Von Arno Orzessek
Sachsen-Anhalts Kulturnöte, Japans Sexnöte, Berlusconis Liebesnöte, Suhrkamps Geldnöte, Washington Posts Verkaufsnöte und jedermanns Überwachungsnöte beschäftigten diese Woche auch die Feuilletons.
Besonders ernüchternd muss der Blick in die Feuilletons in der vergangenen Woche für Sachsen-Anhalt gewesen sein. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG forderte die Abschaffung des Bundeslandes – aber keineswegs, weil es nichts zu bieten hätte, sondern weil es zu viel zu bieten hat, um sich allein darum kümmern zu können.
"Das Land der Frühaufsteher ächzt unter Weltkulturerbschaften, Domen, Residenzen, Burgen, Theatern, einiges davon wie Luthers Wittenberg und das Dessauer Bauhaus von weltgeschichtlicher Bedeutsamkeit. Es ist darum keine lokale Frage, wie es diesem Land geht. Es geht ihm nicht gut. Seit 1990 sank die Bevölkerung […] von 2,9 auf 2,3 Millionen Einwohner – die Kurve zeigt jenen fast linearen Sinkflug an, von dem Statistiker wissen: Das lässt sich kaum noch stoppen", "
schrieb SZ-Autor Gustav Seibt.
Sein Vorschlag: Potsdam oder Erfurt, die Hauptstädte Brandenburgs und Thüringens, mögen Sachsen-Anhalt mitregieren; das spare zumindest ein bisschen Geld für die reiche Kultur.
Während sich Sachsen-Anhalt also leert, sinkt auch in Japan die Geburtenrate. Aber nicht nur das. Die Japaner haben überhaupt keine Lust mehr. Das beobachtete das Schweizer Erotik-Fachblatt NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
""Die meisten [fliehen] in die Arbeit […]. Für viele Männer bedeutet Lust Trinken in der Männerrunde oder Münzen in den Schlitz einer Maschine in einer lärmenden […] Halle werfen. Aus dem öffentlichen Bereich und von den Arbeitsplätzen ist Sinnlichkeit verbannt, die Vorsichtsmaßnahmen gegen sexuelle Belästigung, zu der es bei so viel Verbot und Selbstbeherrschung zwangsläufig kommt, haben hysterische Ausmaße", "
erklärte NZZ-Autor Leopold Federmaier.
An dieser Stelle sei erwähnt, was Dirk Schümer in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG über den Steuerbetrüger Silvio Berlusconi, seine neue Flamme und deren pompöse Vorstellung vor Berlusconis Römischer Residenz berichtete:
""Die 50 Jahre jüngere Francesca Pascale, die unterm Vesuv in den Niederungen des Billigfernsehens angefangen hat, sich dabei unsterblich in den Bungabungapapst verliebte und dann schnell auf Signora umgestylt und –operieret wurde, schwenkte opernreif vor den Kameras den weißen Familienpudel ‚Dudù‘ und stimmte die Arie der verfolgten Unschuld ihres Herzliebsten an: ‚Ihr bringt ihn mir noch um!"
Nicht seinen Tod verkündet, aber seine Insolvenz angemeldet hat der Berliner Suhrkamp Verlag.
Das klingt eigentlich nicht so gut, soll es aber am Ende sein. Suhrkamp will im Insolvenzverfahren den verhassten Minderheitsgesellschafter Hans Barlach loswerden und dazu seine Rechtsform wechseln: Aktiengesellschaft statt GmbH & Co. KG. In der AG hätte ein Vorstand das Wort, Barlach wäre nur noch Aktionär.
Die TAGESZEITUNG sah immerhin eine Gefahr.
"Viele Autoren des Verlags könnten nun […] sofort ihre Rechte zurückfordern und einen neuen Verlag suchen. So geschah es bei der Insolvenz des Aufbau Verlags. Viele werden wohl bleiben. Doch so oder so ist es ein sehr riskantes Spiel", "
warnte Jörg Sundermeier.
Für Hans Barlach brachte die vergangene Woche neben Suhrkamps Insolvenz, die er vergeblich zu verhindern suchte, noch eine weitere Niederlage. Auch sein Eilantrag auf die Absetzung der Suhrkamp-Geschäftsführung um Ulla Unseld Berkewicz wurde abgelehnt.
"Suhrkamp in Siegerlaune", jubelte die FAZ, bekannt als Suhrkamp-Parteigängerin.
Auch in der SZ wurde Barlach als Trotzkopf gebrandmarkt.
""Das juristische Bombardement, mit der er seine Kontrahenten bei Suhrkamp […] eindeckt, ist selbst für Akteure, die auf den juristischen Kampffeldern abgebrüht sind, extrem. Insbesondere seit Einleitung des Schutzschirmverfahrens Ende Mai, das nun […] in das endgültige Insolvenzverfahren übergegangen ist […], sieht er seine Felle davonschwimmen. Umso hektischer, ja fieberhafter geht er daran, das Kriegslos gegen alle Wahrscheinlichkeit noch einmal zu seinen Gunsten zu wenden", "
distanzierte sich SZ-Autor Andreas Zielcke von Hans Barlach.
Suhrkamp gegen Barlach, das ist ein Dauerbrenner. Die Nachricht vom Verkauf der WASHINGTON POST hatte dagegen die Frische der Sensationen – auch für FAZ-Autor Patrick Bahners:
""Es ist die Art von Nachricht, von der man jetzt schon weiß, dass man sich daran erinnern wird, wo man war, als man sie gehört hat. Jedenfalls den Journalisten in den Vereinigten Staaten ging es so, als die ‚Washington Post‘ […] bekannt gab, dass sie verkauft wird: An Jeff Bezos, den Gründer des Internet-Versandhauses Amazon. James Fallows, […] Doyen der medienethischen Selbstbeobachter, notiert, dass er die Sensation über Twitter erfuhr: ‚Ich bin sicher, es ist ein Ereignis des Typus: die Episode, in der sich ein Zeitalter zusammenzieht.‘"
Selbiges gilt für Edward Snowdens Offenlegung der globalen, Internet-basierten Schnüffelei durch die amerikanischen Geheimdienste.
"Wer hat das Internet verraten?" fragte nun die Wochenzeitung DIE ZEIT – und übermittelte nicht zuletzt die Antwort der Piratin Anke Domscheit-Berg.
"Die Giganten, die der junge Weltmarkt Internet hat entstehen lassen, haben ihren Teil dazu beigetragen, uns […] Zugang zum intellektuellen Erbe aller zu ermöglichen. YouTube mag ein Monopolunternehmen sein, aber dass mehr als eine halbe Million Menschen in einer Woche das Video Was ist ein Überwachungsstaa?t angeschaut haben, ist einfach großartig. Dennoch ist es problematisch, dass so viele der Dienste […] Monopole sind, die zusätzlich ihre Server in den USA stehen haben und damit dem Patriot Act […] unterliegen, denn das revolutionäre Potenzial des Internets basiert auf seiner dezentralen Struktur." –"
Ja, Mensch, liebe Hörer! Wie Sie am Anfang vielleicht gemerkt haben, wollten wir Ihnen einen lustigen Wochenrückblick schreiben. Aber dann haben sich all die bierernsten Themen wie von selbst in die Tastatur gehackt.
Und jetzt ist es zu spät, um noch einmal die Tonlage zu wechseln. Im Gegenteil, wir enden mit einer sehr aschigen Einsicht aus Jérôme Ferraris Roman "Predigt auf den Untergang" – die SZ hat sie überliefert.
""‚Die Welt ist wie ein Mensch: Sie wird geboren, sie wird groß und sie stirbt.‘"
Bis dahin dauert es aber noch etwas. Darum: Schönen Sonntag!
"Das Land der Frühaufsteher ächzt unter Weltkulturerbschaften, Domen, Residenzen, Burgen, Theatern, einiges davon wie Luthers Wittenberg und das Dessauer Bauhaus von weltgeschichtlicher Bedeutsamkeit. Es ist darum keine lokale Frage, wie es diesem Land geht. Es geht ihm nicht gut. Seit 1990 sank die Bevölkerung […] von 2,9 auf 2,3 Millionen Einwohner – die Kurve zeigt jenen fast linearen Sinkflug an, von dem Statistiker wissen: Das lässt sich kaum noch stoppen", "
schrieb SZ-Autor Gustav Seibt.
Sein Vorschlag: Potsdam oder Erfurt, die Hauptstädte Brandenburgs und Thüringens, mögen Sachsen-Anhalt mitregieren; das spare zumindest ein bisschen Geld für die reiche Kultur.
Während sich Sachsen-Anhalt also leert, sinkt auch in Japan die Geburtenrate. Aber nicht nur das. Die Japaner haben überhaupt keine Lust mehr. Das beobachtete das Schweizer Erotik-Fachblatt NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
""Die meisten [fliehen] in die Arbeit […]. Für viele Männer bedeutet Lust Trinken in der Männerrunde oder Münzen in den Schlitz einer Maschine in einer lärmenden […] Halle werfen. Aus dem öffentlichen Bereich und von den Arbeitsplätzen ist Sinnlichkeit verbannt, die Vorsichtsmaßnahmen gegen sexuelle Belästigung, zu der es bei so viel Verbot und Selbstbeherrschung zwangsläufig kommt, haben hysterische Ausmaße", "
erklärte NZZ-Autor Leopold Federmaier.
An dieser Stelle sei erwähnt, was Dirk Schümer in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG über den Steuerbetrüger Silvio Berlusconi, seine neue Flamme und deren pompöse Vorstellung vor Berlusconis Römischer Residenz berichtete:
""Die 50 Jahre jüngere Francesca Pascale, die unterm Vesuv in den Niederungen des Billigfernsehens angefangen hat, sich dabei unsterblich in den Bungabungapapst verliebte und dann schnell auf Signora umgestylt und –operieret wurde, schwenkte opernreif vor den Kameras den weißen Familienpudel ‚Dudù‘ und stimmte die Arie der verfolgten Unschuld ihres Herzliebsten an: ‚Ihr bringt ihn mir noch um!"
Nicht seinen Tod verkündet, aber seine Insolvenz angemeldet hat der Berliner Suhrkamp Verlag.
Das klingt eigentlich nicht so gut, soll es aber am Ende sein. Suhrkamp will im Insolvenzverfahren den verhassten Minderheitsgesellschafter Hans Barlach loswerden und dazu seine Rechtsform wechseln: Aktiengesellschaft statt GmbH & Co. KG. In der AG hätte ein Vorstand das Wort, Barlach wäre nur noch Aktionär.
Die TAGESZEITUNG sah immerhin eine Gefahr.
"Viele Autoren des Verlags könnten nun […] sofort ihre Rechte zurückfordern und einen neuen Verlag suchen. So geschah es bei der Insolvenz des Aufbau Verlags. Viele werden wohl bleiben. Doch so oder so ist es ein sehr riskantes Spiel", "
warnte Jörg Sundermeier.
Für Hans Barlach brachte die vergangene Woche neben Suhrkamps Insolvenz, die er vergeblich zu verhindern suchte, noch eine weitere Niederlage. Auch sein Eilantrag auf die Absetzung der Suhrkamp-Geschäftsführung um Ulla Unseld Berkewicz wurde abgelehnt.
"Suhrkamp in Siegerlaune", jubelte die FAZ, bekannt als Suhrkamp-Parteigängerin.
Auch in der SZ wurde Barlach als Trotzkopf gebrandmarkt.
""Das juristische Bombardement, mit der er seine Kontrahenten bei Suhrkamp […] eindeckt, ist selbst für Akteure, die auf den juristischen Kampffeldern abgebrüht sind, extrem. Insbesondere seit Einleitung des Schutzschirmverfahrens Ende Mai, das nun […] in das endgültige Insolvenzverfahren übergegangen ist […], sieht er seine Felle davonschwimmen. Umso hektischer, ja fieberhafter geht er daran, das Kriegslos gegen alle Wahrscheinlichkeit noch einmal zu seinen Gunsten zu wenden", "
distanzierte sich SZ-Autor Andreas Zielcke von Hans Barlach.
Suhrkamp gegen Barlach, das ist ein Dauerbrenner. Die Nachricht vom Verkauf der WASHINGTON POST hatte dagegen die Frische der Sensationen – auch für FAZ-Autor Patrick Bahners:
""Es ist die Art von Nachricht, von der man jetzt schon weiß, dass man sich daran erinnern wird, wo man war, als man sie gehört hat. Jedenfalls den Journalisten in den Vereinigten Staaten ging es so, als die ‚Washington Post‘ […] bekannt gab, dass sie verkauft wird: An Jeff Bezos, den Gründer des Internet-Versandhauses Amazon. James Fallows, […] Doyen der medienethischen Selbstbeobachter, notiert, dass er die Sensation über Twitter erfuhr: ‚Ich bin sicher, es ist ein Ereignis des Typus: die Episode, in der sich ein Zeitalter zusammenzieht.‘"
Selbiges gilt für Edward Snowdens Offenlegung der globalen, Internet-basierten Schnüffelei durch die amerikanischen Geheimdienste.
"Wer hat das Internet verraten?" fragte nun die Wochenzeitung DIE ZEIT – und übermittelte nicht zuletzt die Antwort der Piratin Anke Domscheit-Berg.
"Die Giganten, die der junge Weltmarkt Internet hat entstehen lassen, haben ihren Teil dazu beigetragen, uns […] Zugang zum intellektuellen Erbe aller zu ermöglichen. YouTube mag ein Monopolunternehmen sein, aber dass mehr als eine halbe Million Menschen in einer Woche das Video Was ist ein Überwachungsstaa?t angeschaut haben, ist einfach großartig. Dennoch ist es problematisch, dass so viele der Dienste […] Monopole sind, die zusätzlich ihre Server in den USA stehen haben und damit dem Patriot Act […] unterliegen, denn das revolutionäre Potenzial des Internets basiert auf seiner dezentralen Struktur." –"
Ja, Mensch, liebe Hörer! Wie Sie am Anfang vielleicht gemerkt haben, wollten wir Ihnen einen lustigen Wochenrückblick schreiben. Aber dann haben sich all die bierernsten Themen wie von selbst in die Tastatur gehackt.
Und jetzt ist es zu spät, um noch einmal die Tonlage zu wechseln. Im Gegenteil, wir enden mit einer sehr aschigen Einsicht aus Jérôme Ferraris Roman "Predigt auf den Untergang" – die SZ hat sie überliefert.
""‚Die Welt ist wie ein Mensch: Sie wird geboren, sie wird groß und sie stirbt.‘"
Bis dahin dauert es aber noch etwas. Darum: Schönen Sonntag!