Von Adelheid Wedel

„SZ“ und „FAZ“ rezensieren Joachim Fests „Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend“. Es behandelt die gleiche Periode wie Günter Grass’ Biografie, die am Montagabend in Berlin Buchpremiere feierte. Zudem befasst sich die „FAZ“ mit dem ersten Interview des Entführungsopfers Natascha Kampusch.
Ab Donnerstag dieser Woche druckt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Joachim Fests „Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend“ vorab. Die FAZ und die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geben ihren Lesern in ausführlichen Rezensionen einen Einblick in dieses neue Werk deutscher Erinnerungsliteratur, das am 22. September erscheint. Beide Rezensenten, Gustav Seibt in der SZ und Felicitas von Lovenberg in der FAZ loben es kräftig.

In der FAZ, für deren Feuilleton Joachim Fest einst verantwortlich war, erfahren wir über das Buch mit dem Titel „Ich nicht“, es lese sich „wie eine Schule der Nicht-Anpassung, weil ein Bemühen um Rechtschaffenheit darin zum Ausdruck kommt, die Intellekt und Charakter des Verfassers geprägt haben.“

Joachim Fest hat mit diesem Buch vor allem seinem Vater ein Denkmal gesetzt, der nicht angepasst politisches Mitläufertum verachtete. Gustav Seibt schreibt:

„Als Autor und Erzähler von Geschichten hat sich Joachim Fest zum dankbaren Erben gemacht, zum Nachfolger eines großen Vaters. Dieser hatte ihm das ‚Gossenthema’ Hitler noch ausreden wollen. Aber der eigenwillige Sohn folgte ihm diesmal nicht; doch blieb er ihm treu, indem er sich seinem Lebensthema mit stoischer Überlegenheit näherte.“

Als sich Joachim Fest als Freiwilliger meldet, weil dies im Jahr 1944 der einzige Weg sei, nicht zur SS eingezogen zu werden, stößt auch das beim Vater auf Unverständnis.

„Er schreibt dem Sohn, zu dem Verbrecherkrieg Hitlers melde man sich nicht freiwillig.“

Mit Grass’ Biografie und den Erinnerungen von Fest liegen nun zwei Bücher vor von zwei Männern gleichen Alters über die gleiche Zeit, man wird sie in Korrespondenz zueinander lesen.

Womit wir noch einmal bei Günter Grass wären, dessen Auftritt bei der Buchpremiere am Montagabend im Berliner Ensemble die Zeitungen reflektieren. In der TAZ berichtet Gerrit Bartels von „einer seltsamen Veranstaltung“. Und zum Gespräch mit Wolfgang Herles:

„Man spürt, dass hier zwei Welten nicht zusammenkommen, und man ahnt auch, dass Grass den Grund seines Schweigens im Leben nicht mehr benennen wird. Warum sollte er auch? Ansonsten vermittelt dieser Abend, dass Grass sich gewissermaßen auserinnert hat; dass sich in noch so vielen Gesprächen nicht mehr klären lässt, als schon in seinem Buch steht.“

Diesen Gedanken betont auch Heinrich Wefing in der FAZ, indem er den Moderatorenwunsch aufnimmt:

„Nun möge das Buch sprechen.“

Um viel Geld geht es bei den Erinnerungen von Natascha Kampusch, dem Entführungsopfer aus Österreich. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zählt auf, wer alles und wie mitmischt bei der Vermarktung des Falls, es handele sich um „eine höchst professionelle Strategie eines Beraterteams aus PR-Experten, Anwälten und Psychologen, das sich dicht um seinen Schützling schart“.

Über rund 300 Anfragen internationaler Medien war zu entscheiden. Der deutsche Privatsender RTL zahle eine sechsstellige Summe für sein erstes Interview am Mittwochabend, eine Stunde später als im österreichischen Rundfunk ORF, bei dem aber die Zuchauer das Gesicht des Opfers nicht sehen werden, informiert die FAZ .

„So bleibt das Gesicht aufgehoben für spätere Enthüllungsmöglichkeiten.“

Inzwischen gibt es Klagen der Mutter, weil die Tochter manipuliert werde, sowie Klagen des Vaters um Schmerzensgeld. Die Zeitung resümiert:

„Die rechtzeitige Vermarktung ihres Martyriums scheint inzwischen der oberste Wert aller Fürsorge um Natascha Kampusch zu sein.“

Sehr viel Geld soll auch für Jan Ullrich geflossen sein, das meldet der TAGESSPIEGEL auf seiner Medienseite.

„Wer in der ARD hatte mit dem mittlerweile unter Dopingverdacht stehenden Radprofi einen lukrativen Honorarvertrag geschlossen, wer trägt die Verantwortung für diese Verwendung von Gebührengeldern?“

Das fragt Joachim Huber. Jährlich soll Ullrich eine sechsstellige Summe überwiesen bekommen haben für Gegenleistungen wie ein tägliches Tagebuch, für Showauftritte und Reportagen. Bei der Suche nach den Verantwortlichen tun sich nun bei den Sportchefs der ARD Gedächtnislücken auf. Wie soll man dann aber glauben, dass es keinen zweiten derartigen Vertrag gebe. ARD-Kreise behaupten, „der Jan-Ullrich-Vertrag sei ein Einzelfall, die berüchtigte Ausnahme“.