Von Arno Orzessek
Die „Süddeutsche“ findet Timur Vernes Politsatire „Er ist wieder da“ über ein fiktive Wiederkehr Adolf Hilters als Comedian gar nicht witzig. „Frankfurter Rundschau“ und „Welt“ führen eine Art Stellungskrieg in Sachen Jakob Augstein. Und die NZZ ist entsetzt über eine „Sprache des Hasses“ in der Politik in Polen.
„Schluss mit der Rotzerei!“, fordert Alan Posener in der Tageszeitung DIE WELT – und erklärt in der Kolumne „J'accuse“, warum:
„Neulich in der S-Bahn. Vor mir läuft ein Jugendlicher, zieht seine Rotze hoch und spuckt sie mir direkt vor die Füße. Ich weiche aus und trete fast in einen weiteren gelblichen Schleimhaufen. Ekelhaft. Seit einigen Jahren ist die Spuckerei zu einer Volksseuche geworden. Wo immer drei männliche Jugendliche zusammenstehen, sind mindestens zwei damit beschäftigt, kunstvoll auf den Bürgersteig zu sabbern. Als ob Hundescheiße nicht genug wäre.“
Wir zitieren Alan Posener, liebe Leser, weil wir mit ihm auf einer Igitt-Welle liegen – und auch Folgendes unterschreiben würden:
„Zwar widerstrebt es einem Liberalen, nach Verboten zu rufen. Aber wie die Nichtraucher vor dem Passivrauchen geschützt werden mussten, weil die Raucher kein Einsehen hatten, so verdienen Nichtrotzer auch einen Schutz. Zumal das Spucken, anders als das Rauchen, weder einen Suchtfaktor hat noch einen Geselligkeitswert bietet, sieht man von dem männerbündischen Glück des Vollrotzens einer Bushaltestelle ab.“
„Ha, ha, Hitler“, titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, in der Cornelia Fiedler die Polit-Satire „Er ist wieder da“ von Timur Vermes bespricht.
In Vermes‘ Bestseller erwacht Adolf Hitler im Jahr 2011 in Berlin und macht als Comedy-Star und Hitler-Parodist Karriere. Was SZ-Autorin Fiedler eher unkomisch findet.
„Warum noch über die breite Zustimmung der Deutschen zur nationalsozialistischen Politik sprechen oder über den tief verwurzelten Antisemitismus, wenn sich doch ein durchgeknallter Irrer als Alleinschuldiger anbietet? Timur Vermes persifliert diese Hitleritis. Sein Roman bedient sie jedoch auch und verleiht ihr sogar eine neue Dimension: Das Lachen nicht über, sondern mit Hitler.“
Nicht mit, sondern allenfalls über Henryk M. Broder lacht – ein weiteres Mal – Christian Bommarius in der FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Der Zeitung, in der er kürzlich als Reaktion auf Broders Invektive gegen Jakob Augstein – „antisemitische Dreckschleuder“ – konstatiert hatte:
„Es spricht für den deutschen Rechtsstaat, dass Henryk M. Broder bis heute frei herumläuft.“
Ulf Poschardt, stellvertretenden Chef der WELT AM SONNTAG, hatte daraufhin auf Facebook geseufzt:
„Trostlos, trostloser, Frankfurter Rundschau: Christian Bommarius würde Henryk M. Broder gerne einsperren. Unfassbar, dass so was gedruckt wird. Aber ist ja bald vorbei.“
Nun witzelt Bommarius in der FR:
„Wir verlangen: Freiheit für Broder. Denn was sollte aus der Springer-Presse ohne ihren Parasiten-Experten werden?“ und charakterisiert Ulf Poschardt – ein Volltreffer! – als „sprechende Rolexuhr“.
In der Zeit des Zeitungssterbens tobt also ein Zeitungskrieg. Dass es beim Hauen und Stechen der schweren Jungs vom Feuilleton um die Sache selbst geht – um Antisemitismus –, wer glaubt das noch?
Trotzdem macht Henryk M. Broder in der WELT „Anmerkungen zu einer laufenden Debatte“:
„Auffällig an dieser Debatte war, wie viele öffentliche Intellektuelle mit jüdischem Bildungshintergrund an ihr teilnahmen, um Augstein beizustehen, diesmal ganz freiwillig und ohne jeden Auftrag irgendeines ZK einer Partei. Von Korn bis Schoeps, von Friedman bis Wolffsohn, von Segev bis Seligman. Ich las alle diese Stellungnahmen und fragte mich, ob alle diese Leute dasselbe Zeug kiffen würden.“
„Sprache des Hasses“ titelt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG und blickt auf Polen, wo sich Liberale und Nationalisten noch schärfer bekriegen als bei uns die Bommarius‘ und Broders.
„Ein Anhänger der Kaczynski-Partei erörterte auf seinem Blog, ob man nicht über die Erschießung des Regierungschefs Tusk abstimmen sollte. Ein Filmregisseur sagte, es würde dem Land gut tun, wenn einige Journalisten, vor allem von der liberalen ‚Gazeta Wyborcza‘ und dem Privatsender TVN, ‚sofort und auf drastische, unangenehme Weise ist Jenseits befördert‘ würden.“
Okay, liebe Hörer. Wenn Sie jetzt denken, was wir denken, dann denken Sie, was wir eingangs aus der WELT zitiert haben und nun ausgangs endlich einlösen:
„Schluss mit der Rotzerei!“
„Neulich in der S-Bahn. Vor mir läuft ein Jugendlicher, zieht seine Rotze hoch und spuckt sie mir direkt vor die Füße. Ich weiche aus und trete fast in einen weiteren gelblichen Schleimhaufen. Ekelhaft. Seit einigen Jahren ist die Spuckerei zu einer Volksseuche geworden. Wo immer drei männliche Jugendliche zusammenstehen, sind mindestens zwei damit beschäftigt, kunstvoll auf den Bürgersteig zu sabbern. Als ob Hundescheiße nicht genug wäre.“
Wir zitieren Alan Posener, liebe Leser, weil wir mit ihm auf einer Igitt-Welle liegen – und auch Folgendes unterschreiben würden:
„Zwar widerstrebt es einem Liberalen, nach Verboten zu rufen. Aber wie die Nichtraucher vor dem Passivrauchen geschützt werden mussten, weil die Raucher kein Einsehen hatten, so verdienen Nichtrotzer auch einen Schutz. Zumal das Spucken, anders als das Rauchen, weder einen Suchtfaktor hat noch einen Geselligkeitswert bietet, sieht man von dem männerbündischen Glück des Vollrotzens einer Bushaltestelle ab.“
„Ha, ha, Hitler“, titelt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, in der Cornelia Fiedler die Polit-Satire „Er ist wieder da“ von Timur Vermes bespricht.
In Vermes‘ Bestseller erwacht Adolf Hitler im Jahr 2011 in Berlin und macht als Comedy-Star und Hitler-Parodist Karriere. Was SZ-Autorin Fiedler eher unkomisch findet.
„Warum noch über die breite Zustimmung der Deutschen zur nationalsozialistischen Politik sprechen oder über den tief verwurzelten Antisemitismus, wenn sich doch ein durchgeknallter Irrer als Alleinschuldiger anbietet? Timur Vermes persifliert diese Hitleritis. Sein Roman bedient sie jedoch auch und verleiht ihr sogar eine neue Dimension: Das Lachen nicht über, sondern mit Hitler.“
Nicht mit, sondern allenfalls über Henryk M. Broder lacht – ein weiteres Mal – Christian Bommarius in der FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Der Zeitung, in der er kürzlich als Reaktion auf Broders Invektive gegen Jakob Augstein – „antisemitische Dreckschleuder“ – konstatiert hatte:
„Es spricht für den deutschen Rechtsstaat, dass Henryk M. Broder bis heute frei herumläuft.“
Ulf Poschardt, stellvertretenden Chef der WELT AM SONNTAG, hatte daraufhin auf Facebook geseufzt:
„Trostlos, trostloser, Frankfurter Rundschau: Christian Bommarius würde Henryk M. Broder gerne einsperren. Unfassbar, dass so was gedruckt wird. Aber ist ja bald vorbei.“
Nun witzelt Bommarius in der FR:
„Wir verlangen: Freiheit für Broder. Denn was sollte aus der Springer-Presse ohne ihren Parasiten-Experten werden?“ und charakterisiert Ulf Poschardt – ein Volltreffer! – als „sprechende Rolexuhr“.
In der Zeit des Zeitungssterbens tobt also ein Zeitungskrieg. Dass es beim Hauen und Stechen der schweren Jungs vom Feuilleton um die Sache selbst geht – um Antisemitismus –, wer glaubt das noch?
Trotzdem macht Henryk M. Broder in der WELT „Anmerkungen zu einer laufenden Debatte“:
„Auffällig an dieser Debatte war, wie viele öffentliche Intellektuelle mit jüdischem Bildungshintergrund an ihr teilnahmen, um Augstein beizustehen, diesmal ganz freiwillig und ohne jeden Auftrag irgendeines ZK einer Partei. Von Korn bis Schoeps, von Friedman bis Wolffsohn, von Segev bis Seligman. Ich las alle diese Stellungnahmen und fragte mich, ob alle diese Leute dasselbe Zeug kiffen würden.“
„Sprache des Hasses“ titelt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG und blickt auf Polen, wo sich Liberale und Nationalisten noch schärfer bekriegen als bei uns die Bommarius‘ und Broders.
„Ein Anhänger der Kaczynski-Partei erörterte auf seinem Blog, ob man nicht über die Erschießung des Regierungschefs Tusk abstimmen sollte. Ein Filmregisseur sagte, es würde dem Land gut tun, wenn einige Journalisten, vor allem von der liberalen ‚Gazeta Wyborcza‘ und dem Privatsender TVN, ‚sofort und auf drastische, unangenehme Weise ist Jenseits befördert‘ würden.“
Okay, liebe Hörer. Wenn Sie jetzt denken, was wir denken, dann denken Sie, was wir eingangs aus der WELT zitiert haben und nun ausgangs endlich einlösen:
„Schluss mit der Rotzerei!“