autor Hordych lobt:

" Immer entfaltet Ruzowitzky Spannung mit eher zu wenig als zu vielen Mitteln, auch weil er sich auf Schauspieler wie Karl Markovics […] verlassen kann, die mit ganz wenig ganz viel erreichen. Und weil dort, wo sich Ungeheuerliches abspielt, selbst die kleinsten Geschehnisse zur Ungeheuerlichkeit werden. "

Ganz dem Ernst des Themas verpflichtet bleibt Till Krause, der Autor der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, der in Erfurt eine Pressekonferenz von Hausbesetzern besucht hat.

Das Besondere an den besetzten Räumen: Hier haben Ingenieure der Firma "Topf & Söhne" vor 66 Jahren "Leichen-Verbrennungsöfen für den Massenbetrieb" konstruiert, Spezialanfertigungen für Auschwitz und Buchenwald. FAZ-Autor Krause schreibt:

" Weil die Erinnerung an die Ofenbauer von Auschwitz [in Erfurt] genauso brach lag wie die Industriehallen, haben [Hausbesetzer] Pascal und seine Freunde nicht nur ein Gelände, sondern auch ein Thema besetzt. "

Über Pascal, der gegen die nun drohende Räumung kämpft, heißt es in der FAZ weiter:

" Er ist mittlerweile Experte zum Thema Topf & Söhne geworden, er kennt sich mit dem Täterort aus wie mit den Punkbands, die Konzerte in dem Haus gespielt haben. Er weiß, dass man von den Zeichensälen der Ingenieure den Glockenturm von Buchenwald sehen konnte. Er sagt: "Als wir das Gebäude besetzt haben, hatten wir der Stadt gegenüber einen moralischen Vorsprung." "Wann und wie wurde das jüdische Volk erfunden?" heißt das neue Buch von Shlomo Sand, dem französischen Historiker, der 1946 als Kind polnischer Juden geboren wurde.

In der FRANKFURTER RUNDSCHAU betont Arno Widmann:

" Wer mit […] [Shlomo Sand] die Lage im nahen Osten betrachtet, der kann zu dem Schluss kommen, die Palästinenser seien die zum Islam konvertierten Nachkommen des alten Judentums, während viele Israelis die zum Judentum konvertierten Nachkommen von allen möglichen anderen Völkern sind. "

Das wäre – um ein Wort aus der Genesis zu benutzen – tatsächlich ein großes Tohuwabohu.

Shlomo Sand, so unterstreicht FR-Rezensent Widmann, hat nichts gegen die Schönheit der Fiktion, es gäbe eine direkte Generationenfolge von der Zerstörung des Tempels bis heute. Ganze Generationen in dem Glauben zu erziehen, sie seien genetische Nachkommen der einst vertriebenen Juden, hält Sand jedoch für Propaganda.

" "Besser als introvertierte Mythen über die Vergangenheit ist ein Mythos für die Zukunft. Der zum Beispiel von einer offenen, fortschrittlichen, nicht nationalistischen, wohlhabenden Gesellschaft. Der Staat Israel, der ja ein Staat aller Israelis ist, sollte auch eine Trauerstunde einführen zum Gedenken an die Vertreibung der Palästinenser,"

zitiert in der FR Arno Widmann den Historiker Shlomo Sand.

Die Tageszeitung DIE WELT widmet eine ganze Feuilletonseite der ersten vollständigen deutschen Septuaginta-Übersetzung, also der altgriechischen Übersetzung der hebräischen Bibel.

Die verblüffende Überschrift:

" Wie Maria zur Jungfrau wurde. "

Näheres in der WELT.

Wir begannen mit einem Witz und glaubten, mit einem subtilen Scherz schließen zu können. Doch die Lektüre des Feuilleton-Aufmachers der SZ hinterlässt Zweifel, ob die Unterzeile auf staatliche Rettungsschirme für wankende Banken und Konzerne anspielen will.

" Welche jüdischen Gemeinden muss der Staat unterstützen? "

fragt sich SZ-Autor Alexander Kissler, lässt aber keinerlei Augenzwinkern erkennen.