Von André Hatting
Drei große Tageszeitungen machen in ihren Feuilletons mit dem Thema Sterbehilfe auf. Anlass ist der chilenische Film "Das Meer in mir", in dem einem Behinderten Menschen beim Sterben geholfen wird. Der Film kommt jetzt in die deutschen Kinos.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, DIE WELT und die FRANKFURTER ALLGEMEINE: Alle drei lassen in den Aufmachern ihrer Feuilletons über das heikle Thema Sterbehilfe sinnieren. Angeregt vom jungen chilenischen Regisseur Alejandro Amenábar. Dessen Werk "Das Meer in mir" hat soeben den Oscar als bester ausländischer Film gewonnen. Jetzt kommt die wahre Geschichte über einen Querschnittsgelähmten, der mit fremder Hilfe und vor laufender Kamera den Freitod wählt, in die deutschen Kinos.
"Die große Stärke des Films besteht darin", schreibt Peter Zander in der Zeitung DIE WELT, "daß er den juristischen Fall wohl aufrollt, sich aber nicht damit begnügt. Und sich auch nicht in verallgemeinernde Phrasen und Thesen verrennt."
Die große Schwäche sieht Zander darin, dass Amenábar nichts auslasse: Auch nicht "die etwas platte Symbolik, wenn eine Mitstreiterin schwanger wird und ein Leben gebärt, während ein anderer es verweigert". Auch Rainer Gansera empfindet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Zwiespältiges zu Amenábars Film.
Er versuche nämlich "einen waghalsigen, paradoxen […] Balanceakt: Er weckt Sympathie für [den] […] Wunsch nach menschenwürdigem, selbstbestimmtem Sterben und zeigt doch zugleich, wie der Schwerstkranke in den Menschen, die um ihn sind, ein Verlangen nach der Fülle aller Lebensmöglichkeiten erweckt."
Verena Lueken denkt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG darüber nach, was wohl der Regisseur denken möge. Der wundere sich wahrscheinlich, warum das Thema Sterbehilfe "als Filmstoff bis heute nicht wirklich gefragt ist." Autorin Lueken gerät ins Schwärmen, und fragt
"wie sonst […] außer im Schatten des Todes, ließe sich gleichzeitig von Liebe, Freiheit, von Phantasie, Erinnerung und Hoffnung, von Verlust, Verzicht, Verstehen und auch von der Angst und vom Vergessen erzählen?"
Also eigentlich von allem? Es muss ein wirklich interessanter Film sein.
Interessant auch das Gespräch Frank Schirrmachers mit dem Sohn von Walter Frentz. In dem erfahren wir unter anderem, wie man vom Kajak-Naturfilmer zu Hitlers Cheffotografen aufsteigt. Oder doch eher absteigt? Als von Goebbels’ Propagandaministerium eingesetzter Gegenspieler zu Leni Riefenstahl nämlich. Schade nur, dass Frank Schirrmacher seinen Gesprächpartner nicht fragt, woher dessen Meinung nach die neue Gier der Medien nach Privataufnahmen von Nazi-Barbaren rührt. Die Meinung des Sohnes von Hitlers wichtigstem Fotografen hätte uns schon gereizt.
Christo und Jeanne-Claude haben ihre farbigen Fahnen wieder abgebaut. Die 7500 orangenen Tore flattern nicht mehr im New Yorker Central Park. Dafür jetzt rote Fahnen vor der Wiener Kunsthalle. Und zwar türkische. Feridun Zaimoglu – von der BERLINER ZEITUNG "Multikultikünstler" genannt – hat 400 türkische Nationalflaggen über die neobarocke Fassade gehängt. Der Künstler versteht seine Aktion so:
"Die Installation im öffentlichen Raum stelle augenfällig die Frage nach dem Umgang Europas mit der Türkei und sei als ein Beitrag zur Klärung politischer und gesellschaftlicher Fragen und verstehen",
zitiert die BERLINER ZEITUNG Zaimoglus Interpretation. Die rechtsradikale Freiheitliche Partei Österreichs sieht in Zaimoglus Arbeit ein "Skandalvorhaben". Das verwundert nicht. Grotesk dagegen die Begründung: Türkische Fahnen in der österreichischen Hauptstadt gut 420 Jahre nach der letzten Belagerung durch die Osmanen – das schüre Fremdenfeindlichkeit. Also warnt die fremdenfeindliche FPÖ.
Die BERLINER ZEITUNG ehrt außerdem den "Jazz-Befreier" Ornette Coleman. Der Saxofonist wird 75 Jahre alt.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG berichtet unter anderem von der neuen Hegemonie russischer Immigranten in der Kulturszene Israels. Und der Berliner TAGESSPIEGEL porträtiert Salah Stétié, nennt den 75-jährigen den "Dichter des Libanon" und erklärt dessen Gabe zu schweigen.
"Die große Stärke des Films besteht darin", schreibt Peter Zander in der Zeitung DIE WELT, "daß er den juristischen Fall wohl aufrollt, sich aber nicht damit begnügt. Und sich auch nicht in verallgemeinernde Phrasen und Thesen verrennt."
Die große Schwäche sieht Zander darin, dass Amenábar nichts auslasse: Auch nicht "die etwas platte Symbolik, wenn eine Mitstreiterin schwanger wird und ein Leben gebärt, während ein anderer es verweigert". Auch Rainer Gansera empfindet in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Zwiespältiges zu Amenábars Film.
Er versuche nämlich "einen waghalsigen, paradoxen […] Balanceakt: Er weckt Sympathie für [den] […] Wunsch nach menschenwürdigem, selbstbestimmtem Sterben und zeigt doch zugleich, wie der Schwerstkranke in den Menschen, die um ihn sind, ein Verlangen nach der Fülle aller Lebensmöglichkeiten erweckt."
Verena Lueken denkt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG darüber nach, was wohl der Regisseur denken möge. Der wundere sich wahrscheinlich, warum das Thema Sterbehilfe "als Filmstoff bis heute nicht wirklich gefragt ist." Autorin Lueken gerät ins Schwärmen, und fragt
"wie sonst […] außer im Schatten des Todes, ließe sich gleichzeitig von Liebe, Freiheit, von Phantasie, Erinnerung und Hoffnung, von Verlust, Verzicht, Verstehen und auch von der Angst und vom Vergessen erzählen?"
Also eigentlich von allem? Es muss ein wirklich interessanter Film sein.
Interessant auch das Gespräch Frank Schirrmachers mit dem Sohn von Walter Frentz. In dem erfahren wir unter anderem, wie man vom Kajak-Naturfilmer zu Hitlers Cheffotografen aufsteigt. Oder doch eher absteigt? Als von Goebbels’ Propagandaministerium eingesetzter Gegenspieler zu Leni Riefenstahl nämlich. Schade nur, dass Frank Schirrmacher seinen Gesprächpartner nicht fragt, woher dessen Meinung nach die neue Gier der Medien nach Privataufnahmen von Nazi-Barbaren rührt. Die Meinung des Sohnes von Hitlers wichtigstem Fotografen hätte uns schon gereizt.
Christo und Jeanne-Claude haben ihre farbigen Fahnen wieder abgebaut. Die 7500 orangenen Tore flattern nicht mehr im New Yorker Central Park. Dafür jetzt rote Fahnen vor der Wiener Kunsthalle. Und zwar türkische. Feridun Zaimoglu – von der BERLINER ZEITUNG "Multikultikünstler" genannt – hat 400 türkische Nationalflaggen über die neobarocke Fassade gehängt. Der Künstler versteht seine Aktion so:
"Die Installation im öffentlichen Raum stelle augenfällig die Frage nach dem Umgang Europas mit der Türkei und sei als ein Beitrag zur Klärung politischer und gesellschaftlicher Fragen und verstehen",
zitiert die BERLINER ZEITUNG Zaimoglus Interpretation. Die rechtsradikale Freiheitliche Partei Österreichs sieht in Zaimoglus Arbeit ein "Skandalvorhaben". Das verwundert nicht. Grotesk dagegen die Begründung: Türkische Fahnen in der österreichischen Hauptstadt gut 420 Jahre nach der letzten Belagerung durch die Osmanen – das schüre Fremdenfeindlichkeit. Also warnt die fremdenfeindliche FPÖ.
Die BERLINER ZEITUNG ehrt außerdem den "Jazz-Befreier" Ornette Coleman. Der Saxofonist wird 75 Jahre alt.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG berichtet unter anderem von der neuen Hegemonie russischer Immigranten in der Kulturszene Israels. Und der Berliner TAGESSPIEGEL porträtiert Salah Stétié, nennt den 75-jährigen den "Dichter des Libanon" und erklärt dessen Gabe zu schweigen.