Von Adelheid Wedel

Die Berlinale ist das bestimmende Thema der Feuilletons vom Mittwoch und besonders herausgestellt wird Michael Winterbottoms Film „The Road to Guantanamo“. Die „Welt“ sieht in dem Karikaturenstreit eine „Fortsetzung des Terrors mit den Mitteln der Masse“. Der Tagesspiegel gratuliert Franz Xaver Kroetz um 60. Geburtstag und die „Süddeutsche“ sorgt sich um den Stachel Heines, den er angesichts der Veröffentlichungsflut biedermeierlicher Bücher zum Heine-Jahr zu verlieren droht.
Die Berlinale ist das bestimmende Thema der Feuilletons vom Mittwoch und besonders herausgestellt wird Michael Winterbottoms Film „The Road to Guantanamo“. Im TAGESSPIEGEL schreibt Christiane Peitz:

„Winterbottom provoziert die Publikums-Empörung mit der Geste: Seht her, hier werden Unschuldige gefoltert.“

Das ist ihrer Meinung nach eine vereinfachende Aussage, denn Folter gehöre immer geächtet. Der perfekte Filmemacher für die sich rasend wandelnden Zeiten – so bezeichnet Hans-Goerg Rodek in der WELT den britischen Filmregisseur. Und er lobt weiter:

„The Road to Guantanamo ist das bisherige Meisterstück jener spezifischen Winterbottomschen Inszenierungsweise der Emotionalisierung durch Tatsachen.“

In der BERLINER ZEITUNG bringt es Jens Balzer auf den Punkt, wenn er zusammenfasst:

„Der Regisseur zeigt in niederwerfender Dringlichkeit: Guantanamo Bay ist die Schande der westlichen Welt. Und es ist ihr Menetekel.“

Die Zeitung DIE WELT unternimmt noch einmal einen Erklärungsversuch in Sachen Karikaturenstreit und Protest der Muslime gegen die dänischen Witzbilder. Dabei zeichnet der Soziologe Wolfgang Sofsky ein sehr düsteres Bild der Protestierenden und ihrer Motive:

„Mitnichten ist die Menge auf demokratische Freiheiten aus. Der Impuls, der sie antreibt, ist viel älter. Die Masse der Frommen will ihrer ungläubigen Todfeinde habhaft werden, will sie schächten und verbrennen. Sie hat den Westen insgesamt im Visier.“

Sofsky hält die Aufmärsche in Damaskus, in Jakarta, Beirut und Teheran für eine Fortsetzung des Terrors mit den Mitteln der Meute. Der TAGESSPIEGEL berichtet davon, wie sein Karikaturist Klaus Stuttmann durch eine Zeichnung zum Thema Fußballweltmeisterschaft iranischen Protest und Morddrohungen gegen ihn ausgelöst hat.

„Die Karikatur zeigt vier iranische Fußballer mit Sprengstoffgürteln um den Bauch, daneben bewaffnete Bundeswehrsoldaten. Textzeile: Warum bei der WM unbedingt die Bundeswehr zum Einsatz kommen muss.“

Er wollte weder die iranische Nationalmannschaft noch das iranische Volk damit beleidigen, entschuldigte er sich auf seiner Homepage.

Am 25. Februar wird Franz Xaver Kroetz 60 Jahre alt und der TAGESSPIEGEL gratuliert vorfristig. Mirko Weber fragt, ob man den Theatermann Kroetz eigentlich noch kenne, denn die Bühnen spielen seine Stücke fast nicht mehr. „Diese Art von politischem Theater ist lange tot“, meint Weber. Aber Kroetz schreibt weiter.

„Gerade hat sein Verlag ‚15 ungewaschene Stories‘ veröffentlicht.“

Und er inszeniert in München die Uraufführung von Jörg Grasers Stück „Servus Kabul“. „Irgendwie ist der Kroetz jetzt wieder da angekommen, wo er einmal losgegangen ist: beim Volkstheater“, urteilt der Autor im TAGESSPIEGEL und verrät noch, dass Kroetz demnächst eine Sammlung von Einaktern für das Bayerische Staatsschauspiel einrichten wird, die er gegen und über das Fernsehen geschrieben hat, „wo“ – so sagt Kroetz – „Menschen auf 60 Programmen das Rückgrat zerhackt wird“.

Wir nähern uns dem 150. Todestag von Heinrich Heine und das ist der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Anlass, auf insgesamt elf Neuerscheinungen zu diesem heute hoch verehrten Dichter zu verweisen:

„Der Blick auf die Neuerscheinungen fällt nicht euphorisch aus: In diesem Jahr steht zu befürchten, dass die Deutschen ihren Heine so lieb gewonnen haben, dass von seinem Stachel bald nichts mehr übrig bleibt. Die Bücher zum Heine-Jahr sind fast durchweg Biedermeier.“

Volker Breidecker beschwert sich außerdem darüber, dass die Aktualitätswut der Verlage ein seltsames Verhalten nach sich zieht: Man wartet das Datum nicht mehr ab, sondern veröffentlicht immer früher. Und für Heine gilt:

„Sein Todestag steht bereits für das Verfallsdatum dieser Produktion. Danach wird Kasse gemacht und darf verramscht werden.“

Wie ein Gegenentwurf zu dieser Praxis liest sich der zeitlose Titel zu einer neu edierten Briefesammlung Heines bei Hoffmann und Campe: „…Und grüßen Sie mir die Welt“. Nicht nur an Todes- oder Geburtstagen.