Von André Hatting
Mit dem Abschluss der neuen Bach-Gesamtausgabe geht nach Ansicht der "Süddeutschen Zeitung" eine Herkulesaufgabe zu Ende. Die SZ berichtet außerdem, dass die Klassik Stiftung Weimar dringend mehr Geld benötigt, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Und die "Welt" veröffentlicht ein Interview mit dem kürzlich verstorbenen amerikanischen Philosophen Richard Rorty.
53 Jahre und 112 Bände: Die historisch-kritische Ausgabe sämtlicher Werke Johann Sebastian Bachs ist fertig. Nicht nur eine Herkulesarbeit geht damit zu Ende. Dieses 1954 begonnene musikwissenschaftliche Projekt hat auch etwas von einer Sisyphosarbeit. Gesteht Peter Wollny vom Leipziger Bach-Archiv der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG:
"Vor allem die Ausgaben der fünfziger Jahre repräsentieren einen überholten Wissensstand. Da müsste man eigentlich ganze Werkbereiche neu anfassen."
Neu anfassen müsste man auch viele Werke Schillers und Goethes. Deren Handschriften sind in einem desolaten Zustand. Den möchte die Klassik Stiftung Weimar dringend verbessern. Kann sie aber nicht. Ihr fehlt das Geld dazu. Am Mittwoch tagt der Stiftungsrat. Er wird eine Aufstockung des Etats beschließen, weiß Jens Bisky ebenfalls in der SZ zu berichten. Das ändere aber nichts an einem kulturpolitischen Skandal:
"Die Bundeskunsthalle in Bonn, ein Trostgeschenk, das den Rheinländern 1992 gemacht wurde, kann sich jährlich auf 16,8 Millionen Euro Zuschuss aus dem Bundeskulturhaushalt verlassen","
rechnet Bisky vor. Finanzmittel, die offenbar nicht einmal richtig eingesetzt werden. Im Skandal um verschwendete Gelder hat der Geschäftsführer der Bundeskunsthalle bereits seinen Dienst quittiert.
""An der Ilm muss man sich um das Haus am Frauenplan nebst Museum, Schillers Wohnhaus, das Goethe-Schiller-Archiv, die Herzogin Anna Amalia Bibliothek, um Tiefurt, Belvedere, Bauhaus, Nietzsche, das Wieland-Gut Oßmannstedt und einiges mehr kümmern."
Stolz hat der Rowohlt-Verlag dieser Tage verkündet, dass Daniel Kehlmanns Roman "Die Vermessung der Welt" eine Millionen Mal verkauft worden sei.
"Das ist eine Marke, als ob der DAX über 10.000 Punkte geht, der Weitsprungweltrekord die 9-Meter-Marke überschreitet oder ein neues Grass-Buch mal weniger als hundert Kommentare nach sich zieht","
ordnet die TAZ das Ereignis ein. In der Zeitung DIE WELT grübelt man über das Erfolgsgeheimnis dieses Bestsellers. 35 Wochen an der Spitze der Spiegel-Liste, damit Harry Potter um Längen geschlagen, in 35 Sprachen übersetzt – wie konnte das nur passieren? Positive Feuilletonkritik und eine einzigartige Qualität des Romans seien nicht das Entscheidende, glaubt Elmar Krekeler:
""Die Preise, die Kehlmann (…) für die ‚Vermessung’ erhalten hat, haben geholfen. Die Buchhändler haben geholfen. Und natürlich und vor allem die Zeit. (…). Die ‚Vermessung’ kam dem Bildungshunger der Leser nach und dem neu erwachten Bildungsbürger gerade recht."
Einem Bildungsbürger, dessen demokratische Grundrechte seit dem 9. September 2001 nach und nach beschnitten werden – im Namen des Anti-Terror-Kampfes. Das war die These des amerikanischen Philosophen Richard Rorty vor vier Jahren. Kurz vor seinem Tod am 8. Juni wurde er in einem Gespräch, das DIE WELT abdruckt, noch einmal mit dieser Meinung konfrontiert.
"Früher oder später wird irgendeine Terrorgruppe 9/11 in einem viel größeren Maßstab wiederholen. Ich habe Zweifel, dass die demokratischen Institutionen dieser Belastung standhalten werden."
Wie demokratisch das moderne Russland ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Zwar feixten die Kreml-treuen Blätter über demokratiefeindliche Demonstrationsverbote in Deutschland während des G8-Gipfels. Aber auch der Russlandfreundlichste wird eingestehen, dass zwischen dem deutschen Staat und Putins Machtapparat immer noch feine Unterschiede bestehen. Zum Beispiel der, dass in Deutschland zurzeit keine Preislisten für Spitzeldienste bekannt sind. Kerstin Holm gibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG einen Überblick über die aktuellen Spitzeldienstkurse in Russland:
"Wer der Polizei im ostsibirischen Irkutsk hilft, tausend Liter minderwertigen Alkohol zu konfiszieren oder ein Sensationsverbrechen aufzuklären, verdient neunhundert Euro."
Das wiederum ist eine interessante Anregung: Informationen über illegale Müllkippen oder Umweltsauereien könnte man auch in Deutschland fürstlich beziehungsweise zaristisch honorieren.
"Vor allem die Ausgaben der fünfziger Jahre repräsentieren einen überholten Wissensstand. Da müsste man eigentlich ganze Werkbereiche neu anfassen."
Neu anfassen müsste man auch viele Werke Schillers und Goethes. Deren Handschriften sind in einem desolaten Zustand. Den möchte die Klassik Stiftung Weimar dringend verbessern. Kann sie aber nicht. Ihr fehlt das Geld dazu. Am Mittwoch tagt der Stiftungsrat. Er wird eine Aufstockung des Etats beschließen, weiß Jens Bisky ebenfalls in der SZ zu berichten. Das ändere aber nichts an einem kulturpolitischen Skandal:
"Die Bundeskunsthalle in Bonn, ein Trostgeschenk, das den Rheinländern 1992 gemacht wurde, kann sich jährlich auf 16,8 Millionen Euro Zuschuss aus dem Bundeskulturhaushalt verlassen","
rechnet Bisky vor. Finanzmittel, die offenbar nicht einmal richtig eingesetzt werden. Im Skandal um verschwendete Gelder hat der Geschäftsführer der Bundeskunsthalle bereits seinen Dienst quittiert.
""An der Ilm muss man sich um das Haus am Frauenplan nebst Museum, Schillers Wohnhaus, das Goethe-Schiller-Archiv, die Herzogin Anna Amalia Bibliothek, um Tiefurt, Belvedere, Bauhaus, Nietzsche, das Wieland-Gut Oßmannstedt und einiges mehr kümmern."
Stolz hat der Rowohlt-Verlag dieser Tage verkündet, dass Daniel Kehlmanns Roman "Die Vermessung der Welt" eine Millionen Mal verkauft worden sei.
"Das ist eine Marke, als ob der DAX über 10.000 Punkte geht, der Weitsprungweltrekord die 9-Meter-Marke überschreitet oder ein neues Grass-Buch mal weniger als hundert Kommentare nach sich zieht","
ordnet die TAZ das Ereignis ein. In der Zeitung DIE WELT grübelt man über das Erfolgsgeheimnis dieses Bestsellers. 35 Wochen an der Spitze der Spiegel-Liste, damit Harry Potter um Längen geschlagen, in 35 Sprachen übersetzt – wie konnte das nur passieren? Positive Feuilletonkritik und eine einzigartige Qualität des Romans seien nicht das Entscheidende, glaubt Elmar Krekeler:
""Die Preise, die Kehlmann (…) für die ‚Vermessung’ erhalten hat, haben geholfen. Die Buchhändler haben geholfen. Und natürlich und vor allem die Zeit. (…). Die ‚Vermessung’ kam dem Bildungshunger der Leser nach und dem neu erwachten Bildungsbürger gerade recht."
Einem Bildungsbürger, dessen demokratische Grundrechte seit dem 9. September 2001 nach und nach beschnitten werden – im Namen des Anti-Terror-Kampfes. Das war die These des amerikanischen Philosophen Richard Rorty vor vier Jahren. Kurz vor seinem Tod am 8. Juni wurde er in einem Gespräch, das DIE WELT abdruckt, noch einmal mit dieser Meinung konfrontiert.
"Früher oder später wird irgendeine Terrorgruppe 9/11 in einem viel größeren Maßstab wiederholen. Ich habe Zweifel, dass die demokratischen Institutionen dieser Belastung standhalten werden."
Wie demokratisch das moderne Russland ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Zwar feixten die Kreml-treuen Blätter über demokratiefeindliche Demonstrationsverbote in Deutschland während des G8-Gipfels. Aber auch der Russlandfreundlichste wird eingestehen, dass zwischen dem deutschen Staat und Putins Machtapparat immer noch feine Unterschiede bestehen. Zum Beispiel der, dass in Deutschland zurzeit keine Preislisten für Spitzeldienste bekannt sind. Kerstin Holm gibt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG einen Überblick über die aktuellen Spitzeldienstkurse in Russland:
"Wer der Polizei im ostsibirischen Irkutsk hilft, tausend Liter minderwertigen Alkohol zu konfiszieren oder ein Sensationsverbrechen aufzuklären, verdient neunhundert Euro."
Das wiederum ist eine interessante Anregung: Informationen über illegale Müllkippen oder Umweltsauereien könnte man auch in Deutschland fürstlich beziehungsweise zaristisch honorieren.