Von Arno Orzessek
Die neuen Medien haben in den neuen Feuilletons keine gute Presse: Die „FAZ“ lässt sich über Twitter und Amazon aus und die „taz“ probiert erfolglos eine Facebook-App. Die „SZ“ lässt kein gutes Haar am ARD-Film über den Reichstagsbrand, ins Kino gehen dagegen lohnt laut „FR“ und „taz“.
„Ich facebooke, ich google plusse, ich podcaste, ich twittere“, "
erklärt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Christopher Lauer…. Was niemanden überraschen dürfte, ist Lauer doch Vorsitzender der Piraten-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Und diese Piraten, deren Faible fürs Digitale zum Markenkern zählt, die facebooken und google plussen halt – egal, wie laut die deutsche, oder besser: die denglische Sprache dabei aufschreit. Überraschend indessen, dass Lauer künftig keine 140 Zeichen-Botschaften mehr tippen will:
„"Twitter ist für mich gestorben. Das Gezwitscher bringt nichts.“
Zur Begründung bündelt der Pirat genau die Argumente, die Skeptiker schon immer vom Zwitschern abgehalten haben.
„Twitter [kostet] Zeit. Jeden Tag geht […] mindestens eine Stunde dafür drauf. Das sind 166 Acht-Stunden-Arbeitstage seit 2009, die ich nur mit Twitter verbracht habe. […] Jeden Tag aufstehen und mindestens einen doofen Kommentar, eine Beleidigung lesen. […] Am Ende summieren sich bei mir verlorene Zeit und Nerven, sozialer Stress und zerfaserte Kommunikation sowie mediale Super-GAUs zu verlorener Produktivität“, "
klagt Christopher Lauer in der FAZ. Die auch berichtet, dass der Internet-Versandhändler Amazon nach dem ARD-Bericht über miese Leiharbeits-Methoden und noch miesere Sicherheitsfirmen viele Kunden verliert. „Die Welle gegen Amazon rollt“, konstatiert Jan Wiele und zitiert den Verleger André Thiele, der Amazon wissen ließ:
„"‘[Ich habe mich] immer wieder selbst mit verschiedenen Argumenten überzeugt, dass es doch wichtig sei, mit einem zukunftsträchtigen Unternehmen wie dem Ihren zusammen zu arbeiten. Aber der Punkt ist ja – und das ist es, was der ARD-Bericht zutage gebracht hat –, dass Sie keine Zukunft haben. Ein Geschäftsmodell im Vertrieb, das weder den Lieferanten noch den eigenen Mitarbeiter die Luft zum Atmen lässt, hat keine Zukunft‘“, "
wettert der Verleger Thiele im FAZ-Artikel von Jan Wiele. Von einem ganz anderen Netz-Angebot enttäuscht zeigt sich Margarete Stokowski in der TAGESZEITUNG… Obwohl sie anfangs interessiert war:
„"Nachdem ich von der neuen Facebook-App ‚Bang with friends‘ (‚Mit Freunden vögeln‘) gehört hatte, konnte ich nicht anders, als sie zu testen. Aus beruflichen Gründen. Zum Recherchieren. Quasi.“
Die TAZ-Autorin suchte also unter ihren 375 „Facebook-FreundInnen“ 8 Männer und 13 Frauen aus, die für bangin‘ in Frage kommen. Und dann ging es so weiter:
„Wenn man ebenfalls angeklickt wird, bekommt man eine Mail mit der Aufforderung, man möge die jeweilige Person nun bitte vögeln, Betreff: ‚It’s bangin‘ time!‘ (‚Es ist Fickzeit!‘) Ich bekam noch am selben Tag drei solche Mails. Von drei KollegInnen, die die Sache aus mal ausprobieren wollten. ‚Zum Recherchieren‘, sagte alle drei. Mehr kam nicht.“
Die neuen Medien haben in den neuen Feuilletons also keine gute Presse. Gleiches gilt auch für den Reichstagsbrand-Film „Nacht über Berlin“ mit Jan-Josef Liefers und Anna Loos, der an diesem Mittwoch in der ARD läuft.
„Trotz der eigentlich dramatischen Zuspitzung der Ereignisse wirkt […] das ganze Drama dröge, steif, kulissenhaft, steril. Und so passiert das Schlimmste, was einem Film über den Reichstagsbrand passieren kann: Man erwischt sich bei der ungeduldigen Frage, wann er denn nun endlich brennt“, "
bekennt Johan Schloemann in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Als schalten wir nach dem Computer auch die Flimmerkiste aus und gehen schlussendlich ins Kino.
„"Eine Studie zweier Männer, keine über Scientology – das und ein Meisterwerk ist ‚The Master‘“, "
jubelt Anke Westphal in der FRANKFURTER RUNDSCHAU über den Film von Paul Thomas Anderson, in dem Philip Seymour Hoffmann und Joaquin Phoenix die Hauptrollen spielen. Diedrich Diederichsen erfindet in der TAZ die Gattung „Full-Service-Film“ und erklärt:
„"Man hat von Beginn an das Gefühl, ein zuverlässig gewartetes, perfekt organisiertes ästhetisches Universum betreten zu haben, in dem an alles gedacht und alles geregelt ist.“
Klingt entspannt – oder? Und für die älteren Männer unter uns kommt’s noch besser – liefert „The Master“ laut TAZ doch: „Frischzellen für den Patriarchenkörper“.
erklärt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Christopher Lauer…. Was niemanden überraschen dürfte, ist Lauer doch Vorsitzender der Piraten-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Und diese Piraten, deren Faible fürs Digitale zum Markenkern zählt, die facebooken und google plussen halt – egal, wie laut die deutsche, oder besser: die denglische Sprache dabei aufschreit. Überraschend indessen, dass Lauer künftig keine 140 Zeichen-Botschaften mehr tippen will:
„"Twitter ist für mich gestorben. Das Gezwitscher bringt nichts.“
Zur Begründung bündelt der Pirat genau die Argumente, die Skeptiker schon immer vom Zwitschern abgehalten haben.
„Twitter [kostet] Zeit. Jeden Tag geht […] mindestens eine Stunde dafür drauf. Das sind 166 Acht-Stunden-Arbeitstage seit 2009, die ich nur mit Twitter verbracht habe. […] Jeden Tag aufstehen und mindestens einen doofen Kommentar, eine Beleidigung lesen. […] Am Ende summieren sich bei mir verlorene Zeit und Nerven, sozialer Stress und zerfaserte Kommunikation sowie mediale Super-GAUs zu verlorener Produktivität“, "
klagt Christopher Lauer in der FAZ. Die auch berichtet, dass der Internet-Versandhändler Amazon nach dem ARD-Bericht über miese Leiharbeits-Methoden und noch miesere Sicherheitsfirmen viele Kunden verliert. „Die Welle gegen Amazon rollt“, konstatiert Jan Wiele und zitiert den Verleger André Thiele, der Amazon wissen ließ:
„"‘[Ich habe mich] immer wieder selbst mit verschiedenen Argumenten überzeugt, dass es doch wichtig sei, mit einem zukunftsträchtigen Unternehmen wie dem Ihren zusammen zu arbeiten. Aber der Punkt ist ja – und das ist es, was der ARD-Bericht zutage gebracht hat –, dass Sie keine Zukunft haben. Ein Geschäftsmodell im Vertrieb, das weder den Lieferanten noch den eigenen Mitarbeiter die Luft zum Atmen lässt, hat keine Zukunft‘“, "
wettert der Verleger Thiele im FAZ-Artikel von Jan Wiele. Von einem ganz anderen Netz-Angebot enttäuscht zeigt sich Margarete Stokowski in der TAGESZEITUNG… Obwohl sie anfangs interessiert war:
„"Nachdem ich von der neuen Facebook-App ‚Bang with friends‘ (‚Mit Freunden vögeln‘) gehört hatte, konnte ich nicht anders, als sie zu testen. Aus beruflichen Gründen. Zum Recherchieren. Quasi.“
Die TAZ-Autorin suchte also unter ihren 375 „Facebook-FreundInnen“ 8 Männer und 13 Frauen aus, die für bangin‘ in Frage kommen. Und dann ging es so weiter:
„Wenn man ebenfalls angeklickt wird, bekommt man eine Mail mit der Aufforderung, man möge die jeweilige Person nun bitte vögeln, Betreff: ‚It’s bangin‘ time!‘ (‚Es ist Fickzeit!‘) Ich bekam noch am selben Tag drei solche Mails. Von drei KollegInnen, die die Sache aus mal ausprobieren wollten. ‚Zum Recherchieren‘, sagte alle drei. Mehr kam nicht.“
Die neuen Medien haben in den neuen Feuilletons also keine gute Presse. Gleiches gilt auch für den Reichstagsbrand-Film „Nacht über Berlin“ mit Jan-Josef Liefers und Anna Loos, der an diesem Mittwoch in der ARD läuft.
„Trotz der eigentlich dramatischen Zuspitzung der Ereignisse wirkt […] das ganze Drama dröge, steif, kulissenhaft, steril. Und so passiert das Schlimmste, was einem Film über den Reichstagsbrand passieren kann: Man erwischt sich bei der ungeduldigen Frage, wann er denn nun endlich brennt“, "
bekennt Johan Schloemann in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Als schalten wir nach dem Computer auch die Flimmerkiste aus und gehen schlussendlich ins Kino.
„"Eine Studie zweier Männer, keine über Scientology – das und ein Meisterwerk ist ‚The Master‘“, "
jubelt Anke Westphal in der FRANKFURTER RUNDSCHAU über den Film von Paul Thomas Anderson, in dem Philip Seymour Hoffmann und Joaquin Phoenix die Hauptrollen spielen. Diedrich Diederichsen erfindet in der TAZ die Gattung „Full-Service-Film“ und erklärt:
„"Man hat von Beginn an das Gefühl, ein zuverlässig gewartetes, perfekt organisiertes ästhetisches Universum betreten zu haben, in dem an alles gedacht und alles geregelt ist.“
Klingt entspannt – oder? Und für die älteren Männer unter uns kommt’s noch besser – liefert „The Master“ laut TAZ doch: „Frischzellen für den Patriarchenkörper“.