Von Arno Orzessek
Das Feuilleton gratuliert dem US-Schriftsteller Philip Roth, der heute 80 Jahre alt wird. Die "SZ" beschäftigt sich mit dem Thema Kapitalismus: mit der Geldschöpfung fahre der Kapitalismus gegen die Wand, behauptet Globalisierungskritiker Chandran Nair im Interview. Und die "FAZ" und "NZZ" blicken nach China.
"Athen ist fern, Berlin noch ferner: Warum gehört Zypern trotzdem zu Europa?", "
fragt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus gegebenem Anlass.
Johan Schloeman antwortet ... etwas verblasen:
""Weil Aphrodite, die Göttin der Liebe, aus dem Schaum geboren wurde und an den Gestaden Zyperns dem Meer entstieg. Laut dem Philosophen Peter Sloterdijk [ ... ] verkörpert die Schaumgeborene, mirakulös gezeugt aus dem ins Meer herabgefallenen Ejakulat des Urgottes Uranos, das generative Prinzip des Abendlandes. Diesem generativen Prinzip kann man mit guten Gründen auch die Erfindung der Geldschöpfung zurechnen."
Mit der Geldschöpfung begann der Kapitalismus - und der fährt "rumms" gegen die Wand, wenn's so weitergeht. Das behauptet, ebenfalls in der SZ, der Globalisierungs-Theoretiker Chandran Nair.
"Im Jahr 2060 wird es etwa fünf Milliarden Asiaten geben. Wenn alle diese Menschen denselben Lebensstandard haben wollen wie die etwa 600 Millionen First-Class-Konsumenten in Amerika und Europa heute, wird unser Planet zusammenbrechen. Deshalb müssen die Asiaten leider verstehen, dass sie zu spät kommen: Die Party ist vorbei."
Dem Westen wirft Nair vor, die Rechte des Individuums blindwütig über diejenigen des Kollektivs zu stellen, mit den Menschenrechten globale Machtspielchen zu spielen und unterdessen von der Ausbeutung asiatischer Niedriglohnarbeiter zu profitieren.
Doch irgendwann, so Nair, wird der Westen dem Druck asiatischer Kollektivideale erliegen:
"Wenn ich dann Auto fahren möchte, werde ich auch einen realistischen Preis bezahlen müssen. Der liegt mindestens tausend Prozent über dem, was die Europäer heute fürs Autofahren ausgeben. Wer sich die Arbeitsbedingungen beim chinesischen Hersteller Foxconn anschaut, versteht sofort, dass ein iPad eigentlich 5000 Dollar kosten müsste."
SZ-Leser, die ein gutes Gewissen als Ruhekissen schätzen und trotzdem frohgemut konsumieren wollen, sollten das Interview geflissentlich überblättern.
"China schlief, aus tiefstem Traum ist es erwacht",
dichtet die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Wie Mark Siemons berichtet, diskutieren die Chinesen nach dem Führungswechsel in der Kommunistischen Partei darüber, "wie universalistisch die eigene Kultur sein kann und vor allem soll" - es springe aber nur wenig dabei heraus.
"Die Repression und Korruption der Einparteienherrschaft sorgen ohnehin dafür, dass das gegenwärtige China für die Außenwelt nicht allzu attraktiv wirkt. Doch auch in der Vermittlung der alten Kultur [ ... ] ist die Volksrepublik [ ... ] erstaunlich erfolglos. Es sind meistens ausländische Sinologen, Philosophen, Kulturpolitiker und Buddhisten, die von der Universalität dieser Kultur überzeugt sind, nicht aber die Chinesen selbst. "
"Qin - Der unsterbliche Kaiser und seine Terrakottakrieger" heißt eine Ausstellung im Historischen Museum in Bern.
In ihrer Besprechung verbeugt sich die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aber nicht vor den Chinesen, sondern vor den Deutschen - von denen sie offenbar glaubt, sie würden Schina sagen, statt China:
"Die Deutschen wissen es einfach besser: Mit ihrer weichen Aussprache der beiden ersten Buchstaben von 'China‘ wie in Schaumwein, keinesfalls aber als helvetisches 'ch‘ wie in 'Chlöpfmotsch‘, sind sie weiter näher an der ursprünglichen Bezeichnung für das asiatische Riesenreich. Qin - seinerseits wiederum ausgesprochen wie in Gin Tonic - war der Name eines Gebiets in Zentralchina, sodann eines Volkes und auch eines Fürstentums [ ... ]. Qin soll auch die Wurzel des heutigen Begriffs 'China‘ bilden, auch wenn dies mittlerweile von der Forschung wieder in Zweifel gezogen wird."
Okay, das dazu.
Was wir bis hierher gesagt haben, diente einem geheimen Zweck: Wir wollten aus der heutigen Kulturpresseschau keine monothematische Geburtstagsparty für Philip Roth machen, der an diesem Dienstag 80 Jahre alt wird. Obwohl uns der Sinn danach stand.
Und jetzt haben wir den Schlamassel: Wir müssen schnurstracks zum Ende kommen.
Der Berliner TAGESSPIEGEL findet das Lebenswerk des Autors von "Der menschliche Makel" schlicht "makellos".
Wir finden an diesem Urteil nichts zu mäkeln und sagen nur: herzlichen Glückwunsch, Philip Roth!
fragt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG aus gegebenem Anlass.
Johan Schloeman antwortet ... etwas verblasen:
""Weil Aphrodite, die Göttin der Liebe, aus dem Schaum geboren wurde und an den Gestaden Zyperns dem Meer entstieg. Laut dem Philosophen Peter Sloterdijk [ ... ] verkörpert die Schaumgeborene, mirakulös gezeugt aus dem ins Meer herabgefallenen Ejakulat des Urgottes Uranos, das generative Prinzip des Abendlandes. Diesem generativen Prinzip kann man mit guten Gründen auch die Erfindung der Geldschöpfung zurechnen."
Mit der Geldschöpfung begann der Kapitalismus - und der fährt "rumms" gegen die Wand, wenn's so weitergeht. Das behauptet, ebenfalls in der SZ, der Globalisierungs-Theoretiker Chandran Nair.
"Im Jahr 2060 wird es etwa fünf Milliarden Asiaten geben. Wenn alle diese Menschen denselben Lebensstandard haben wollen wie die etwa 600 Millionen First-Class-Konsumenten in Amerika und Europa heute, wird unser Planet zusammenbrechen. Deshalb müssen die Asiaten leider verstehen, dass sie zu spät kommen: Die Party ist vorbei."
Dem Westen wirft Nair vor, die Rechte des Individuums blindwütig über diejenigen des Kollektivs zu stellen, mit den Menschenrechten globale Machtspielchen zu spielen und unterdessen von der Ausbeutung asiatischer Niedriglohnarbeiter zu profitieren.
Doch irgendwann, so Nair, wird der Westen dem Druck asiatischer Kollektivideale erliegen:
"Wenn ich dann Auto fahren möchte, werde ich auch einen realistischen Preis bezahlen müssen. Der liegt mindestens tausend Prozent über dem, was die Europäer heute fürs Autofahren ausgeben. Wer sich die Arbeitsbedingungen beim chinesischen Hersteller Foxconn anschaut, versteht sofort, dass ein iPad eigentlich 5000 Dollar kosten müsste."
SZ-Leser, die ein gutes Gewissen als Ruhekissen schätzen und trotzdem frohgemut konsumieren wollen, sollten das Interview geflissentlich überblättern.
"China schlief, aus tiefstem Traum ist es erwacht",
dichtet die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
Wie Mark Siemons berichtet, diskutieren die Chinesen nach dem Führungswechsel in der Kommunistischen Partei darüber, "wie universalistisch die eigene Kultur sein kann und vor allem soll" - es springe aber nur wenig dabei heraus.
"Die Repression und Korruption der Einparteienherrschaft sorgen ohnehin dafür, dass das gegenwärtige China für die Außenwelt nicht allzu attraktiv wirkt. Doch auch in der Vermittlung der alten Kultur [ ... ] ist die Volksrepublik [ ... ] erstaunlich erfolglos. Es sind meistens ausländische Sinologen, Philosophen, Kulturpolitiker und Buddhisten, die von der Universalität dieser Kultur überzeugt sind, nicht aber die Chinesen selbst. "
"Qin - Der unsterbliche Kaiser und seine Terrakottakrieger" heißt eine Ausstellung im Historischen Museum in Bern.
In ihrer Besprechung verbeugt sich die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aber nicht vor den Chinesen, sondern vor den Deutschen - von denen sie offenbar glaubt, sie würden Schina sagen, statt China:
"Die Deutschen wissen es einfach besser: Mit ihrer weichen Aussprache der beiden ersten Buchstaben von 'China‘ wie in Schaumwein, keinesfalls aber als helvetisches 'ch‘ wie in 'Chlöpfmotsch‘, sind sie weiter näher an der ursprünglichen Bezeichnung für das asiatische Riesenreich. Qin - seinerseits wiederum ausgesprochen wie in Gin Tonic - war der Name eines Gebiets in Zentralchina, sodann eines Volkes und auch eines Fürstentums [ ... ]. Qin soll auch die Wurzel des heutigen Begriffs 'China‘ bilden, auch wenn dies mittlerweile von der Forschung wieder in Zweifel gezogen wird."
Okay, das dazu.
Was wir bis hierher gesagt haben, diente einem geheimen Zweck: Wir wollten aus der heutigen Kulturpresseschau keine monothematische Geburtstagsparty für Philip Roth machen, der an diesem Dienstag 80 Jahre alt wird. Obwohl uns der Sinn danach stand.
Und jetzt haben wir den Schlamassel: Wir müssen schnurstracks zum Ende kommen.
Der Berliner TAGESSPIEGEL findet das Lebenswerk des Autors von "Der menschliche Makel" schlicht "makellos".
Wir finden an diesem Urteil nichts zu mäkeln und sagen nur: herzlichen Glückwunsch, Philip Roth!