Von André Hatting
Der Karikaturenstreit und die damit einhergehende Diskussion über den islamischen Humor dominieren weiter die Feuilletons. Eine Ausnahme bildet hier die "Berliner Zeitung", die sich vor allem mit der nun beginnenden 56. Berlinale beschäftigt.
Die "bissigsten Witze über den Islam wird man in Teheran, Beirut oder Istanbul hören."
Diese überraschende Information gibt uns Nervid Kermani in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, die – wie fast alle deutschen Blätter - auch am Mittwoch Betrachtungen über den islamischen Humor anstellt. Warum die Veröffentlichung von zwölf Karikaturen dazu geführt hat, dass nicht nur die Feuilletons kaum ein anderes Thema mehr kennen, sondern auf den Straßen der wutentbrannten islamischen Welt mittlerweile Menschen sterben müssen, das erklärt der Iraner Kermani so:
"Es ging nicht um das Recht auf Kritik und den Witz als die Speerspitze freier Meinungsäußerung. Hier wurde und wird gelacht über eine andere Kultur. (…) Es ist und bleibt dumpfe Ausländerfeindlichkeit."
Die FAZ kontert mit einer Tautologie:
"Wahrer Glaube hängt vom Glauben ab."
Lesen wir dort in einem "Glosse" überschriebenen Ausflug in die Literatur der Aufklärung. Lessings "Nathan" steht hier Pate im Artikel von G. St. Er oder sie meint: Ein wahrer Christ ließe sich auch durch die schrecklichste Jesus-Karikatur nicht von seinem Glauben abbringen.
Dänische Künstler finden den aktuellen Streit bereits so inspirierend, dass sie ihn auf die Bühne bringen wollen, und zwar als Revue. Das berichtet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommt am Mittwoch tiefsinnig daher. Der Karikaturen-Streit sei kein Kampf der Kulturen. Das ist die Quintessenz von Jörg Räwels Artikel. Die hat er allerdings leider etwas versteckt hinter der schwerfälligen, mit Teilsätzen hantierenden Fachsprache. Beispiel:
"Modernen Verhältnissen wird keineswegs gerecht, eine Frontstellung zwischen zwei Kulturen oder Gesellschaften, einer archaischen, von Moral dominierten, und einer modernen, progressiven Perspektive, sehen zu wollen. Die funktional differenzierte Weltgesellschaft ist vielmehr durch die Tendenz ausgezeichnet, unterschiedliche gesellschaftliche Binnenperspektiven zu generieren, die arbeitsteilig unterschiedliche funktionale Aufgaben der Gesellschaft übernehmen."
Erfrischend klar dagegen dies:
"Wir respektieren zutiefst freie Meinungsäußerung"
Das verrät der Direktor des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira der Zeitung DIE WELT. Um sofort zu ergänzen:
"Aber diese Zeichnungen enthalten keine Information, offenbaren keine Meinung. Sie sind einfach nur verletzend."
Die Zeitung schreibt auch ein anderes Thema fort, das die Wochenzeitung DIE ZEIT am vergangenen Donnerstag angestoßen hatte. Dort veröffentlichten sechzig Sozialwissenschaftler einen Offenen Brief. Er richtete sich gegen eine Boulevardisierung der Integrationsdebatte. Zielscheibe des Protestes war vor allem Necla Kelek mit ihrem Buch "Die fremde Braut". Seither räumte das deutsche Feuilleton der attackierten Autorin viel Platz ein, um sich zu verteidigen.
Die Zeitung DIE WELT ist, ebenso wie die FAZ, auf Keleks Seite. Großformatig und breitspaltig eröffnet Miriam Lau das Feuilleton mit einer Verteidigung Keleks. Etwas kleiner darunter wird Mark Terkessidis befragt. Er ist einer der Unterzeichner des Briefes.
Ohne Integrationsdebatte und Karikaturenstreit macht die BERLINER ZEITUNG am Mittwoch ihr Feuilleton auf. Die 56. Berlinale beginnt. Und die BERLINER ZEITUNG lobt den Chef der Filmfestspiele, Dieter Kosslick:
"Mag (…) mancher schon vorab über eine weitere 'Berlinale des Grauens' und der 'Elendsfilme' lästern: Kosslicks Entscheidung, das politische Profil der Berlinale zu wahren, ist richtig aus Gründen der Kontinuität wie der Relevanz."
Vorschusslorbeeren für Dieter Kosslick, überreicht von Anke Westphal in der BERLINER ZEITUNG.
Diese überraschende Information gibt uns Nervid Kermani in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, die – wie fast alle deutschen Blätter - auch am Mittwoch Betrachtungen über den islamischen Humor anstellt. Warum die Veröffentlichung von zwölf Karikaturen dazu geführt hat, dass nicht nur die Feuilletons kaum ein anderes Thema mehr kennen, sondern auf den Straßen der wutentbrannten islamischen Welt mittlerweile Menschen sterben müssen, das erklärt der Iraner Kermani so:
"Es ging nicht um das Recht auf Kritik und den Witz als die Speerspitze freier Meinungsäußerung. Hier wurde und wird gelacht über eine andere Kultur. (…) Es ist und bleibt dumpfe Ausländerfeindlichkeit."
Die FAZ kontert mit einer Tautologie:
"Wahrer Glaube hängt vom Glauben ab."
Lesen wir dort in einem "Glosse" überschriebenen Ausflug in die Literatur der Aufklärung. Lessings "Nathan" steht hier Pate im Artikel von G. St. Er oder sie meint: Ein wahrer Christ ließe sich auch durch die schrecklichste Jesus-Karikatur nicht von seinem Glauben abbringen.
Dänische Künstler finden den aktuellen Streit bereits so inspirierend, dass sie ihn auf die Bühne bringen wollen, und zwar als Revue. Das berichtet die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU kommt am Mittwoch tiefsinnig daher. Der Karikaturen-Streit sei kein Kampf der Kulturen. Das ist die Quintessenz von Jörg Räwels Artikel. Die hat er allerdings leider etwas versteckt hinter der schwerfälligen, mit Teilsätzen hantierenden Fachsprache. Beispiel:
"Modernen Verhältnissen wird keineswegs gerecht, eine Frontstellung zwischen zwei Kulturen oder Gesellschaften, einer archaischen, von Moral dominierten, und einer modernen, progressiven Perspektive, sehen zu wollen. Die funktional differenzierte Weltgesellschaft ist vielmehr durch die Tendenz ausgezeichnet, unterschiedliche gesellschaftliche Binnenperspektiven zu generieren, die arbeitsteilig unterschiedliche funktionale Aufgaben der Gesellschaft übernehmen."
Erfrischend klar dagegen dies:
"Wir respektieren zutiefst freie Meinungsäußerung"
Das verrät der Direktor des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira der Zeitung DIE WELT. Um sofort zu ergänzen:
"Aber diese Zeichnungen enthalten keine Information, offenbaren keine Meinung. Sie sind einfach nur verletzend."
Die Zeitung schreibt auch ein anderes Thema fort, das die Wochenzeitung DIE ZEIT am vergangenen Donnerstag angestoßen hatte. Dort veröffentlichten sechzig Sozialwissenschaftler einen Offenen Brief. Er richtete sich gegen eine Boulevardisierung der Integrationsdebatte. Zielscheibe des Protestes war vor allem Necla Kelek mit ihrem Buch "Die fremde Braut". Seither räumte das deutsche Feuilleton der attackierten Autorin viel Platz ein, um sich zu verteidigen.
Die Zeitung DIE WELT ist, ebenso wie die FAZ, auf Keleks Seite. Großformatig und breitspaltig eröffnet Miriam Lau das Feuilleton mit einer Verteidigung Keleks. Etwas kleiner darunter wird Mark Terkessidis befragt. Er ist einer der Unterzeichner des Briefes.
Ohne Integrationsdebatte und Karikaturenstreit macht die BERLINER ZEITUNG am Mittwoch ihr Feuilleton auf. Die 56. Berlinale beginnt. Und die BERLINER ZEITUNG lobt den Chef der Filmfestspiele, Dieter Kosslick:
"Mag (…) mancher schon vorab über eine weitere 'Berlinale des Grauens' und der 'Elendsfilme' lästern: Kosslicks Entscheidung, das politische Profil der Berlinale zu wahren, ist richtig aus Gründen der Kontinuität wie der Relevanz."
Vorschusslorbeeren für Dieter Kosslick, überreicht von Anke Westphal in der BERLINER ZEITUNG.