Von Arno Orzessek

Vater Alex Rühle bespricht in der "SZ" den Problemschüler-Film "Mittlere Reife" mit Bernadette Heerwagen als Lehrerin. In der "Welt" gibt es ein Loblied von Alan Posener auf die Vielweiberei und die Vielmännerei - Stichwort: "Mehr Ehen wagen!"
Sie kennen bestimmt Alex Rühle, liebe Hörer… Das ist der Autor der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, der manchmal über private Erfahrungen schreibt.

Etwa, als er einmal monatelang offline war. Oder als er mit seinen kleinen Kindern im Wohnmobil in die Ferien düste und darüber im SZ-Ressort "Mobiles Leben" Rechenschaft ablegte.

Mittlerweile sind die Kinder älter und Schulisches dürfte Rühle umtreiben. Jedenfalls zeigt er sich bei der Besprechung des Problemschüler-Films "Mittlere Reife" mit Bernadette Heerwagen als Lehrerin kompetent bis zur Selbst-Infantilisierung.

"Du, ARD, es gibt doch wirklich tolle Schulfilme, Die Klasse zum Beispiel, warum macht Ihr denn dann solchen bemühten, unglaubwürdigen Krampf? Und du, Hessischer Rundfunk! […] Warum muss denn das Ganze so wirken, als würde ein Volkshochschulkurs Streetcredebility üben […] [?]"

Alex Rühle findet die Heerwagen prima, genauso eine von Isabel Bongard verkörperte Schülerin - aber das war’s dann.

"Bei dem Vater geht das ganze Fernsehelend schon wieder los. Na gut, der wird bald - vollgekotzt und im Unterhemd - vom Notarzt aus dem Bild gekarrt. Aber die Lehrer! Liebe Fernsehleute, bitte, müssen das denn dermaßene Klappskallis sein?"

mosert der SZ-Schul-Experte Rühle.

Wohingegen "Liebe", der Kinofilm von Michael Haneke, in dem die 85-jährige Emmanuelle Riva und der 81-jährige Jean-Louis Trintignant ein Ehepaar spielen, überall gelobt wird.

Unter der Überschrift "Einander ans Ende begleiten" schreibt Verena Lueken in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG:

"Hanekes Film ‚Liebe’ ist alles, was der Titel verspricht: zart, wahrhaftig und groß."

Dabei macht es "Liebe" den Zuschauern keineswegs leicht - erklärt Anke Westphal in der FRANKFURTER RUNDSCHAU:

"Dieser Film beginnt mit dem Ende, dem Tod, und danach zeigt er, wie es immer schlimmer wird mit Annes Krankheit. Es geht nur noch bergab. […] Warum aber möchte man - denn das ist der Fall! - dass dieser Film nicht endet? […] Vielleicht weil man so gefesselt und ergriffen ist von der Würde und Entschiedenheit, mit der hier zwei alte Menschen die Kontrolle über das eigene Leben verteidigen."

Folgt man der Tageszeitung DIE WELT, handelt der Film

"Von der Essenz der Hingabe"

und ist auch ein Plädoyer für Sterbehilfe.

Im Interview erklärt Regisseur Haneke, warum er "Liebe" gedreht hat.

"Ich musste jemandem, den ich sehr geliebt habe, beim Leiden zuschauen, ohne helfen zu können, was eine der schlimmsten Erfahrungen ist, die man machen kann. […] Das ist ja das eigentliche Thema des Films und nicht das Alter, der Tod oder die Krankheit. Ich hätte auch einen Film über ein 30-jähriges Ehepaar machen können, deren fünfjähriges Kind an Krebs stirbt, das wäre das gleiche Thema, aber als tragischer Einzelfall. Das Alter hingegen betrifft uns alle."

Sofern sich WELT-Leser der Kolumne

"Mehr Ehen wagen!"

zuwenden, wird der Ton schlagartig - bitte sehr, nicht: schlaganfallartig - heiter.

Alan Posener beklagt das hiesige Polygamie-Verbot und erinnert daran, dass Vielweiberei in den abrahamitischen Religionen - Judentum, Christentum und Islam - einen hohen Stellenwert hatte und oft noch hat.

"Würde Abraham jedoch heute in Deutschland seine Zelte aufschlagen, könnte er nach § 1306 BGB für drei Jahre ins Gefängnis wandern. Denn er hatte ja zwei Frauen […]; König David mindestens achtzehn; der weise Salomon siebenhundert plus dreihundert Konkubinen. Der Prophet Mohamed ehelichte - je nach Überlieferung - elf oder dreizehn Frauen. Zum leistungsunabhängigen Bonus eines Kalifen gehörte ein Harem so selbstverständlich wie heute beim Topmanager das Aktienpaket."

Um seine Mission "Mehr Ehen wagen!" geschlechtsneutral zu halten, fordert der WELT-Autor auch die Legalisierung der Polyandrie, also der Vielmännerei.

"Ich persönlich" [so Posener] "kann mir nicht vorstellen, wieso eine Frau mehr als einen Mann haben wollen könnte, also noch mehr herumliegende Socken, bepinkelte Klobrillen und dumme Sprüche, aber es geht hier ums Prinzip."

Wir indessen beginnen zu schweigen - und zwar mit den Worten von Silke Burmeister in der TAGESZEITUNG:""

"Schade, schade, sprach die Made und gibt zurück nach Berlin!"

Wenn wir das richtig sehen, ist das eine sehr freie Variation von:

‚Übel, übel, sprach der Dübel und verschwand in der Wand.’