Von Adelheid Wedel
Nach einer Woche der Gewalt in England geht die "taz" der Frage nach, welche Lehren die Gewaltforschung aus den Krawallen zieht. Außerdem ist sich "Die Welt" anlässlich der Ausweitung der Talkshows der ARD nicht sicher, ob es für die Formate genügend Themen gibt.
"Welche Lehren zieht die Gewaltforschung aus den Krawallen in den britischen Städten?" fragt die Tageszeitung die TAZ. Joachim Kersten unterscheidet zunächst zwischen ethnisch bedingten Massakern und Rassenkrawallen. "Rassenkrawalle", so stellt er fest,
"beginnen fast immer damit, dass Polizisten Menschen aus sozial schlecht gestellten Minderheiten misshandeln oder töten. Danach werden Brände gelegt, manchmal Barrikaden gebaut und Polizisten angegriffen, dann kommt es zu Plünderungen als Akt der verbreiteten Missachtung von Obrigkeit, eine kriminelle Tätigkeit."
Die englische Oberklasse beunruhige das Ganze erheblich, stellt Kersten fest und er kommentiert: "England unter Cameron kann wie Frankreich unter Sarkozy nach wie vor als Klassengesellschaft bezeichnet werden." Mit falscher Hautfarbe oder falschem Familiennamen ist man "Staatsbürger dritter Klasse". Das sei das Antlitz des Rassismus und das Erbe der Kolonialzeit: die Überlegenheit der weißen "Rasse", ihres Militärs und ihrer Polizei. "Es sitzt im französischen, englischen wie – sklavereibedingt – im amerikanischen Nationalbewusstsein wie Karies in einem faulen Gebiss."
Die oft gestellte Frage, ob Ausschreitungen auch in Deutschland denkbar seien, verneint der Autor in der TAZ: "Wir haben viele Integrationsprobleme, aber sie sind anders als die der Briten und Franzosen."
Indirekt geht auch Peter Schneider in seinem Kommentar im TAGESSPIEGEL auf die Ursache für Gewalt ein. "Erleben wir gerade eine neue Zeitenwende? Eine, die so einschneidend ist wie der Mauerfall vor 22 Jahren?" fragt er. "Damals", so Schneider, "gruppierten sich die großen Spieler auf dem globalen Schachbrett neu."
Er beschreibt die enormen Veränderungen in den mittel- und osteuropäischen Staaten, in Russland und China mit dem Ergebnis:
"Der Kommunismus, der alte Feind im Kalten Krieg, schien besiegt, und die Neoliberalen verkündeten unwidersprochen ihre Heilslehren: Der Staat hat in der Wirtschaft nichts zu suchen, Freiheit für die Märkte, die sich nie irren und sich selbst korrigieren."
Wie wir wissen, nach der Finanzkrise 2008, mussten die Banken und deren Lenker, die sich eben noch jede Einmischung des Staates verbeten hatten, vom Staat gerettet werden. "Der Beweggrund für diese Hilfe war reine Erpressung", meint Schneider und: "Für die ungeheuren Kosten dieser Rettung werden zwei Generationen zahlen müssen." Die aktuellen Opfer sind die arbeitslosen Jugendlichen in Spanien und Portugal, in Italien und Großbritannien. Und darum endet der Kommentar mit der Überlegung:
"Ist es jetzt nicht Zeit zu fragen, ob der konkurrenzlose Sieger im Kalten Krieg, der total entfesselte Finanzkapitalismus, sich nicht ad absurdum geführt hat?"
Die Tagezeitung DIE WELT informiert:
"Im September weitet die ARD ihr Angebot an Talkshows aus. Doch gibt es ausreichend Themen und Gäste für Jauch, Plasberg, Will, Maischberger und Beckmann?"
Ein Gespräch zwischen dem ARD-Chefredakteur Thomas Baumann und dem Medienkritiker Bernd Gäbler sucht nach einer Antwort auf diese Frage. Gäbler formuliert deutlich seinen kritischen Standpunkt in der Studie "…und unseren täglichen Talk gib uns heute", die an diesem Montag von der Otto-Brenner-Stiftung herausgegeben wird. Nach dreimonatigem Talkshow-Konsum stellt er fest: "Schon jetzt haben die Gesprächsrunden den Zenit ihrer Bedeutung überschritten." Im Streitgespräch mit Baumann "bemängelt er die immergleichen Gästelisten, das Fehlen widersprüchlicher Menschen und die übergroße Bedeutung von Quoten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen."
Wiederholt stellt Gäbler die Frage: Was leisten Talkshows an Aufklärung und politischer Bildung? Oft seien die Talkshows gerade mal telegene Rollenspiele und ein bekanntes Gesicht wiege für die Programmmacher mehr als Sachkompetenz. All die Vorwürfe kontert Thomas Baumann:
"Richtig, unser Auftrag ist in der Tat zu informieren, zu bilden, zu beraten – übrigens auch zu unterhalten. Wir haben mit den Gesprächsformaten eine Form, die genau das leistet, in unterschiedlichen Sendungen mit unterschiedlicher Akzentuierung. Es gibt keine Konfliktstellung zwischen Unterhaltung und Aufklärung."
"beginnen fast immer damit, dass Polizisten Menschen aus sozial schlecht gestellten Minderheiten misshandeln oder töten. Danach werden Brände gelegt, manchmal Barrikaden gebaut und Polizisten angegriffen, dann kommt es zu Plünderungen als Akt der verbreiteten Missachtung von Obrigkeit, eine kriminelle Tätigkeit."
Die englische Oberklasse beunruhige das Ganze erheblich, stellt Kersten fest und er kommentiert: "England unter Cameron kann wie Frankreich unter Sarkozy nach wie vor als Klassengesellschaft bezeichnet werden." Mit falscher Hautfarbe oder falschem Familiennamen ist man "Staatsbürger dritter Klasse". Das sei das Antlitz des Rassismus und das Erbe der Kolonialzeit: die Überlegenheit der weißen "Rasse", ihres Militärs und ihrer Polizei. "Es sitzt im französischen, englischen wie – sklavereibedingt – im amerikanischen Nationalbewusstsein wie Karies in einem faulen Gebiss."
Die oft gestellte Frage, ob Ausschreitungen auch in Deutschland denkbar seien, verneint der Autor in der TAZ: "Wir haben viele Integrationsprobleme, aber sie sind anders als die der Briten und Franzosen."
Indirekt geht auch Peter Schneider in seinem Kommentar im TAGESSPIEGEL auf die Ursache für Gewalt ein. "Erleben wir gerade eine neue Zeitenwende? Eine, die so einschneidend ist wie der Mauerfall vor 22 Jahren?" fragt er. "Damals", so Schneider, "gruppierten sich die großen Spieler auf dem globalen Schachbrett neu."
Er beschreibt die enormen Veränderungen in den mittel- und osteuropäischen Staaten, in Russland und China mit dem Ergebnis:
"Der Kommunismus, der alte Feind im Kalten Krieg, schien besiegt, und die Neoliberalen verkündeten unwidersprochen ihre Heilslehren: Der Staat hat in der Wirtschaft nichts zu suchen, Freiheit für die Märkte, die sich nie irren und sich selbst korrigieren."
Wie wir wissen, nach der Finanzkrise 2008, mussten die Banken und deren Lenker, die sich eben noch jede Einmischung des Staates verbeten hatten, vom Staat gerettet werden. "Der Beweggrund für diese Hilfe war reine Erpressung", meint Schneider und: "Für die ungeheuren Kosten dieser Rettung werden zwei Generationen zahlen müssen." Die aktuellen Opfer sind die arbeitslosen Jugendlichen in Spanien und Portugal, in Italien und Großbritannien. Und darum endet der Kommentar mit der Überlegung:
"Ist es jetzt nicht Zeit zu fragen, ob der konkurrenzlose Sieger im Kalten Krieg, der total entfesselte Finanzkapitalismus, sich nicht ad absurdum geführt hat?"
Die Tagezeitung DIE WELT informiert:
"Im September weitet die ARD ihr Angebot an Talkshows aus. Doch gibt es ausreichend Themen und Gäste für Jauch, Plasberg, Will, Maischberger und Beckmann?"
Ein Gespräch zwischen dem ARD-Chefredakteur Thomas Baumann und dem Medienkritiker Bernd Gäbler sucht nach einer Antwort auf diese Frage. Gäbler formuliert deutlich seinen kritischen Standpunkt in der Studie "…und unseren täglichen Talk gib uns heute", die an diesem Montag von der Otto-Brenner-Stiftung herausgegeben wird. Nach dreimonatigem Talkshow-Konsum stellt er fest: "Schon jetzt haben die Gesprächsrunden den Zenit ihrer Bedeutung überschritten." Im Streitgespräch mit Baumann "bemängelt er die immergleichen Gästelisten, das Fehlen widersprüchlicher Menschen und die übergroße Bedeutung von Quoten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen."
Wiederholt stellt Gäbler die Frage: Was leisten Talkshows an Aufklärung und politischer Bildung? Oft seien die Talkshows gerade mal telegene Rollenspiele und ein bekanntes Gesicht wiege für die Programmmacher mehr als Sachkompetenz. All die Vorwürfe kontert Thomas Baumann:
"Richtig, unser Auftrag ist in der Tat zu informieren, zu bilden, zu beraten – übrigens auch zu unterhalten. Wir haben mit den Gesprächsformaten eine Form, die genau das leistet, in unterschiedlichen Sendungen mit unterschiedlicher Akzentuierung. Es gibt keine Konfliktstellung zwischen Unterhaltung und Aufklärung."