Von Arno Orzessek

Die SZ schildert, wie schwierig bis unmöglich ein Interview mit Sänger Lou Reed sein kann. Die FAZ berichtet, wie in Russland über den Verfasser eines kremlkritischen Romans gerätselt wird. Während die "Welt" eher kremlfreundliche Töne anschlägt.
Zunächst zu dem berühmten Stinkstiefel Lou Reed. Klaus Walter erzählt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, wie das so ist, wenn man sich mit dem einstigen Gitarristen und Sänger von The Velvet Underground unterhalten möchte.

"Ein Interview mit Lou Reed rangiert in der Königsklasse des Pop-Journalismus. Sich einmal im Leben von diesem griesgrämigen alten Mann so richtig demütigen lassen! Reeds Ruf: Er gilt als notorisch übellaunig, herablassend, cholerisch, despotisch. Am vergangenen Samstag war ich dran. Am Ende drohte er mir Prügel an."

- berichtet Klaus Walter.

Der SZ-Autor hat Reed in Frankfurt am Main getroffen, wo der Musiker, der auch Fotograf ist, in der Galerie Frank Landau Fotos aus dem Bildband "Rimes - Rhymes" vorstellt. Ein Interview im engeren Sinne kam dabei nicht herum.

Stattdessen war Walter nach diversen Drohungen Reeds derart sauer, dass er zurückmotzte:

"You won't hit me, asshole!"

Die SZ übersetzt das nicht - und wir auch nicht. Wir halten aber ein Novum fest. Unseres Wissens hat noch kein SZ-Autor seinen Gesprächspartner vor allen Lesern "asshole" genannt.

Weit davon entfernt, solches zu tun, ist Jan Freitag. Sein Interview mit Bestseller-Autor Ken Follett in der FRANKFURTER RUNDSCHAU ist so freundlich wie betulich.

Follett gibt zu, dass ihn einst der Entzug der Bilder zum Lesen gezwungen hat.

"Meine Eltern waren gottesfürchtige Christen, für die jede Form elektronischer Unterhaltung teuflisch war. Wir hatten nicht mal Fernsehen! Wenn Samstagmorgens alle, ich betone: alle Kinder im Kino waren, habe ich gelesen."

"Rettet die Seelen unserer Kinder!" titelt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG. Dabei geht es aber nicht um frivolen Medienkonsum.

Viktor Jerofejew berichtet, dass man in Russland darüber rätselt, wer der Verfasser des Russland-kritischen Romans "Maschinka und Welik" sein könnte - wenn es nicht Natan Dubowitzki ist, der auf dem Titel steht, aber als Deckname gilt.

Hoch gehandelt wird Wladislaw Surkow, der Chefideologe Putins. Ihm schreibt man auch die Autorschaft des ersten Dubowitzki-Buchs zu.

"Meiner Meinung nach wurden die Romane tatsächlich von Surkow geschrieben, aber das ist nicht das Entscheidende. Entscheidend ist ein Paradoxon: Sie sind von einem freien, ironischen, scharfsichtigen Menschen geschrieben, der Russland 'von oben' betrachtet, von den Höhen des Kremls aus. Die Motive zu durchschauen, ist nicht einfach, es sei denn, man zählte ihn zur Kategorie politisch Schizophrener und Selbstmörder. Ich jedoch betrachte die Romane als Notruf eines Autors, der ein Gewissen bekommen hat - als SOS: Rettet unsere Seelen!"

Ob das neue Jüdische Museum in Moskau dazu etwas beitragen kann, sei dahingestellt. Fest steht, dass die Tageszeitung DIE WELT im Bericht von der Eröffnung des Hauses viel Gutes über Wladimir Putin sagt:

"Das Projekt wurde vor fünf Jahren vom russischen Präsidenten persönlich abgesegnet. Er spendete der Stiftung für den Bau des Museums ein Monatsgehalt. Trotz der russischen Nähe zur Iran und Syrien versucht Putin immer wieder zu unterstreichen, wie wichtig ihm die Beziehungen zu Israel sind."

- schreibt Julia Smirnova.

Hart angefasst zeigt sich FAZ-Autor Jan Knobloch von Marc Wieses Dokumentarfilm "Camp 14 Total Control Zone", der anhand von Augenzeugen-Interviews die Zustände in nordkoreanischen Lagern aufdeckt.

"In Lager 14 gibt es zehn Gesetze. Fast alle enden auf den Halbsatz, wer gegen sie verstoße, werde 'auf der Stelle erschossen'. Zum Tatbestand genügt es, eine eigene Meinung erkennen zu lassen oder sich in Gruppen von mehr als zwei Menschen zu versammeln."

Weggeätzt wird in der SZ Lars Beckers Film "Geisterfahrer", der an diesem Freitag auf Arte läuft. Obwohl Tobias Moretti und Armin Rohde mitwirken, ist der Streifen, der unter Hamburger Rettungssanitätern spielt, laut Michael Bitala "völliger Unfug".

"Geisterfahrer" bringt Bitala derart auf die Palme, dass man sich fragt: Warum steht seine Suada unter dem soften Titel "Für eine Tasche voll Franc"?

In der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG gibt's einen besseren. Er lautet:

"Schund, Schund und nochmals Schund"