Von Arno Orzessek

"Die Welt" schreibt über die Sexfantasien der Deutschen und hat dabei nicht viel herausgefunden, die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schwärmt von den Höhlenmalereien von Altamira und "Die Neue Züricher Zeitung" schreibt über unflätige Bemerkungen britischer Musiker.
"Die Welt" schreibt über die Sexfantasien der Deutschen und hat dabei nicht viel herausgefunden, die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schwärmt von den Höhlenmalereien von Altamira und "Die Neue Züricher Zeitung" schreibt über unflätige Bemerkungen britischer Musiker.

"Was Sie immer schon über Sex wissen wollten",

liebe Hörer, erfahren Sie unter der gleichnamigen Überschrift in der Tageszeitung DIE WELT.

Weil es indessen mit der Spannung so ist wie mit der Lust - beide lassen sich durch gezielte Verzögerungen steigern -, verraten wir die Einzelheiten erst später. Zunächst zu Stoffen ohne libidinöse Tendenz.

"Papa, das sind Ochsen!"

titelt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.

Und gibt damit wieder, was die achtjährige Maria Sanz de Sautuola 1879 ausrief, als sie in den Höhlen von Altamira eine jener Malereien entdeckte, die heute Weltkulturerbe sind.

Über die Ausstellung "Kunst in der Epoche von Altamira", die nun in Santander gezeigt wird, schwärmt Paul Ingendaay:

"Die Werke sollen vor allem bezaubern. [ ... ]. Das Anrührende [ ... ] ist ihre handwerkliche Meisterschaft, der sofort erkennbare Willen zur - ja, was? Formgebung? Sinnstiftung? Zur ästhetischen Geste? Statt in die Deutungsroutine zu verfallen, brauchen wir diesmal nichts weiter zu tun, als hinzuschauen."

Nur ja wegzuhören: Das empfehlen diverse Pop-Bands dem britischen Premier David Cameron - und nicht erst in diesen Tagen.

Marion Löhndorf zitiert in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG einen Tweet, den Johnny Marr, Gitarrist der 1987 aufgelösten Band The Smith, 2006 an Cameron geschickt hat - und zwar, nachdem dieser gesäuselt hatte, auf die berühmte einsame Insel würde er am liebsten Musik von Smith mitnehmen.

"‘David Cameron, stop saying you like the Smith, no you don't. I forbid you to like it.'”"

Frei übertragen: 'David, hör' bloß auf zu prahlen, dass du die Schmitts magst. Du magst sie auf gar keinen Fall. Ich verbiete es dir.‘

Auch Thom Yorke, der Sänger von Radiohead, verschmäht des biederen Cameron Zuneigung und untersagt ihm, im Wahlkampf Radiohead-Mucke zu gebrauchen.

""‘I'd sue the living shit out of him if he did‘”",

warnt Yorke - und weil die NZZ die Kraftmeierei nicht übersetzt, tun wir's auch nicht ...

Zumal der Berliner TAGESSPIEGEL Unflat auch in unserer Sprache anbietet.

""‘Hinterfotziges Arschloch‘" und "‘Puffgänger‘" habe der TV-Sittenstrolch Kurt Krömer während der Aufzeichnung seiner "Late Night Show" den Studiogast Matthias Matussek genannt.

Weshalb der ehrpusselige Katholik und SPIEGEL-Autor die Ausstrahlung am kommenden Samstag per einstweiliger Verfügung zu verhindern suchte - aber vergeblich.

"Kurt Krömer "[so das Landgericht Hamburg]" sei 'eine Kunstfigur‘, die sich 'einer bewusst distanzlosen Sprache‘ bediene, 'um die Gäste zu provozieren‘. Dies seien seine 'Stilmittel‘ und 'Markenzeichen‘ und deshalb keine Beleidigung im strafrechtlichen Sinne",

referiert Sonja Alvarez im TAGESSPIEGEL.

"Brüste auf Baryt" nennt die SZ ihre Besprechung der Berliner Aktfotografie-Ausstellung "Die nackte Wahrheit".

Am Beispiel des Fotografen Robert Mapplethorpe kommt Catrin Lorch auf die ominöse Grenze zwischen Akt und Porno zu sprechen.

"Die Auseinandersetzung um den Kunstwert von Mapplethorpe, der ungeniert auch auf die schwarzen Schwänze seiner Liebhaber fokussierte, waren für Definitionsfragen [ ... ] durchaus ergiebig. Als das Whitney-Museum ihm [ ... ] eine der ersten amerikanischen Werkschauen ausrichtete, konfrontierten Kritiker [ ... ] einen befreundeten Porno-Händler mit den als zu explizit empfundenen Motiven. Dessen Diktum 'zu persönlich, kann nichts davon gebrauchen‘ klang überzeugender als das Urteil eines Sachverständigen."

Gott sei Dank bleiben jetzt nur noch Sekunden, Ihnen endlich mit der WELT zu sagen, "Was Sie schon immer über Sex wissen wollten".

Denn offenbar ist es nicht viel.

Alan Posener berichtet, dass der Sachbuchautor Gerhard Haase-Hindenberg die "erotischen Fantasien der Deutschen" erforscht hat - die aber "so fantasiereich nun auch nicht sind: Auch beim Sex wird die Kreativität überschätzt."

Falls Sie das genauso erleben, liebe Hörer, aber irgendwie bedauern, dann halten Sie sich doch beim nächsten Gebrauch Ihrer Haut an die Parole, die in der FAZ Überschrift wurde:

"Es ist noch nicht zu spät, etwas zu tun."