Von Arno Orzessek
Ein Konzert von Mark Knopfler in Frankfurt entzückt den Rezensenten der FAZ, während der Kollege von der "Frankfurter Rundschau" sich nur wie "in der kosmischen Pilsstube" gefühlt hat. Eine Ausstellung des Schweizer Malers Ferdinand Hodler zeugt laut "Welt" vom "Pathos der Einfachheit". Der "Tagesspiegel" führt den Fall Fritzl und ähnliche Fälle auf die nie aufgearbeitete Nazi-Vergangenheit Österreichs zurück.
Dieses edelproletarische Duzen - du kennst es aus der Ikea-Werbung -, ist mittlerweile auch im eher elitären Feuilleton der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ausgebrochen.
"Wenn der an seiner Saite zupft, gerät auch deine Seele in Bewegung, ob du willst oder nicht", entzückt sich FAZ-Autor Peter Kemper über ein Konzert Mark Knopflers in der Frankfurter Festhalle, um alliterationsgierig und in genretypischer Verklärungsdiktion fortzufahren:
"Somnambule Sounds, Soli von einer süßen Schläfrigkeit, gläserne Glissandi und erdenschwere Blues-Meditationen: Mark Knopfler ist in der zeitgenössischen Rockszene ein unbelehrbar Unzeitgemäßer."
Das FAZ-Resümee kommt eingängig rüber - wie damals die Musik der legendären Knopfler-Band Dire Straits:
"Hundertmal gehört, selten so betört."
Es sei nicht verschwiegen, dass die FRANKFURTER RUNDSCHAU im selben Konzert "Musik für die Träger der ewigen Jeansjacke" gehört und sich wie "in der kosmischen Pilsstube" gefühlt hat.
Vom "Pathos der Einfachheit" schreibt die WELT und charakterisiert damit die Werke des Schweizer Malers Ferdinand Hodler, die das Berner Kunstmuseum zeigt.
"Hoderls Natur ist ebenso scharf gesehen wie vom Maler neu gebaut: Spiegelglatte Seen als Andachtsräume, die Dominanten des Berner Oberlandes: Niesen, Wetter- und Breithorn als schneekühle Kathedralen des Pantheismus…"
…hält WELT-Autor Stefan Tolksdorf fest. Eher analytisch die Beobachtung, die Peter Geimer an denselben Bildern für die FAZ macht:
"Verblüffend von Anfang an ist Hodlers Zurückweisung des Narrativen. Es gibt in dieser Ausstellung kein Bild, das Personen im Gespräch oder auch nur im gegenseitigen Blickaustausch zeigen würde. Wo man zusammenkommt, blickt jeder [nur] in sich hinein."
Auch das - wie Hodler in der Schweiz beheimatete - Künstlerduo Fischli/Weiss kennt ernüchterte Blicke auf die Menschen. Zu einer Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU, man finde nur "die banalsten, beiläufigsten und durchschnittlichsten Fotos, die sich denken lassen".
Aber das hat natürlich System, wie FR-Autorin Sandra Danicke unterstellt:
"Wenn man [ ... ] ein wenig missmutig zum nächsten Raum geht, weil sich der Witz, den man von früheren Fischli/Weiss-Arbeiten kennt, partout nicht einstellen will, dämmert es einem, dass diese langweiligen Fotos nicht weniger sind, als die brutale Wahrheit über die Natur des menschlichen Lebens."
Von der Schweiz nach Österreich, in ein Land, in dem es nach Aussage seines Bundeskanzlers wie seines Bundespräsidenten "keinen Fall Österreich" gibt - trotz der Horrorgeschichte um den Keller-Ingenieur Josef Fritzl, die schrecklich gut zum unvergessenen Martyrium der Natascha Kampusch passt.
"Wenn ein Bundeskanzler [ ... ] sagt (und sagen muss), dass es in seinem Land keinen Fall gibt, dann gibt es ihn", behauptet im Berliner TAGESSPIEGEL Peter von Becker. Er untersucht die "Galerie des Grauens in Österreichs Kultur", behauptet: "die Nationaltracht ist die Niedertracht" und findet den Grund dafür dort, wo ihn viele Künstler seit langem vermuten:
"Auch wenn es nicht immer ausdrücklich formuliert wird [ ... ], ist der Untertext dieses Pandämoniums doch immer der unaufgearbeitete eigene Nazismus."
Glaubt man Manfred Flügge in der WELT, ist nun Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy drauf und dran, sein Land in Geschichtslügen zu verstricken, wozu auch das Verschweigen der Mitschuld an der Deportation der französischen Juden gehöre.
"Für Zweifel, für Widersprüche, für Schattenseiten ist bei dem neuen Präsidenten kein Platz. Sarkozy will, als wäre er der oberste Geschichtslehrer der Nation, dass sich alle Zehnjährigen mit einem deportierten jüdischen Kind identifizieren - und sich so auf der 'guten' Seite fühlen."
Soweit die WELT.
Wir hoffen und wünschen, dass es Nicolas Sarkozy mit den Geschichtslegenden nicht allzu bunt treibt. Sonst werden die heute Zehnjährigen einst sagen, was Karl Krauss mit Blick auf Österreich bemerkt hat:
"Ich bin der Vogel, den sein Nest beschmutzt."
"Wenn der an seiner Saite zupft, gerät auch deine Seele in Bewegung, ob du willst oder nicht", entzückt sich FAZ-Autor Peter Kemper über ein Konzert Mark Knopflers in der Frankfurter Festhalle, um alliterationsgierig und in genretypischer Verklärungsdiktion fortzufahren:
"Somnambule Sounds, Soli von einer süßen Schläfrigkeit, gläserne Glissandi und erdenschwere Blues-Meditationen: Mark Knopfler ist in der zeitgenössischen Rockszene ein unbelehrbar Unzeitgemäßer."
Das FAZ-Resümee kommt eingängig rüber - wie damals die Musik der legendären Knopfler-Band Dire Straits:
"Hundertmal gehört, selten so betört."
Es sei nicht verschwiegen, dass die FRANKFURTER RUNDSCHAU im selben Konzert "Musik für die Träger der ewigen Jeansjacke" gehört und sich wie "in der kosmischen Pilsstube" gefühlt hat.
Vom "Pathos der Einfachheit" schreibt die WELT und charakterisiert damit die Werke des Schweizer Malers Ferdinand Hodler, die das Berner Kunstmuseum zeigt.
"Hoderls Natur ist ebenso scharf gesehen wie vom Maler neu gebaut: Spiegelglatte Seen als Andachtsräume, die Dominanten des Berner Oberlandes: Niesen, Wetter- und Breithorn als schneekühle Kathedralen des Pantheismus…"
…hält WELT-Autor Stefan Tolksdorf fest. Eher analytisch die Beobachtung, die Peter Geimer an denselben Bildern für die FAZ macht:
"Verblüffend von Anfang an ist Hodlers Zurückweisung des Narrativen. Es gibt in dieser Ausstellung kein Bild, das Personen im Gespräch oder auch nur im gegenseitigen Blickaustausch zeigen würde. Wo man zusammenkommt, blickt jeder [nur] in sich hinein."
Auch das - wie Hodler in der Schweiz beheimatete - Künstlerduo Fischli/Weiss kennt ernüchterte Blicke auf die Menschen. Zu einer Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen bemerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU, man finde nur "die banalsten, beiläufigsten und durchschnittlichsten Fotos, die sich denken lassen".
Aber das hat natürlich System, wie FR-Autorin Sandra Danicke unterstellt:
"Wenn man [ ... ] ein wenig missmutig zum nächsten Raum geht, weil sich der Witz, den man von früheren Fischli/Weiss-Arbeiten kennt, partout nicht einstellen will, dämmert es einem, dass diese langweiligen Fotos nicht weniger sind, als die brutale Wahrheit über die Natur des menschlichen Lebens."
Von der Schweiz nach Österreich, in ein Land, in dem es nach Aussage seines Bundeskanzlers wie seines Bundespräsidenten "keinen Fall Österreich" gibt - trotz der Horrorgeschichte um den Keller-Ingenieur Josef Fritzl, die schrecklich gut zum unvergessenen Martyrium der Natascha Kampusch passt.
"Wenn ein Bundeskanzler [ ... ] sagt (und sagen muss), dass es in seinem Land keinen Fall gibt, dann gibt es ihn", behauptet im Berliner TAGESSPIEGEL Peter von Becker. Er untersucht die "Galerie des Grauens in Österreichs Kultur", behauptet: "die Nationaltracht ist die Niedertracht" und findet den Grund dafür dort, wo ihn viele Künstler seit langem vermuten:
"Auch wenn es nicht immer ausdrücklich formuliert wird [ ... ], ist der Untertext dieses Pandämoniums doch immer der unaufgearbeitete eigene Nazismus."
Glaubt man Manfred Flügge in der WELT, ist nun Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy drauf und dran, sein Land in Geschichtslügen zu verstricken, wozu auch das Verschweigen der Mitschuld an der Deportation der französischen Juden gehöre.
"Für Zweifel, für Widersprüche, für Schattenseiten ist bei dem neuen Präsidenten kein Platz. Sarkozy will, als wäre er der oberste Geschichtslehrer der Nation, dass sich alle Zehnjährigen mit einem deportierten jüdischen Kind identifizieren - und sich so auf der 'guten' Seite fühlen."
Soweit die WELT.
Wir hoffen und wünschen, dass es Nicolas Sarkozy mit den Geschichtslegenden nicht allzu bunt treibt. Sonst werden die heute Zehnjährigen einst sagen, was Karl Krauss mit Blick auf Österreich bemerkt hat:
"Ich bin der Vogel, den sein Nest beschmutzt."