Von Arno Orzessek

Mit der Frage, ob der Staat seine Bürger vor NS-Dokumenten beschützen solle, befasst sich die "Süddeutsche Zeitung". Über den Umgang mit dem britischen Weihbischof Richard Williamson, einem strikten Holocaust-Leugner aus der Priesterbruderschaft St. Pius X., schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Und die Parodie des TV-Blödels Oliver Pocher auf Widerstandskämpfer Graf von Stauffenberg ist Thema im Feuilleton der "Süddeutschen Zeitung".
Lesern der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG könnte nach der Lektüre des Montags-Feuilletons der Gedanke durch den Kopf schießen, dass etwas Markantes fehle.

Auf keiner der fünf Seiten kommt nämlich ein einziges Mal der Name vor, der seit Monaten der meistgenannte der Welt sein dürfte, noch vor Allah und der heiligen Mutter Gottes: der Name Barack Obama.

Im Aufmacher des solchermaßen Obama-freien SZ-Feuilletons fragt sich Marc Felix Serrao, ob "der Staat seine Bürger vor NS-Dokumenten beschützen" soll. Anlass ist die Entscheidung des Freistaats Bayern, die Faksimiles des "Völkischen Beobachters" zu beschlagnahmen, die der englische Verleger Peter McGee an 40.000 deutsche Zeitschriftenhändler ausgeliefert hat.

SZ-Autor Serrao hält gar nichts von der Aktion:

"Neue Nazis verhindert man genauso wenig mit Verboten von Zeitungen, deren altdeutsche Lettern die meisten jungen Rechtsextremisten ohnehin nicht entziffern können, wie mit dem immer wieder und bequem beschworenen Verbot der NPD. Im letzteren Fall stärkt das Gerede nur den Zusammenhalt der Szene und deren Anziehungskraft auf Jugendliche, die Verbotenes schon aus hormonellen Gründen reizt."

Sicher wird man neubraune Hassgesellen nicht zum Videostudium der Fernsehserie "Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiß" bewegen können, die vor 30 Jahren in der ARD lief und Einschaltquoten zwischen 32 und 41 Prozent erreichte.

"Keine andere Darstellung des Judenmords hat die Deutschen mehr erschüttert","

behauptet Sven Felix Kellerhoff in der Tageszeitung DIE WELT - verschweigt aber nicht, dass viele Historiker dem amerikanischen Vierteiler zunächst mit Skepsis begegnet sind:

""Von einer 'Seifenoper' war die Rede; der Direktor des angesehen Instituts für Zeitgeschichte in München, Martin Broszat, konstatierte eine 'Color-Film-Rühr- und Redseligkeit' und kritisierte die 'fast blasphemische Ahnungslosigkeit'."

Im Rückblick jedoch, da ist sich WELT-Autor Kellerhoff sicher, sei die Bedeutung des Films für die hiesige Gedenkkultur "nicht zu überschätzen".

Von dem britischen Weihbischof Richard Williamson aus der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Pius X. muss man vermuten, dass er weder die Fernsehserie "Holocaust" gesehen, noch sonstige Aufklärung über Nazi-Verbrechen an sich herangelassen hat. Der fromme Williamson ist strikter Holocaust-Leugner.

Und ausgerechnet dieser Bischof gehört zu den sogenannten Lefebvristen, den Anhängern von Erzbischof Marcel Lefebvre, deren Exkommunikation im Jahr 1988 kürzlich von Papst Benedikt XVI. aufgehoben worden ist.

Lorenz Jäger, Autor der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, hat die Kapelle St. Athanasius in Hattersheim bei Frankfurt besucht, die der Bruderschaft St. Pius gehört, und sich erklären lassen, wie man mit dem Casus Williamson umzugehen ge¬denke.

"Der junge Priester […] ist bemüht, die Piusbruderschaft aus dem Streit herauszuhalten. In keinem Sinne sollten die Äußerungen Williamsons als Meinung der Bruderschaft genommen werden. Antisemitismus verbiete sich von selbst, da Christus, Maria und Petrus Juden 'im Fleisch' gewesen seien."

TV-Blödel Oliver Pocher ist der Holocaust-Leugnung hoffentlich unverdächtig. Indessen hat er letzte Woche Widerstandskämpfer Graf von Stauffenberg parodiert und ist dafür vom SWR-Rundfunkrat attackiert worden.

Die SZ attackiert nun wiederum die ARD-Gremien.

"Völlig absurd und unverständlich ist es [schreibt Christopher Keil], Pocher jetzt zu kritisieren. Er trat mit Augenklappe in der Satiresendung [Schmidt & Pocher] auf und sagte: 'Mit dem ersten sieht man besser' - in Anspielung an die ZDF-Kampagne […] 'Mit dem Zweiten sieht man besser.' [Das] taugt nicht für eine moralische Entrüstung."

Im übrigen sind nicht alle Feuilletons Obama-frei. In der WELT beschäftigt Peter Dittmar, dass der neue US-Präsident, soweit es um den chinesischen Kalender geht, im Zeichen des Büffels beziehungsweise Ochsen geboren wurde, in dem auch das neue Jahr steht.

"Diesen Menschen [erklärt Dittmar das Erstaunliche] wird Ehrbarkeit, Aufrichtigkeit und Aufopferungsbereitschaft zugesprochen."

Wer nun aber mit Obama rasch sein eigenes Glück machen will, der beachte eine Warnung des chinesischen Experten Tan Khoon Yon:

"Die Aussichten, im Jahr des Ochsen Vermögen aufzubauen, sind gering, denn die Änderungen, die der Ochse hervorruft, sind groß und schnell."