Von André Hatting
Die "FAZ" greift in ihrem Feuilleton den 94. Bibliothekentag auf und wagt die These, dass die Digitalisierung mehr Probleme mit sich bringt, als dass sie nützt. Der "Tagesspiegel" rezensiert aus Anlass der Leipziger Buchmesse, die am Donnerstag beginnt, das Buch der kroatischen Schriftstellerin Slavenka Drakulic "Keiner war dabei".
Die CeBIT ist noch nicht ganz vorbei, da lesen wir schon Ketzerisches zum Thema Digitalisierung. Und zwar in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Zum 94. Bibliothekartag wettert in der FAZ ein Fachmann gegen die elektronische Speicherung von Büchern.
"Alle verfügbaren Analysen zeigen: Die Digitalisierung kommt den Bibliotheken und damit die Steuerzahler nicht billiger zu stehen, sondern teurer."
Schreibt Uwe Jochum, Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Konstanz. Seine Behauptung überrascht. Bis man das Argument liest:
Die Verteuerung "… liegt daran," schreibt Jochum, "daß die Kosten für die langfristige Vorhaltung der Daten über mehrer Generationen von Hard- und Software hinweg immens steigen. (…) Daten, die gestern noch lesbar waren, sind es nach einem Systemwechsel nicht mehr; und Daten, die heute produziert werden, werden in einigen Jahren Probleme bereiten."
Der Leser erinnert sich schmerzhaft an die letzte Systemumstellung auf seinem Rechner. Und plötzlich erscheinen die Bücher moderner als jede Festplatte.
Bücher sind auch das Thema im Feuilleton-Aufmacher des Berliner TAGESSPIEGEL. Am Donnerstag beginnt die Leipziger Buchmesse. Beim Eröffnungsakt wird die kroatische Schriftstellerin Slavenka Drakulic mit dem Buchpreis für Europäische Verständigung geehrt. Im TAGESSPIEGEL ehrt sie ihr Landsmann Bora Cosic. Über Slovenkas Buch "Keiner war dabei", das den jugoslawischen Bürgerkrieg zum Thema hat und für das die Schriftstellerin ausgezeichnet wird, schreibt Cosic: Sie
"… saß monatelang im Gerichtssaal in Den Haag, wo sie die größten Verbrecher unserer Völker beobachtete. "Keiner war dabei" ist ihre Antwort auf den Bericht aus Jerusalem, nach dem Motiv von Hannah Arendt."
Das größte Verdienst von Slavenka Drakulics Buch sieht Cosic darin,
"die deformierten Gesichter des Bösen auf normale Physiognomien zurückzuführen."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG finden wir den autobiografisch geprägten Bericht einer taiwanesischen Journalistin.
"Ich bin wie die meisten Taiwanesen: Ich glaube an die Götter aus China, bin verliebt in die alte klassische Kultur und ‚unsichtbar unabhängig’ (…) Nur ein paar Fundamentalisten sind für die laut ausgesprochene Unabhängigkeit Taiwans. Unglücklicherweise sitzen die aber in der Regierung in Taipeh."
Die Stuttgarter Staatsoper hat Albert Lortzings Oper "Der Wildschütz" neu entdeckt. Wie gut das dem englischen Regisseur Nigel Lowery gelungen sei, darüber gehen die Kritikermeinungen erstaunlich weit auseinander. "Genial" findet etwa die FAZ, wie Lowery jene Komik entfaltet habe, die Lortzing noch vor knapp 50 Jahren zu einem der meistgespielten Opernkomponisten in Deutschland gemacht habe. Dagegen ärgert den TAGESSPIEGEL aus Berlin, dass Lowery zwar Satire und Ironie wolle, es aber "doch nur bis zum ausgestopften Schäferhund (schaffe)".
"Ein höchst anregendes Vexierbild" hat wiederum der Rezensent der SÜDDEUTSCHEN in Stuttgart erlebt. Und aus dem Feuilleton der WELT schimpft es, dass die Inszenierung ein Vergehen an Lortzing sei.
Zum Glück finden wir in der WELT aber auch die frohe Botschaft des Tages. Sie lautet: Die Schriftsteller, Künstler und Theatermacher sind nach wie vor die Meinungsführer in Deutschland. Grass, Walser und Enzensberger führen ein "Intellektuellen-Ranking" an, das der Wirtschaftswissenschaftler Max Höfer ermittelt hat. - Aber da lauert auch schon die schlechte Botschaft. Intellektuellen-Ranking – was soll das sein? DIE WELT erklärt:
"2000 Namen hat Höfer (in Suchmaschinen) eingegeben (…) Die Top-Zweihundert des Deutschen Geisteslebens teilt er uns mit. Was sagen sie uns?"
Fragt die Zeitung DIE WELT. Und gibt darauf leider keine klare Antwort. Zu gern hätten wir gewusst, was diese dubiose Hitparade soll. Intellektuellen-Ranking – klingt das nicht nach Fernsehshows wie die 100 klügsten, schönsten, wichtigsten und dämlichsten Deutschen - also mehr nach RTL als nach Intellekt?
"Alle verfügbaren Analysen zeigen: Die Digitalisierung kommt den Bibliotheken und damit die Steuerzahler nicht billiger zu stehen, sondern teurer."
Schreibt Uwe Jochum, Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Konstanz. Seine Behauptung überrascht. Bis man das Argument liest:
Die Verteuerung "… liegt daran," schreibt Jochum, "daß die Kosten für die langfristige Vorhaltung der Daten über mehrer Generationen von Hard- und Software hinweg immens steigen. (…) Daten, die gestern noch lesbar waren, sind es nach einem Systemwechsel nicht mehr; und Daten, die heute produziert werden, werden in einigen Jahren Probleme bereiten."
Der Leser erinnert sich schmerzhaft an die letzte Systemumstellung auf seinem Rechner. Und plötzlich erscheinen die Bücher moderner als jede Festplatte.
Bücher sind auch das Thema im Feuilleton-Aufmacher des Berliner TAGESSPIEGEL. Am Donnerstag beginnt die Leipziger Buchmesse. Beim Eröffnungsakt wird die kroatische Schriftstellerin Slavenka Drakulic mit dem Buchpreis für Europäische Verständigung geehrt. Im TAGESSPIEGEL ehrt sie ihr Landsmann Bora Cosic. Über Slovenkas Buch "Keiner war dabei", das den jugoslawischen Bürgerkrieg zum Thema hat und für das die Schriftstellerin ausgezeichnet wird, schreibt Cosic: Sie
"… saß monatelang im Gerichtssaal in Den Haag, wo sie die größten Verbrecher unserer Völker beobachtete. "Keiner war dabei" ist ihre Antwort auf den Bericht aus Jerusalem, nach dem Motiv von Hannah Arendt."
Das größte Verdienst von Slavenka Drakulics Buch sieht Cosic darin,
"die deformierten Gesichter des Bösen auf normale Physiognomien zurückzuführen."
In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG finden wir den autobiografisch geprägten Bericht einer taiwanesischen Journalistin.
"Ich bin wie die meisten Taiwanesen: Ich glaube an die Götter aus China, bin verliebt in die alte klassische Kultur und ‚unsichtbar unabhängig’ (…) Nur ein paar Fundamentalisten sind für die laut ausgesprochene Unabhängigkeit Taiwans. Unglücklicherweise sitzen die aber in der Regierung in Taipeh."
Die Stuttgarter Staatsoper hat Albert Lortzings Oper "Der Wildschütz" neu entdeckt. Wie gut das dem englischen Regisseur Nigel Lowery gelungen sei, darüber gehen die Kritikermeinungen erstaunlich weit auseinander. "Genial" findet etwa die FAZ, wie Lowery jene Komik entfaltet habe, die Lortzing noch vor knapp 50 Jahren zu einem der meistgespielten Opernkomponisten in Deutschland gemacht habe. Dagegen ärgert den TAGESSPIEGEL aus Berlin, dass Lowery zwar Satire und Ironie wolle, es aber "doch nur bis zum ausgestopften Schäferhund (schaffe)".
"Ein höchst anregendes Vexierbild" hat wiederum der Rezensent der SÜDDEUTSCHEN in Stuttgart erlebt. Und aus dem Feuilleton der WELT schimpft es, dass die Inszenierung ein Vergehen an Lortzing sei.
Zum Glück finden wir in der WELT aber auch die frohe Botschaft des Tages. Sie lautet: Die Schriftsteller, Künstler und Theatermacher sind nach wie vor die Meinungsführer in Deutschland. Grass, Walser und Enzensberger führen ein "Intellektuellen-Ranking" an, das der Wirtschaftswissenschaftler Max Höfer ermittelt hat. - Aber da lauert auch schon die schlechte Botschaft. Intellektuellen-Ranking – was soll das sein? DIE WELT erklärt:
"2000 Namen hat Höfer (in Suchmaschinen) eingegeben (…) Die Top-Zweihundert des Deutschen Geisteslebens teilt er uns mit. Was sagen sie uns?"
Fragt die Zeitung DIE WELT. Und gibt darauf leider keine klare Antwort. Zu gern hätten wir gewusst, was diese dubiose Hitparade soll. Intellektuellen-Ranking – klingt das nicht nach Fernsehshows wie die 100 klügsten, schönsten, wichtigsten und dämlichsten Deutschen - also mehr nach RTL als nach Intellekt?