Von Arno Orzessek

Die "FAZ" lobt Gesine Schwan dafür, dass sie nicht der "parteipolitischen Logik folgt". Die "Süddeutsche" rezensiert das Werk "Die Zwillinge oder Vom Versuch, Geist und Geld zu küssen". Und während die "NZZ" ganz begeistert ist von Jean Genets "Zofen" an der Berliner Volksbühne, ist die "Süddeutsche" ganz anderer Meinung.
Wenn es im aktuellen Feuilleton um eine Präsidentschaftskandidatur geht, würde man wetten, es wäre jene, die mit dem Attribut "historisch" schon wie durch Schweißnähte verbunden ist – also Barack Obamas Kandidatur. Doch dessen Sieg über Konkurrentin Hillary Clinton bleibt nahezu unkommentiert.

Dafür lobt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erneut Gesine Schwan, die SPD-Kandidatin für die hiesige Bundespräsidentschaft.

"[Schwan] entgeistert, weil sie mitten in der parteipolitischen Arena einer anderen als der parteipolitischen Logik folgt. Einer Logik, die sie die Logik des Gemeinwesens nennt und die das eigentlich Politische meint","

schwärmt FAZ-Autor Christian Geyer, als hätte er eine zweite Hannah Arendt entdeckt. Besonders gefällt ihm, dass die kluge Professorin ihren Diskussionspartnern "den Fluchtweg in die Moral versperrt".

Eine Gesine Schwan setzt natürlich auf das bessere Argument, um ihre Ziele zu erreichen. Die Zwillingsschwestern Gisela Getty und Jutta Winkelmann, beide geborene Schmidt, setzten dagegen in den 70ern unschuldige Blicke ein, um Promi-Männer noch und noch einzuwickeln.

In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG rezensiert Burkhard Müller Die Zwillinge oder Vom Versuch, Geist und Geld zu küssen, ein Werk, das die ehemaligen Fachfrauen für Wimpernklimpern höchst selbst verfasst haben.

""Nichts prägt sich ein, nichts gibt es, woraus je das Mindeste folgen würde [mault Müller]. Wozu war es gut, dass die Zwillinge Fellini und Holger Meins getroffen haben, wenn sie nichts von ihnen zu sagen wissen, außer eben: Wir haben ihn getroffen?"

Wegen ihrer Vorliebe vor allem für linke Helden nannte man die Zwillinge auch "Baader-Meinhof-Yogis" – womit wir unverzüglich zur RAF kommen.
Seit neuestem wird gegen die ehemalige Terroristin Verena Becker wegen des Mordes an Generalbundesanwalt Buback im April 1977 ermittelt. In der FAZ berichtet Ulf Stuberger, wie der Sohn des Opfers, Michael Buback, Indizien für die Kooperation zwischen Ex-Terroristin und Verfassungsschutz aufgetrieben hat.

Auffällig zum Beispiel der Umgang mit der Akte, die Beckers Aussagen über ihre alten RAF-Kumpane enthält:

"Diese Akte wurde vom Bundesinnenministerium zum Staatsgeheimnis erklärt [schreibt die FAZ]. Selbst der Bundesanwaltschaft ist die Einsicht verweigert. Das erhärtete [bei Michael Buback] den Verdacht: Verena Becker wird vom Staat versteckt."

Da folgt noch Abgründiges, vermuten wir, und nehmen von den mächtigen und gewalttätigen Frauen in der Realität Abschied, um zu den "Zofen" des Jean Genet auf dem Theater zu kommen.

Luc Bondy von der Berliner Volksbühne hat den Einakter aus dem Jahr 1947 in Kooperation mit den Wiener Festwochen aufgeführt. Der Jubel der NEUE ZÜRCHER ZEITUNG ist grenzenlos:

"Vor allem lotet der Regisseur den grandiosen, fein verstreben Innenraum dieses Stücks aus, lauscht er dem Widerhall nach, den die vielstimmigen Monologe und lückenhaften Dialoge erzeugen","

so NZZ-Autorin Barbara Villiger Heilig.

Absolut anderer Meinung ist Christopher Schmidt in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, das deutet schon die hämische Überschrift "Die Blumenmädchen des Bösen" an.

""Bondy [geht dann Schmidts bildwütige Tirade] schlägt sich mit dem Reisenecessaire in den Dschungel der Triebe und bring die Blumen des Bösen mit der Nagelschere in Form einer niedlichen Zierhecke. Tief will er loten und kann doch bloß altbackene Slapsticknummern zusammenlöten."

Der TAGESSPIEGEL stellt seine Besprechung unter den Titel "Dienstmädchen-Dämmerung". Ob dem Kritiker Andres Müry die Bondy-Nummer letztlich gefallen hat, konnten wir aber beim besten Willen nicht feststellen.

Wohingegen klar ist, dass der FAZ die Gala "Happy Otto", die RTL zum 60. Geburtstag von Otto Waalkes zeigt, richtig blöde findet. Erst zum Schluss habe der aufgezeichnete Abend bewegende Momente.

"Etwa dann [schreibt FAZ-Autor Jörg Thomann], als ein aufgedrehter Michael Holm mit Otto "Dänen lügen nicht" anstimmt."

Abschließend eine Preis-Frage für Waalkes-Experten: Wie kann Ottos Abwandlung des Xavier-Naidoo-Hits "Dieser Weg wird kein leichter sein" einzig und allein lauten?

Richtig! – "Dieser Keks wird kein weicher sein."