Von Arno Orzessek
Die Feuilletons loben den Film "Zeiten des Aufruhrs" - eine Wiederauflage des Traumpaars Kate Winslet und Leonardo DiCaprio -, für den Winslet gerade mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde. Die "Süddeutsche Zeitung" interviewt Verleger Alfred Neven DuMont, der nun Teile der Mecom-Gruppe des britischen Finanzinvestors David Montgomery übernimmt.
"Du bist das schönste, was es gibt, ein Mann."
Diesen womöglich tollpatschigen, aber nicht unromantischen Satz sagt April Wheeler alias Kate Winslet zu Frank Wheeler alias Leonardo DiCaprio. Und zwar in dem Film "Zeiten des Aufruhrs" von Regisseur Sam Mendes nach dem Roman "Revolutionary Road" von Richard Yates. Film und Roman handeln vom Sterben der Träume im Leben zu zweit.
Verena Lueken, Kritikerin der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, beschreibt die graue Tendenz in der Beziehung der Wheelers äußerst lakonisch:
" Zuerst kamen die Kinder, das erste ein Unfall, das zweite der Beweis, dass das erste kein Unfall war, dann kamen die Nachbarn auf Häppchen und Drinks, irgendwann bot sich dem Mann eine lahme Affäre mit der Sekretärin, und er griff zu. "
In James Camerons "Titanic" hatte die Herzens-Entflammtheit von Winslet und DiCaprio noch neue Maßstäbe für feinsten Liebeskitsch à la Hollywood gesetzt. Dass die beiden Schauspieler nun den Sieg des Gewöhnlichen über das Besondere der ersten Gefühle darstellen, kann "FAZ"-Autorin Lueken akzeptieren.
" Aus dem Paar von der "Titanic" ist das unglücklichste Filmpaar des Jahres geworden. Das hat seine eigene Ironie, und es ist weiterhin preisverdächtig. "
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG deutet Filmkritiker Fritz Göttler an, dass er Yates’ Roman noch großartiger als Mendes’ Film findet. Doch auch dieser – so viel kann man Göttlers Kritik entnehmen – überträgt unabweisbar den Mehltau der Resignation.
" Eine hoffnungslose Leere, konstatiert Frank [ein]mal, als er mit April und John, dem Sohn eines älteren Ehepaars aus der Nachbarschaft, einen Sonntagnachmittagsspaziergang durch das Wäldchen hinter dem Haus macht. John ist begeistert – von Leere sprechen zwar viele heutzutage, erklärt er, aber hoffnungslose Leere… Wow! "
Auf das aktuelle Verhältnis von Literatur und Film geht in der Tageszeitung DIE WELT Elmar Krekeler ein. Sein Kommentar ist auf die Verleihung der Golden Globes gemünzt und beginnt erzählerisch.
" Es war ein rauschendes Fest. Es wurde geweint, es wurde gejubelt. Schöne, junge Menschen nahmen goldene Statuen entgegen. Manche, wie Kate Winslet, gleich deren zwei. Der eigentliche Sieger der diesjährigen Golden Globes allerdings war gar nicht erschienen. Weil er schon ein bisschen älter ist – wahrscheinlich […] so alt wie alle Nominierten zusammen […]. Der eigentliche, der strahlende Sieger der Golden Globes ist die Literatur. "
Zum Beweis zählt WELT-Autor Krekeler von "Slumdog Millionaire" über "Der Vorleser" bis zu "There will be blood" all die Filme auf, die mit Golden Globes geehrt worden sind oder sich Hoffnung auf einen Oscar machen dürfen – aber ohne Romanvorlage nie entstanden wären.
" Man mag sich gar nicht ausdenken [so Krekeler], was [mit dem Kino] passieren würde, wenn nicht die Drehbuchautoren, sondern die Belletristen aller Länder in einen ausgedehnten Streik treten würden. "
Es sei erwähnt, dass andere schlechter von der Belletristik denken. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wird ein Roman von Brock Clarke besprochen, der in der Übersetzung von Harry Rowohlt nicht anders heißt als "Leitfaden zum Abfackeln von Schriftstellerresidenzen".
Doch zurück zum Komplott von Literatur, Film und Hoffnungslosigkeit. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU rezensiert Christoph Schröder Denis Johnsons "Ein gerader Rauch". Offenbar stecken in dem Roman über den Vietnamkrieg genauso viele cineastische wie literarische Referenzen – und entwickeln in der Summe "alttestamentarische[…] Wucht".
" In allem was geschieht und nicht geschieht, im Morden, im Beten und im Kämpfen [so Schröder], steckt von Beginn an sowohl der Gedanke an die Vergeblichkeit, als auch die Sehnsucht nach Erlösung, nach Transzendenz […]. So laufen die Menschen durch eine Welt […] ohne Halt und auch ohne Gnade. "
Bevor wir nun in Traurigkeit enden, hier noch eine Ergänzung zu unserem Eingangszitat – "Du bist das schönste, was es gibt, ein Mann". Im Gespräch mit der SZ sagte der 82-jährige Verleger Alfred Neven DuMont, der nun Teile der Mecom-Gruppe des britischen Finanzinvestors David Montgomery einschließlich "Berliner Zeitung" und "Hamburger Morgenpost" übernimmt:
"Verlieren Sie nie den Blick für schöne Frauen."
Diesen womöglich tollpatschigen, aber nicht unromantischen Satz sagt April Wheeler alias Kate Winslet zu Frank Wheeler alias Leonardo DiCaprio. Und zwar in dem Film "Zeiten des Aufruhrs" von Regisseur Sam Mendes nach dem Roman "Revolutionary Road" von Richard Yates. Film und Roman handeln vom Sterben der Träume im Leben zu zweit.
Verena Lueken, Kritikerin der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, beschreibt die graue Tendenz in der Beziehung der Wheelers äußerst lakonisch:
" Zuerst kamen die Kinder, das erste ein Unfall, das zweite der Beweis, dass das erste kein Unfall war, dann kamen die Nachbarn auf Häppchen und Drinks, irgendwann bot sich dem Mann eine lahme Affäre mit der Sekretärin, und er griff zu. "
In James Camerons "Titanic" hatte die Herzens-Entflammtheit von Winslet und DiCaprio noch neue Maßstäbe für feinsten Liebeskitsch à la Hollywood gesetzt. Dass die beiden Schauspieler nun den Sieg des Gewöhnlichen über das Besondere der ersten Gefühle darstellen, kann "FAZ"-Autorin Lueken akzeptieren.
" Aus dem Paar von der "Titanic" ist das unglücklichste Filmpaar des Jahres geworden. Das hat seine eigene Ironie, und es ist weiterhin preisverdächtig. "
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG deutet Filmkritiker Fritz Göttler an, dass er Yates’ Roman noch großartiger als Mendes’ Film findet. Doch auch dieser – so viel kann man Göttlers Kritik entnehmen – überträgt unabweisbar den Mehltau der Resignation.
" Eine hoffnungslose Leere, konstatiert Frank [ein]mal, als er mit April und John, dem Sohn eines älteren Ehepaars aus der Nachbarschaft, einen Sonntagnachmittagsspaziergang durch das Wäldchen hinter dem Haus macht. John ist begeistert – von Leere sprechen zwar viele heutzutage, erklärt er, aber hoffnungslose Leere… Wow! "
Auf das aktuelle Verhältnis von Literatur und Film geht in der Tageszeitung DIE WELT Elmar Krekeler ein. Sein Kommentar ist auf die Verleihung der Golden Globes gemünzt und beginnt erzählerisch.
" Es war ein rauschendes Fest. Es wurde geweint, es wurde gejubelt. Schöne, junge Menschen nahmen goldene Statuen entgegen. Manche, wie Kate Winslet, gleich deren zwei. Der eigentliche Sieger der diesjährigen Golden Globes allerdings war gar nicht erschienen. Weil er schon ein bisschen älter ist – wahrscheinlich […] so alt wie alle Nominierten zusammen […]. Der eigentliche, der strahlende Sieger der Golden Globes ist die Literatur. "
Zum Beweis zählt WELT-Autor Krekeler von "Slumdog Millionaire" über "Der Vorleser" bis zu "There will be blood" all die Filme auf, die mit Golden Globes geehrt worden sind oder sich Hoffnung auf einen Oscar machen dürfen – aber ohne Romanvorlage nie entstanden wären.
" Man mag sich gar nicht ausdenken [so Krekeler], was [mit dem Kino] passieren würde, wenn nicht die Drehbuchautoren, sondern die Belletristen aller Länder in einen ausgedehnten Streik treten würden. "
Es sei erwähnt, dass andere schlechter von der Belletristik denken. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG wird ein Roman von Brock Clarke besprochen, der in der Übersetzung von Harry Rowohlt nicht anders heißt als "Leitfaden zum Abfackeln von Schriftstellerresidenzen".
Doch zurück zum Komplott von Literatur, Film und Hoffnungslosigkeit. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU rezensiert Christoph Schröder Denis Johnsons "Ein gerader Rauch". Offenbar stecken in dem Roman über den Vietnamkrieg genauso viele cineastische wie literarische Referenzen – und entwickeln in der Summe "alttestamentarische[…] Wucht".
" In allem was geschieht und nicht geschieht, im Morden, im Beten und im Kämpfen [so Schröder], steckt von Beginn an sowohl der Gedanke an die Vergeblichkeit, als auch die Sehnsucht nach Erlösung, nach Transzendenz […]. So laufen die Menschen durch eine Welt […] ohne Halt und auch ohne Gnade. "
Bevor wir nun in Traurigkeit enden, hier noch eine Ergänzung zu unserem Eingangszitat – "Du bist das schönste, was es gibt, ein Mann". Im Gespräch mit der SZ sagte der 82-jährige Verleger Alfred Neven DuMont, der nun Teile der Mecom-Gruppe des britischen Finanzinvestors David Montgomery einschließlich "Berliner Zeitung" und "Hamburger Morgenpost" übernimmt:
"Verlieren Sie nie den Blick für schöne Frauen."