Von Arno Orzessek
Das Feuilleton würdigt eine der prägenden Gestalten der Theatergeschichte der letzten Jahrzehnte: Ivan Nagel, der am Ostermontag in Berlin verstorben ist. "Die Welt" bastelt sich aus Günter Grass und Thilo Sarrazin ein Mischwesen namens "Grassarrazin" zusammen.
"Ivan Nagel war jüdisch und schwul und frei. Einer jener gewaltigen unbeugsamen jüdischen Männer, von denen Heine gesprochen hat. Ein Schriftgelehrter, der für das Theater, die größte aller Menschenkünste, und gegen Unverstand und Unrecht stritt", "
ruft Ulla Unseld-Berkéwicz in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Ivan Nagel nach, dem Dramaturgen, Schriftsteller und Kritiker, der am Ostermontag in Berlin gestorben ist.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG erinnert sich Gerhard Stadelmaier:
""Er konnte Wörter wie 'Reinheit' oder 'heiligster Name' oder 'Liebe' oder 'Lüge' betonen, als sei es jeweils um Leben und Tod gegangen (...). Ivan Nagel, vielleicht einer der klügsten Köpfe, die das Theater und der (...) Kulturnachdenkjournalismus nach 1945 hervorbrachten, konnte bei aller intellektueller Kühle sich geradezu in Begeisterungs- und Empörungsemphasen hineinsteigern. Bis hin zur lallenden Weißglut. Bei allerhöchster Reflektiertheit."
Wie man einen Nachruf ohne Abstriche an der Pietät cool betitelt, zeigt die Tageszeitung DIE WELT.
Unter der Überschrift
"Wo er rauchte, da war Feuer"
schreibt Ulrich Weinzierl über den "Theaterphilosophen" Nagel:
"Mit ihm zu sprechen, meist beim Rauchen einer der ihm schon lange untersagten Zigaretten, gehört zu den erfreulichsten Erlebnissen des Kulturinteressierten. (... ) Er war ein Meister des sokratischen Dialogs."
Für Arno Widmann, den Autor der FRANKFURTER RUNDSCHAU, war Ivan Nagel "Der gelehrte Liebhaber", und für Peter von Becker vom TAGESSPEGEL "Der Scharfsinnige" - aber einer mit Herz:
"Die freie Liebe und die freie Freundschaft waren für ihn eine Utopie, die er in Kunst und Leben gesucht hat." - "
Unfreundlichere Worte wurden dieser Tage auf Günter Grass und sein Gedicht "Was gesagt werden muss" gemünzt.
Und nun bastelt sich die WELT unter der Jandl-nden Überschrift "Lechts und rinks" aus Günter Grass und Thilo Sarrazin ein Mischwesen namens "Grassarrazin" zusammen.
Alan Posener ärgert sich besonders über die Behauptung, die Presse sei in den Debatten jeweils gleichgeschaltet. Grass hatte die Gleichschaltung selbst beklagt, im Fall Sarrazins waren es dessen Verteidiger.
"Dass (...) die freie Presse eines demokratischen Landes leichthin verglichen wird mit der Presse Nazideutschlands, bloß weil sie mehrheitlich zu dem Ergebnis kommt, da schreibe ein notorischer Querulant Bullshit, das kann einen erschauern lassen",
erregt sich der WELT-Autor Posener und gesellt dem Grassarrazin auch noch die RAF-Terroristin Meinhof bei:
""Wegen ihres 'Judenknacks' seien die Deutschen unfähig zur Revolution, klagte Ulrike Meinhof (...); seien die Deutschen unfähig, Israel in den Arm zu fallen, klagt Günter Grass; seien die Deutschen unfähig, sich der islamischen Gefahr zu erwehren, meinen viele Anhänger Thilo Sarrazins. Das Ressentiment eint rinks und lechts. Dass Grass und Sarrazin nicht zu velwechsern seien, ist ein Illtum."
Paul Kirchhof sähe sich ungern in diese Reihe gestellt - aber ein Besserwisser ist er auch.
In der FAZ erläutert der Bundesverfassungsrichter a. D., wie Deutschland zu mehr Kindern kommen kann - und gebraucht das Verb "sollen" so oft wie der Autor der Zehn Gebote:
"Während wir derzeit deutlich nach Vollendung des 30. Lebensjahres (...), die Frage einer Familiengründung (...) erwägen, sollte in Zukunft die Entscheidung (...) um zehn Jahre vorverlegt werden. Nach einem schulischen Abschluss (...) sollte sich eine Phase der Berufsqualifikation (...) von etwa fünf Jahren anschließen. Danach, also im Alter von 22 bis 25 Jahren, sollten die Menschen ihre Freiheit zur Familie, zum Kind wahrnehmen. (...) Der Lebensrhythmus wird wieder natürlicher."
So soll's zugehen im neuen Du-sollst-mehr-Kinder-machen-Deutschland von Paul Kirchhof.
Allen, die da nicht mittun wollen, empfehlen wir mit einer WELT-Überschrift, die eine Zeile aus dem neuen Album "auch" der Band Die Ärzte ist:
"'Setz dich zur Wehr, stell dich quer.'"
ruft Ulla Unseld-Berkéwicz in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Ivan Nagel nach, dem Dramaturgen, Schriftsteller und Kritiker, der am Ostermontag in Berlin gestorben ist.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG erinnert sich Gerhard Stadelmaier:
""Er konnte Wörter wie 'Reinheit' oder 'heiligster Name' oder 'Liebe' oder 'Lüge' betonen, als sei es jeweils um Leben und Tod gegangen (...). Ivan Nagel, vielleicht einer der klügsten Köpfe, die das Theater und der (...) Kulturnachdenkjournalismus nach 1945 hervorbrachten, konnte bei aller intellektueller Kühle sich geradezu in Begeisterungs- und Empörungsemphasen hineinsteigern. Bis hin zur lallenden Weißglut. Bei allerhöchster Reflektiertheit."
Wie man einen Nachruf ohne Abstriche an der Pietät cool betitelt, zeigt die Tageszeitung DIE WELT.
Unter der Überschrift
"Wo er rauchte, da war Feuer"
schreibt Ulrich Weinzierl über den "Theaterphilosophen" Nagel:
"Mit ihm zu sprechen, meist beim Rauchen einer der ihm schon lange untersagten Zigaretten, gehört zu den erfreulichsten Erlebnissen des Kulturinteressierten. (... ) Er war ein Meister des sokratischen Dialogs."
Für Arno Widmann, den Autor der FRANKFURTER RUNDSCHAU, war Ivan Nagel "Der gelehrte Liebhaber", und für Peter von Becker vom TAGESSPEGEL "Der Scharfsinnige" - aber einer mit Herz:
"Die freie Liebe und die freie Freundschaft waren für ihn eine Utopie, die er in Kunst und Leben gesucht hat." - "
Unfreundlichere Worte wurden dieser Tage auf Günter Grass und sein Gedicht "Was gesagt werden muss" gemünzt.
Und nun bastelt sich die WELT unter der Jandl-nden Überschrift "Lechts und rinks" aus Günter Grass und Thilo Sarrazin ein Mischwesen namens "Grassarrazin" zusammen.
Alan Posener ärgert sich besonders über die Behauptung, die Presse sei in den Debatten jeweils gleichgeschaltet. Grass hatte die Gleichschaltung selbst beklagt, im Fall Sarrazins waren es dessen Verteidiger.
"Dass (...) die freie Presse eines demokratischen Landes leichthin verglichen wird mit der Presse Nazideutschlands, bloß weil sie mehrheitlich zu dem Ergebnis kommt, da schreibe ein notorischer Querulant Bullshit, das kann einen erschauern lassen",
erregt sich der WELT-Autor Posener und gesellt dem Grassarrazin auch noch die RAF-Terroristin Meinhof bei:
""Wegen ihres 'Judenknacks' seien die Deutschen unfähig zur Revolution, klagte Ulrike Meinhof (...); seien die Deutschen unfähig, Israel in den Arm zu fallen, klagt Günter Grass; seien die Deutschen unfähig, sich der islamischen Gefahr zu erwehren, meinen viele Anhänger Thilo Sarrazins. Das Ressentiment eint rinks und lechts. Dass Grass und Sarrazin nicht zu velwechsern seien, ist ein Illtum."
Paul Kirchhof sähe sich ungern in diese Reihe gestellt - aber ein Besserwisser ist er auch.
In der FAZ erläutert der Bundesverfassungsrichter a. D., wie Deutschland zu mehr Kindern kommen kann - und gebraucht das Verb "sollen" so oft wie der Autor der Zehn Gebote:
"Während wir derzeit deutlich nach Vollendung des 30. Lebensjahres (...), die Frage einer Familiengründung (...) erwägen, sollte in Zukunft die Entscheidung (...) um zehn Jahre vorverlegt werden. Nach einem schulischen Abschluss (...) sollte sich eine Phase der Berufsqualifikation (...) von etwa fünf Jahren anschließen. Danach, also im Alter von 22 bis 25 Jahren, sollten die Menschen ihre Freiheit zur Familie, zum Kind wahrnehmen. (...) Der Lebensrhythmus wird wieder natürlicher."
So soll's zugehen im neuen Du-sollst-mehr-Kinder-machen-Deutschland von Paul Kirchhof.
Allen, die da nicht mittun wollen, empfehlen wir mit einer WELT-Überschrift, die eine Zeile aus dem neuen Album "auch" der Band Die Ärzte ist:
"'Setz dich zur Wehr, stell dich quer.'"