Von Arno Orzessek
Die "SZ" freut sich über die temporeiche und dadaistische Inszenierung von Friedrich Dürrenmatts "Die Physiker" am Schauspielhaus Zürich, die "WELT" feiert Morrissey als treuen musikalischen Begleiter und die "FAZ" gibt Tipps für den Einstieg in den Handydatenklau.
Befassen wir uns zunächst mit dem "Humorteilchenbeschleuniger".
Als einen solchen preist die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG Herbert Fritschs Inszenierung von Friedrich Dürrenmatts Irrenhausspektakel "Die Physiker" am Schauspielhaus Zürich an.
"Was bleibt von Dürrenmatts Holzschnittcharakteren und seinem Hang zum schwarzhumorigen Tiefsinn übrig, wenn Fritsch ihn durch seine Aberwitz-Beschleunigungsanlage jagt wie Atome durch die Röhren der Kernforschungsanlage CERN?"
fragt sich SZ-Autor Peter Laudenbach – und gibt die physikalisch präzise Antwort:
"Die Sinn-Atome krachen aufeinander, um sich im Aufprall in Dada-Elementarteilchen zu verwandeln, womit die Weltformel der Komödie gefunden wäre. […] Die Figuren werden zu Knallchargen – aber weil wir bei Fritsch sind, knallt es dann wenigstens richtig."
Immer wieder nett … solche schrägen Texte, die trotz der Feuilleton-Isierung aller Zeitungsressorts dann doch nur in dem Feuilleton stehen können, das tatsächlich so heißt.
Im Feuilleton der Tageszeitung die WELT wird der – allein unter seinem Nachnamen weltberühmte – Steven Patrick Morrissey gefeiert …
Und zwar weil er, wie die WELT behauptet, "seit dreißig Jahren […] durch seine Lieder an unseren Biografien" mitschreibt.
Bei dem Kürzel "mp" gestaltete sich das so:
"Als ich am 1. Juli 1990 aufwachte, in Ost-Berlin, waren die Läden voller Dinge, die bis dahin nur in West-Berlin zu haben waren. […] Nie wurde so viel geklaut wie in den Wochen nach der Währungsunion. Jugendliche schleppten sich wie Michelin-Männchen aus den Geschäften, auf der Flucht vor Stasi-Offizieren, die für West-Geld nun den Einzelhandel überwachten. Einen Sommer lang begleiteten [mich] die Smith [samt Morrissey] […] mit dem Stimmungslied ‚Shoplifters Of The World Unite‘."
‚shoplifters‘ – dieser Service für alle, die im Englischen so mäßig bewandert sind wie wir selbst - heißt Ladendiebe.
Datendiebe, zumal aus den USA, beschäftigen die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Edo Reents lässt sich von dem IT-Spezialisten Magnus Harlander erklären, wie man Handys abhört, etwa dasjenige Angela Merkels.
"Prinzipiell gibt es mindestens zwei Möglichkeiten. Einmal über einen sogenannten IMSI-Catcher: Der ‚Gegner‘ täuscht gewissermaßen eine Basisstation des Mobilfunkproviders für den Abgehörten vor, bei dem sich das Handy anmeldet, und von der aus er alle Kommunikation überwachen kann, SMSe genauso wie Gespräche. […] Die zweite Möglichkeit ist, dass der Gegner, beispielweise die NSA, der abzuhörenden Person SMSe oder MMSe schickt, mit oder ohne Anhang, die auch unsichtbar sein […] können. So kann das Handy manipuliert und zum Beispiel zusätzliche Software installiert werden."
Falls Sie, liebe Technikfexe, jetzt auch in die modische Handydatenklau-Kriminalität einsteigen wollen, hier noch eine Info des FAZ-Gesprächspartners Harlander:
"So einen IMSI-Catcher kann man sich für 50.000 Euro kaufen oder, in einer erheblich einfacheren Version, mit einem Bausatz für zwei- bis dreihundert Euro selbst zusammenbauen."
Zurück nach Zürich, wo die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG erscheint.
Das NZZ-Feuilleton hat sich frühzeitig Dominik Grafs "Tatort" "Aus der Tiefe der Zeit" angesehen, der am Sonntag ausgestrahlt wird.
"Grafs Krimi weist weg von der Realismusdebatte, ob Polizeiarbeit nun in Wirklichkeit so oder anders abläuft, hin zu jenen klassischen Elementen des Genres, die Gut und Böse verschwimmen ließen, bevor die Quoten diesem die harten Züge ausgetrieben haben. Das Plädoyer für die Lust am Verbrechen darf konsequenterweise in einem grossen Blutbad enden","
schreibt NZZ-Autorin Claudia Schwartz.
Bevor indessen Ihr Sonntagabend missrät, liebe Hörer, hier eine Warnung:
In irgendeinem anderen Feuilleton wird Grafs "Tatort" übel verrissen. Wir haben’s gelesen – wirklich! –, können jetzt aber den Artikel nicht mehr finden. Es ist zum Schreien!
Und das heißt, mit einer traurigen Überschrift aus der BERLINER ZEITUNG: Wir haben für heute ""Auserzählt".
Als einen solchen preist die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG Herbert Fritschs Inszenierung von Friedrich Dürrenmatts Irrenhausspektakel "Die Physiker" am Schauspielhaus Zürich an.
"Was bleibt von Dürrenmatts Holzschnittcharakteren und seinem Hang zum schwarzhumorigen Tiefsinn übrig, wenn Fritsch ihn durch seine Aberwitz-Beschleunigungsanlage jagt wie Atome durch die Röhren der Kernforschungsanlage CERN?"
fragt sich SZ-Autor Peter Laudenbach – und gibt die physikalisch präzise Antwort:
"Die Sinn-Atome krachen aufeinander, um sich im Aufprall in Dada-Elementarteilchen zu verwandeln, womit die Weltformel der Komödie gefunden wäre. […] Die Figuren werden zu Knallchargen – aber weil wir bei Fritsch sind, knallt es dann wenigstens richtig."
Immer wieder nett … solche schrägen Texte, die trotz der Feuilleton-Isierung aller Zeitungsressorts dann doch nur in dem Feuilleton stehen können, das tatsächlich so heißt.
Im Feuilleton der Tageszeitung die WELT wird der – allein unter seinem Nachnamen weltberühmte – Steven Patrick Morrissey gefeiert …
Und zwar weil er, wie die WELT behauptet, "seit dreißig Jahren […] durch seine Lieder an unseren Biografien" mitschreibt.
Bei dem Kürzel "mp" gestaltete sich das so:
"Als ich am 1. Juli 1990 aufwachte, in Ost-Berlin, waren die Läden voller Dinge, die bis dahin nur in West-Berlin zu haben waren. […] Nie wurde so viel geklaut wie in den Wochen nach der Währungsunion. Jugendliche schleppten sich wie Michelin-Männchen aus den Geschäften, auf der Flucht vor Stasi-Offizieren, die für West-Geld nun den Einzelhandel überwachten. Einen Sommer lang begleiteten [mich] die Smith [samt Morrissey] […] mit dem Stimmungslied ‚Shoplifters Of The World Unite‘."
‚shoplifters‘ – dieser Service für alle, die im Englischen so mäßig bewandert sind wie wir selbst - heißt Ladendiebe.
Datendiebe, zumal aus den USA, beschäftigen die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Edo Reents lässt sich von dem IT-Spezialisten Magnus Harlander erklären, wie man Handys abhört, etwa dasjenige Angela Merkels.
"Prinzipiell gibt es mindestens zwei Möglichkeiten. Einmal über einen sogenannten IMSI-Catcher: Der ‚Gegner‘ täuscht gewissermaßen eine Basisstation des Mobilfunkproviders für den Abgehörten vor, bei dem sich das Handy anmeldet, und von der aus er alle Kommunikation überwachen kann, SMSe genauso wie Gespräche. […] Die zweite Möglichkeit ist, dass der Gegner, beispielweise die NSA, der abzuhörenden Person SMSe oder MMSe schickt, mit oder ohne Anhang, die auch unsichtbar sein […] können. So kann das Handy manipuliert und zum Beispiel zusätzliche Software installiert werden."
Falls Sie, liebe Technikfexe, jetzt auch in die modische Handydatenklau-Kriminalität einsteigen wollen, hier noch eine Info des FAZ-Gesprächspartners Harlander:
"So einen IMSI-Catcher kann man sich für 50.000 Euro kaufen oder, in einer erheblich einfacheren Version, mit einem Bausatz für zwei- bis dreihundert Euro selbst zusammenbauen."
Zurück nach Zürich, wo die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG erscheint.
Das NZZ-Feuilleton hat sich frühzeitig Dominik Grafs "Tatort" "Aus der Tiefe der Zeit" angesehen, der am Sonntag ausgestrahlt wird.
"Grafs Krimi weist weg von der Realismusdebatte, ob Polizeiarbeit nun in Wirklichkeit so oder anders abläuft, hin zu jenen klassischen Elementen des Genres, die Gut und Böse verschwimmen ließen, bevor die Quoten diesem die harten Züge ausgetrieben haben. Das Plädoyer für die Lust am Verbrechen darf konsequenterweise in einem grossen Blutbad enden","
schreibt NZZ-Autorin Claudia Schwartz.
Bevor indessen Ihr Sonntagabend missrät, liebe Hörer, hier eine Warnung:
In irgendeinem anderen Feuilleton wird Grafs "Tatort" übel verrissen. Wir haben’s gelesen – wirklich! –, können jetzt aber den Artikel nicht mehr finden. Es ist zum Schreien!
Und das heißt, mit einer traurigen Überschrift aus der BERLINER ZEITUNG: Wir haben für heute ""Auserzählt".