Von Arno Orzessek
Die Hölle, der Sex und die Sprache: Das sind die interessantesten Themen im aktuellen Feuilleton ... oder vielleicht die interessantesten Themen überhaupt.
Die Hölle, der Sex und die Sprache: Das sind die interessantesten Themen im aktuellen Feuilleton ... oder vielleicht die interessantesten Themen überhaupt.
In der FRANKUFRTER ALLGEMEINEN ZEITUNG"" kann man nachlesen, wie Satan als verwiesener Engel des Himmels durchs Chaos reist, um die Menschen zu verführen:
" ... so versessen sucht der Böse / Durch Sumpf und Stich und Sattel, Dick und Dünn, / Mit Kopf, Hand, Fuß und Flügel sich den Weg / Und schwimmt und sinkt und watet, kriecht und fliegt ... "
Allerdings hat sich diesen Wortlaut kein FAZ-Redakteur ausgedacht, sondern der englische Dichter John Milton. Und zwar für sein gigantisches Epos Paradise Lost, erschienen im Jahr 1667 und aus dem Gedächtnis diktiert, denn Milton war bereits erblindet.
Die FAZ feiert Johns Miltons 400. Geburtstag in der nächsten Woche mit einem Beitrag des englischen Schriftstellers Philip Pullman.
"Ich hatte das Glück [schreibt Pullman], dem Werk [Paradise Lost] schon mit sechzehn zu begegnen, und unser Lehrer wusste, dass Gedichte vor allem gesprochen und gehört werden müssen. Also lasen wir es zunächst einmal laut, und ich erinnere mich noch an die körperlichen Reaktionen [ ... ]: Mein Herz schlug schneller, ich bekam eine Gänsehaut, Hitze stieg mir ins Gesicht."
Man weiß nicht, ob es William Blake, ein Nachfolger Miltons auf dem Höhenkamm der englischen Literatur, ebenso ergangen ist. Überliefert ist jedoch, dass Blake die Darstellung des Bösen in Paradise Lost um so viel attraktiver fand als das spröde Portrait Gottes, dass er Milton zum "Parteigänger Satans unwissender Weise" abstempelte.
FAZ-Gastautor Pullman hingegen behauptet, dank Paradise Lost stehe Milton neben Dante und Vergil.
Einen ähnlichen Rang wird Noam Chomsky schwerlich erreichen. Dabei fehlt es dem amerikanischen Gesellschaftskritiker und Sprachwissenschaftler nicht an Selbstbewusstsein. Seine "generative Transformationsgrammatik", in der behauptet wird, jeder Mensch verfüge von Geburt an über eine grammatikalische Struktur, dürfte das einflussreichste linguistische Werk der letzten fünfzig Jahre sein.
Als Moralist und Laberhannes wird Noam Chomsky anlässlich seines 80. Geburtstags von der WELT verspottet. Wieland Freund hebt darauf ab, dass Chomsky im "Massachusetts Institute of Technology" hinter einer Feuerschutztür residiert:
"Das passt, denkt Chomsky doch in weitgehend feuerfesten Systemen, von der Körperwärme eines Kompromisses nur selten berührt. Chomsky hat die Vereinigten Staaten einen terroristischen Schurkenstaat genannt (und sie nur selten verlassen), in der Marktwirtschaft ein Ausbeutungssystem gesehen (und sich in ihr bewiesen), er zieht gegen Globalisierung und Anti-Terror-Krieg zu Felde und verurteilte nicht nur den Golf-, sondern auch den Kosovo-Krieg. "
Der konservative WELT-Kritiker Freund findet Noam Chomsky also ziemlich ätzend - aber auch die links-liberale SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt keine Lobeshymnen.
Thomas Steinfeld bezeichnet die wissenschaftliche Chomsky-Gemeinde als Kaderorganisation, deren Mitglieder immer wieder gezwungen würden, Augen und Verstand [ ... ] der Zentrale [in Massachusetts] zuzuwenden.
In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt es: "Er steigert sich jeden Morgen in eine Rage"." Das ist die Auskunft von Carol Chomsky über die Wut ihres Mannes - mit dem sie seit 60 Jahren verheiratet ist - angesichts jedes einzelnen sinnlosen Todes in der friedlosen Welt.
FR-Autor Sebastian Moll betont:
"Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Unfähigkeit, das Unheil [ ... ] [der] Welt auszublenden, der Antrieb für Chomskys Karriere als beißender Kritiker des amerikanischen Imperialismus und Kapitalismus war und ist."
Für Sex, den wir neben der Hölle und der Sprache als Drittes thematisieren wollten, ist nun keine Zeit mehr.
Stattdessen noch einmal zu Paradise Lost, dem Epos, das in der FAZ gefeiert wird. Vom Teufel verführt, müssen Adam und Eva Eden verlassen. Auf der Höhe seiner Kunst dichtete John Milton:
""Noch rannen Tränen, balde abgewischt; / Vor ihnen offen lag die Welt, wo sich / Die Stätte ihres Bleibens fände / Und die Vorsehung ihre Schritte wies: / Sie gingen Hand in Hand, langsamen Ganges, / Durch Eden einsam wandernd ihren Weg."
In der FRANKUFRTER ALLGEMEINEN ZEITUNG"" kann man nachlesen, wie Satan als verwiesener Engel des Himmels durchs Chaos reist, um die Menschen zu verführen:
" ... so versessen sucht der Böse / Durch Sumpf und Stich und Sattel, Dick und Dünn, / Mit Kopf, Hand, Fuß und Flügel sich den Weg / Und schwimmt und sinkt und watet, kriecht und fliegt ... "
Allerdings hat sich diesen Wortlaut kein FAZ-Redakteur ausgedacht, sondern der englische Dichter John Milton. Und zwar für sein gigantisches Epos Paradise Lost, erschienen im Jahr 1667 und aus dem Gedächtnis diktiert, denn Milton war bereits erblindet.
Die FAZ feiert Johns Miltons 400. Geburtstag in der nächsten Woche mit einem Beitrag des englischen Schriftstellers Philip Pullman.
"Ich hatte das Glück [schreibt Pullman], dem Werk [Paradise Lost] schon mit sechzehn zu begegnen, und unser Lehrer wusste, dass Gedichte vor allem gesprochen und gehört werden müssen. Also lasen wir es zunächst einmal laut, und ich erinnere mich noch an die körperlichen Reaktionen [ ... ]: Mein Herz schlug schneller, ich bekam eine Gänsehaut, Hitze stieg mir ins Gesicht."
Man weiß nicht, ob es William Blake, ein Nachfolger Miltons auf dem Höhenkamm der englischen Literatur, ebenso ergangen ist. Überliefert ist jedoch, dass Blake die Darstellung des Bösen in Paradise Lost um so viel attraktiver fand als das spröde Portrait Gottes, dass er Milton zum "Parteigänger Satans unwissender Weise" abstempelte.
FAZ-Gastautor Pullman hingegen behauptet, dank Paradise Lost stehe Milton neben Dante und Vergil.
Einen ähnlichen Rang wird Noam Chomsky schwerlich erreichen. Dabei fehlt es dem amerikanischen Gesellschaftskritiker und Sprachwissenschaftler nicht an Selbstbewusstsein. Seine "generative Transformationsgrammatik", in der behauptet wird, jeder Mensch verfüge von Geburt an über eine grammatikalische Struktur, dürfte das einflussreichste linguistische Werk der letzten fünfzig Jahre sein.
Als Moralist und Laberhannes wird Noam Chomsky anlässlich seines 80. Geburtstags von der WELT verspottet. Wieland Freund hebt darauf ab, dass Chomsky im "Massachusetts Institute of Technology" hinter einer Feuerschutztür residiert:
"Das passt, denkt Chomsky doch in weitgehend feuerfesten Systemen, von der Körperwärme eines Kompromisses nur selten berührt. Chomsky hat die Vereinigten Staaten einen terroristischen Schurkenstaat genannt (und sie nur selten verlassen), in der Marktwirtschaft ein Ausbeutungssystem gesehen (und sich in ihr bewiesen), er zieht gegen Globalisierung und Anti-Terror-Krieg zu Felde und verurteilte nicht nur den Golf-, sondern auch den Kosovo-Krieg. "
Der konservative WELT-Kritiker Freund findet Noam Chomsky also ziemlich ätzend - aber auch die links-liberale SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt keine Lobeshymnen.
Thomas Steinfeld bezeichnet die wissenschaftliche Chomsky-Gemeinde als Kaderorganisation, deren Mitglieder immer wieder gezwungen würden, Augen und Verstand [ ... ] der Zentrale [in Massachusetts] zuzuwenden.
In der FRANKFURTER RUNDSCHAU heißt es: "Er steigert sich jeden Morgen in eine Rage"." Das ist die Auskunft von Carol Chomsky über die Wut ihres Mannes - mit dem sie seit 60 Jahren verheiratet ist - angesichts jedes einzelnen sinnlosen Todes in der friedlosen Welt.
FR-Autor Sebastian Moll betont:
"Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Unfähigkeit, das Unheil [ ... ] [der] Welt auszublenden, der Antrieb für Chomskys Karriere als beißender Kritiker des amerikanischen Imperialismus und Kapitalismus war und ist."
Für Sex, den wir neben der Hölle und der Sprache als Drittes thematisieren wollten, ist nun keine Zeit mehr.
Stattdessen noch einmal zu Paradise Lost, dem Epos, das in der FAZ gefeiert wird. Vom Teufel verführt, müssen Adam und Eva Eden verlassen. Auf der Höhe seiner Kunst dichtete John Milton:
""Noch rannen Tränen, balde abgewischt; / Vor ihnen offen lag die Welt, wo sich / Die Stätte ihres Bleibens fände / Und die Vorsehung ihre Schritte wies: / Sie gingen Hand in Hand, langsamen Ganges, / Durch Eden einsam wandernd ihren Weg."