Von Arno Orzessek
Mehr Deutsch, weniger Anglizismen, fordert die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und beklagt eine überall lauernde Nachlässigkeit im Umgang mit unserer Sprache. Die "Süddeutsche Zeitung" nimmt sich des Amerikanischen in politischer Hinsicht an und nennt die Regierungszeit von George W. Bush "sieben verlorene Jahre".
Manchmal raten wir an dieser Stelle parteiisch zur Lektüre bestimmter Zeitungen, die sich gerade in bestechender Tagesform befinden. Heute jedoch überzeugen alle Blätter mit frühsommerlicher Qualitätsanmutung und schön vorgetragenen Reflexionen - obwohl es an bedrückenden Themen mal wieder nicht mangelt.
Vor allem sind da die USA. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG trägt Jörg Häntzschel die Selbstkritiken zusammen, in denen sich das einstige Land der Träume an den Pranger der Welt stellt und Georges W. Bushs Regierungszeit als größtes Desaster der eigenen Geschichte zu begreifen lernt:
"Nach sieben verlorenen Jahren erblickt der provozierte Riese im Spiegel einen zerrupften Verlierer und stellt entsetzt fest: Auf der anderen Seite ist das Gras grüner."
Auch wenn dem SZ-Autor der bildliche Sprung vom Spiegel zum Gras missrät, besticht die schiere Fülle amerikanischer Niedergangszeugen. Zu ihnen gehört der New York Times-Kommentator Paul Krugman, der schreibt, er habe in Deutschland "die Zukunft gesehen, und sie funktioniert".
Die Amerikaner werden laut Krugman anders leben müssen - und zwar wie die Europäer:
"Vielleicht nicht heute und nicht morgen, aber bald, und für den Rest unseres Lebens","
zitiert Jörg Häntzschel den US-Kollegen.
Das amerikanische Versprechen von Freiheit, Demokratie und Recht wurde in Abu Ghraib bekanntlich als großes Blabla ausgerasteter Heiliger Krieger enttarnt. Errol Morris’ Film "Standard Operating Procedure" behandelt das Foltersystem des Lagers - und in der ZEIT kritisiert der deutsche Filmemacher Andres Veiel Morris’ Werk.
""Da, wo er aufklären will, überwältigt er [einfach]. […] Die große Chance dieses Films wäre gewesen, Abu Ghraib nicht als fatalistisches Phänomen zu beschreiben. Morris hat sie verpasst."
Nur pauschalisiere deshalb niemand: "Jetzt können die Amis nicht einmal mehr ordentliche Filme drehen." Mag der schneidige Bush auch ein gewaltfreundlicher Dussel sein - an der popkulturellen Atlantikfront wendet sich die Lage nicht so rasch. Man sieht es an dem üppigen Raum, den die Feuilletons der Deutschland-Tour Neil Diamonds einräumen.
"Auch das nimmt für [Diamond] ein", begeistert sich Sylvia Staude in der FRANKUFRTER RUNDSCHAU:
"Er macht nicht auf jünger, trägt graues Jackett und schwarzes Hemd zu grauem Haar und schwarzer Gitarre, er ist der fast schon perfekte Man in Black […] Er könnte auf seiner Album-Charts-Wolke sitzen, aber er liefert Qualität ab."
In der WELT findet Michael Pilz, dass kaum jemand "Kitsch und Kunst" besser unter einen Hut bringt als eben Neil Diamond:
"Wer den glaubwürdigen Gitarrengrübler will, kriegt auch den Witwentröster."
Und weil Pilz gerade bei genealogischer Metaphorik ist, fügt er hinzu:
"Zugegebenermaßen werden diese Songs nicht schöner, wenn Neil Diamond sie im Schwiegermutterschiebeschritt darbietet."
Nun, von "Song Sung Blue" bis "I’m a Believer" singt Diamond auf Amerikanisch und wir könnten mehrheitlich mitgrölen. Aber heißt das schon, dass das ehrwürdige Deutsche dem Denglischen und - Achtung, Wortschöpfung! - Damerikanischen bald unterliegen wird, dem Niedergang der USA zum Trotz?
Die Gefahr immerhin bestehe, meint Edo Reents in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG mit Blick auf die Englisch-Sucht gewisser hiesiger Eliten:
"Vielleicht sollte man nicht nur auf Berliner Pausenhöfen, sondern auch in einigen Kreisen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft das Deutsche vorschreiben."
Letztlich rät der FAZ-Autor allen Deutschsprachigen zum Griff an die eigene Nase:
""Wenn es einen Feind des Deutschen gibt, dann kommt er von innen; wir sehen ihn nur nicht, weil die Puristen vollauf damit beschäftigt sind, sich über die Anglizsmen aufzuregen. Dieser Feind hört auf den Namen 'Nachlässigkeit'" und lauert überall","
so Edo Reents. Es sei erwähnt, dass in dem FAZ-Text, so wie er uns vorliegt, den "Anglizsmen" das zweite i als Tüpfelchen zur Vollendung vorenthalten wurde, es sei aus Bosheit oder Nachlässigkeit.
Vor allem sind da die USA. In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG trägt Jörg Häntzschel die Selbstkritiken zusammen, in denen sich das einstige Land der Träume an den Pranger der Welt stellt und Georges W. Bushs Regierungszeit als größtes Desaster der eigenen Geschichte zu begreifen lernt:
"Nach sieben verlorenen Jahren erblickt der provozierte Riese im Spiegel einen zerrupften Verlierer und stellt entsetzt fest: Auf der anderen Seite ist das Gras grüner."
Auch wenn dem SZ-Autor der bildliche Sprung vom Spiegel zum Gras missrät, besticht die schiere Fülle amerikanischer Niedergangszeugen. Zu ihnen gehört der New York Times-Kommentator Paul Krugman, der schreibt, er habe in Deutschland "die Zukunft gesehen, und sie funktioniert".
Die Amerikaner werden laut Krugman anders leben müssen - und zwar wie die Europäer:
"Vielleicht nicht heute und nicht morgen, aber bald, und für den Rest unseres Lebens","
zitiert Jörg Häntzschel den US-Kollegen.
Das amerikanische Versprechen von Freiheit, Demokratie und Recht wurde in Abu Ghraib bekanntlich als großes Blabla ausgerasteter Heiliger Krieger enttarnt. Errol Morris’ Film "Standard Operating Procedure" behandelt das Foltersystem des Lagers - und in der ZEIT kritisiert der deutsche Filmemacher Andres Veiel Morris’ Werk.
""Da, wo er aufklären will, überwältigt er [einfach]. […] Die große Chance dieses Films wäre gewesen, Abu Ghraib nicht als fatalistisches Phänomen zu beschreiben. Morris hat sie verpasst."
Nur pauschalisiere deshalb niemand: "Jetzt können die Amis nicht einmal mehr ordentliche Filme drehen." Mag der schneidige Bush auch ein gewaltfreundlicher Dussel sein - an der popkulturellen Atlantikfront wendet sich die Lage nicht so rasch. Man sieht es an dem üppigen Raum, den die Feuilletons der Deutschland-Tour Neil Diamonds einräumen.
"Auch das nimmt für [Diamond] ein", begeistert sich Sylvia Staude in der FRANKUFRTER RUNDSCHAU:
"Er macht nicht auf jünger, trägt graues Jackett und schwarzes Hemd zu grauem Haar und schwarzer Gitarre, er ist der fast schon perfekte Man in Black […] Er könnte auf seiner Album-Charts-Wolke sitzen, aber er liefert Qualität ab."
In der WELT findet Michael Pilz, dass kaum jemand "Kitsch und Kunst" besser unter einen Hut bringt als eben Neil Diamond:
"Wer den glaubwürdigen Gitarrengrübler will, kriegt auch den Witwentröster."
Und weil Pilz gerade bei genealogischer Metaphorik ist, fügt er hinzu:
"Zugegebenermaßen werden diese Songs nicht schöner, wenn Neil Diamond sie im Schwiegermutterschiebeschritt darbietet."
Nun, von "Song Sung Blue" bis "I’m a Believer" singt Diamond auf Amerikanisch und wir könnten mehrheitlich mitgrölen. Aber heißt das schon, dass das ehrwürdige Deutsche dem Denglischen und - Achtung, Wortschöpfung! - Damerikanischen bald unterliegen wird, dem Niedergang der USA zum Trotz?
Die Gefahr immerhin bestehe, meint Edo Reents in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG mit Blick auf die Englisch-Sucht gewisser hiesiger Eliten:
"Vielleicht sollte man nicht nur auf Berliner Pausenhöfen, sondern auch in einigen Kreisen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft das Deutsche vorschreiben."
Letztlich rät der FAZ-Autor allen Deutschsprachigen zum Griff an die eigene Nase:
""Wenn es einen Feind des Deutschen gibt, dann kommt er von innen; wir sehen ihn nur nicht, weil die Puristen vollauf damit beschäftigt sind, sich über die Anglizsmen aufzuregen. Dieser Feind hört auf den Namen 'Nachlässigkeit'" und lauert überall","
so Edo Reents. Es sei erwähnt, dass in dem FAZ-Text, so wie er uns vorliegt, den "Anglizsmen" das zweite i als Tüpfelchen zur Vollendung vorenthalten wurde, es sei aus Bosheit oder Nachlässigkeit.