Von Adelheid Wedel

Die „Frankfurter Rundschau“ und die „Süddeutsche Zeitung“ loben den 22. Deutschen Philosophenkongress in München. Und in der „Welt“ äußert sich der ungarische Schriftsteller György Dalos kritisch zur politischen Situation in seinem Heimatland.
Da hat München ein schönes Kontrastprogramm: Auf der einen Seite Einzug der Philosophen, auf der anderen Seite die Wies'n und das a'zapfte Bier. In der FRANKFURTER RUNDSCHAU schmückt die Seite mit dem Bericht vom Philosophentreffen das Foto eines mächtigen Humpens voll schäumenden Biers, während die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG den Einzug der Teilnehmer am 22. Deutschen Philosophenkongress in München dokumentiert. Unter der Überschrift „Trommeln für die Menschenrechte“ tragen mehrere Journalisten ihre Eindrücke vom Kongress mosaikartig zusammen und überraschen uns Leser mit der Erkenntnis:

„Es mag vielleicht keine ganz großen Philosophen mehr geben, von den üblichen Ausnahmen abgesehen, aber es gibt viele! Mehr als 400 Vorträge waren in der vergangenen Woche an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität“ und an vielen anderen Plätzen in der Stadt „zu hören“. Der Münchner Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin „hatte gerufen und die Denkwilligen strömten herbei“.

Der Kongress unter dem Motto „Welt der Gründe“ wird von beiden Zeitungen als Erfolg verbucht. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU macht dabei besonders auf die Öffnung des Kongresses für ein nicht universitäres Publikum aufmerksam. Wo wurde nicht überall philosophiert! Im Gewerkschaftshaus, im Caritas Zentrum, in der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Tiefparterre der Kunstarkaden – kurzum „Philosophie in der lärmenden Großstadt. Und so avancierte das Philosophentreffen von einer Minderheitenveranstaltung zu einem gesellschaftlichen Ereignis erster Güte.“

Der erstmals ausgeschriebene Nachwuchspreis für Philosophie wurde an den Tunesier Sarhan Dhouib verliehen. Er führte aus, dass Menschenrechte auch in islamischen Ländern begründbar sind. In seiner Dankesrede erinnerte Dhouib an seine Landsleute: „Während er über die Freiheit nur nachgedacht habe, seien sie dafür gestorben.“

In der Tageszeitung DIE WELT äußert sich der ungarische Schriftsteller György Dalos kritisch zur politischen Situation in seinem Heimatland. Es klingt zunächst moderat, wenn er sagt: „Ungarns Demokratie hatte schon einmal eine bessere Qualität.“ Dann aber klagt er: „Seit den 90er-Jahren entstand eine Hass- statt einer politischen Kultur. Das ist nicht nur Parteienkampf, es gibt ungeheure soziale Spannungen, die aufgelöst werden müssen. Die Positionen, auf denen sich die Parteien befinden, machen das Gespräch unmöglich."#

Dies müsse geändert werden; Dalos schlägt vor, was schon 1989/90 erfolgreich vereinbart worden war: „Eine liberale Demokratie auf der Grundlage von Respekt und Toleranz.“ Der 1943 in Budapest geborene Autor lehnt ein Links-Rechts-Schema ab, „nur zusammen seien Links und Rechts ein Ganzes. Vor allem aber muss der Hass abgebaut werden, der den mentalen Zustand der ganzen Gesellschaft gefährdet und den Nährboden für Rassismus bildet“, sagt Dalos in dem ausführlichen Interview in der WELT.

Ebenfalls in der WELT lesen wir eine erstaunliche Geschichte, versteckt in einer Frage: „Wie kam es zur ersten und einzigen Rekonstruktion eines gotischen Bauwerks in Deutschland?“ Dankwart Guratzsch schreibt: „Am Sonntag erhält die über tausendjährige Stadt Wesel ihr Gesicht zurück: das spätgotische Rathaus von 1455 mit seiner flämisch-burgundischen Prachtfassade.“

Der Autor macht eine beeindruckende Rechnung auf: „66 Jahre nach der Totalzerstörung der Stadt, 30 Jahre nach ersten Forderungen der Bürger, 25 Jahre nach Gründung der Bürgerinitiative, acht Jahre nach dem Ratsbeschluss wird die erste und einzige Rekonstruktion eines gotischen Bauwerks in Deutschland feierlich eingeweiht. Handwerker aller Sparten mussten wieder Gotik lernen, Firmen aus ganz Deutschland sich in vergessene Techniken eindenken, um der Fassade ihre Filigranität und Pracht zurückzugeben.“

Was für ein vorläufig glückliches Ende für das bürgerschaftliche Engagement eines rührigen Vereins. „Wir sammeln weiter“, sagen sie, „und wollen alles tun, damit der ganze große Markt einmal wieder etwas vom alten Glanz unserer Stadt erzählen kann.“