Von André Hatting

Die "Zeit" beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Islam und Integration, aber auch mit dem weit verbreiteten Antisemitismus im Nahen Osten. Die FAZ ruft zum Nachdruck der umstrittenen Mohamed-Karikaturen auf, um so ein Zeichen für die Pressefreiheit zu setzen.
Islam, Muslime, Integration: dieses Trio steht nicht nur in der Tagespolitik hoch im Kurs. Auch in den Feuilletons floriert das Thema. Besonders prominent diesmal in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Klaus Holz hat sich kluge Gedanken zum islamistischen Antisemitismus gemacht. Anlass ist eine in Teheran geplante gemeinsame Konferenz von rechtsradikalen Ideologen wie Horst Mahler und David Irving und islamistischen Antisemiten.

Holz führt aus, dass der Antisemitismus zunächst mithilfe des Nationalsozialismus im arabischen Raum sich verbreiten konnte. Nach 1945 prägte Stalins Antizionismus das Bild vieler Menschen im Nahen Osten. Noch heute beruft sich die Hamas in ihrer Charta auf antisemitische Texte, die in den 20er Jahren in der Sowjetunion reißenden Absatz fanden. Sie wähnen im Judentum eine imperialistische Macht. Darum schlussfolgert der Autor:
"Solange die antisemitische Interpretation der israelischen Staatsgründung im arabischen Raum verbreitet ist und ihr kaum widersprochen wird, sind die ideologischen Voraussetzungen für ein friedliches Zusammenleben im Nahen Osten nicht gegeben."

Eine Woche vor Beginn der Berlinale hat sich Katja Nicodemus für DIE ZEIT unter Irans Filmemacher gemischt. Ihr "Expedition" genannter Text nimmt uns mit durch Teheran, besucht Regisseure, Filmverleiher und die Konsumenten. Wir flanieren mit der Autorin durch Schnittstudios auf Hinterhöfen, Minibüros in Kellern und Penthäusern mit neuesten Plasmabildschirmen im reichen Norden der Stadt. Ihr Fazit:

"Obwohl die kulturfeindlichen Äußerungen von Mahmud Ahmadineschad durchaus ein Thema sind, ist die Stimmung unter den Filmemachern keineswegs oppositionell. Eher hat man das Gefühl, dass jeder macht, was er will, solange es ihm nicht untersagt wird. (…) Diese Entschlossenheit, trotz allem die Filme zu machen, die man will, ist das wirklich Bewegende am gegenwärtigen iranischen Kino."

schreibt Katja Nicodemus in der ZEIT. Das macht neugierig: Werke Iranischer Filmemacher sind mit einem starken Dutzend in diesem Jahr auf der Berlinale zu sehen.

"Gerechtigkeit für die Muslime!" springt uns eine Überschrift entgegen. Auch sie zu finden in der Wochenzeitung. Die Wissenschaftler Mark Terkessidis und Yasemin Karakasoglu empören sich in einem offenen Brief über die Boulevardisierung der Integrationsdebatte.

Die Politik stütze sich hierzulande auf Vorurteile, kritisieren die Autoren, weil sie ihre Argumente aus Werken wie "Die fremde Braut" von Necla Kelek beziehe. Diese "Literatur ist unwissenschaftlich und arbeitet ganz offensichtlich mit unseriösen Mitteln", warnen Terkessidis und Karakasoglu. Kelek selbst sei nämlich vor drei Jahren in ihrer Dissertation zum Thema Islam zu gegenteiligen Ergebnissen gekommen als in ihrem Buch "Die fremde Braut". Das Interviewmaterial aber sei stellenweise dasselbe.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG trägt mit zwei Artikeln zur aktuellen Diskussion um Integration und Islamismus bei. Wie schon die Mittwochsausgabe des Radiofeuilletons im Deutschlandradio Kultur, so beschäftigt sich nun auch noch einmal die FAZ mit dem Streit um die Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Tageszeitung. Die Frankfurter hatten bereits am 3. November die umstrittenen Bilder abgedruckt. Sie wünschen sich viele Nachahmer:

"Tatsächlich ist in dieser Phase der Eskalation, in der wir seit der erzwungenen Entschuldigung der dänischen Zeitung stehen, nicht Kuschen, sondern Publizieren der gebotene Schritt zur Deeskalation."

Die BERLINER ZEITUNG denkt mit Verspätung über die Folgen des Hamas-Sieges in den Palästinensergebieten nach. Die Zeitung DIE WELT, der Berliner TAGESSPIEGEL und die SÜDDEUTSCHE gratulieren dem Historiker Fritz Stern zum 80. Geburtstag.