Von Adelheid Wedel

Das schillernde Milieu der afro-diasporischen Trickster in Paris und die Zukunft des Islam interessieren die Rezensenten sehr. Auch für Harald Schmidt und Cornelia Funke findet sich daneben natürlich ein Plätzchen.
"Einige Monate aus dem Leben eines kongolesischen Migranten" – das ist der Stoff für den Roman "Black Bazar" von Alain Mabanckou, der in Frankreich enorme Erfolge feiert. Der 1966 in der Republik Kongo geborene Autor hat lange in Paris gelebt und ist heute in Los Angeles Professor für Vergleichende Literaturwissenschaften. Das Besondere an seinem Roman: "Er beschreibt die Szene der Sapeurs in Paris." Der Begriff, der die Leser in "ein schillerndes Milieu eintauchen lässt," verlangt eine Erklärung: Die Sapeurs "verstehen sich als Mitglieder von La Sape", einer Gesellschaft "überaus glamouröser Erscheinungen. Sie erinnern zwar an das Phänomen des europäischen Dandys, verkörpern aber eher eine afrikanische oder afro-diasporische Tricksterfigur. Formvollendet vereinen sie Eleganz und postkoloniale Parodie."

Genau das gelingt auch dem Autor, das bescheinigt ihm Christine Regus in der Tageszeitung TAZ. "Das Personal in "Black Bazar" ist insgesamt wenig sympathisch, jeder steht völlig ungehemmt zu seinen sexistischen und rassistischen Vorurteilen." Und also, so kommentiert die Autorin, ist der Roman "erfrischend politisch unkorrekt." Das aber baut eine riesige Hürde für den Übersetzer auf, die er, laut Kritik, nicht zu nehmen imstande war. Das Lob aber für den französischen Originaltext bleibt eindeutig.

Dass das ZDF seinen Bildungsauftrag wieder einmal wörtlich nimmt, beweist die zweiteilige Dokumentation "Wohin treibt der Islam", empfohlen von der TAZ. Die Autoren Daniel Gerlach und Friedrich Klütsch haben vorwiegend Muslime begleitet und nach dem Islam befragt. "Dabei zeigt sich, wie wenig man hierzulande über die zweitgrößte Religion der Welt weiß," kommentiert Benjamin Weber in der TAZ. "Umfassend und international angelegt" stellt der Film Fragen: "Sind der Islam und die Demokratie denn nun miteinander vereinbar oder nicht? Wie entwickelt sich die Rolle der Frau im Islam?" Deutlich zeigt der Film den Konflikt, in dem der Islam steckt: "Seine Zukunft hängt davon ab, wer die Deutungshoheit über den Koran gewinnen kann." Wird er künftig traditionell-wörtlich ausgelegt oder mit Vernunft in die heutige, moderne Zeit übertragen? Es ist ein großes Verdienst des Film, so die Autorin, dass er den Islam "abseits aller Klischees als dynamische, vielschichtige Religion zeigt, die durchaus tolerant und sympathisch sein kann."

Aber eine Frage in der TAZ geht an das ZDF: Warum brauchte der Sender vier Jahre Zeit, um einen halbwegs geeigneten Sendeplatz für den Zweiteiler zu finden? Angesichts jüngster Debatten um die Integration von Migranten hätte der Film zur Primetime laufen müssen. Jetzt beginnt er diesen Dienstag und am Mittwoch jeweils erst 22.15 Uhr.

Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG informiert: "Dem Widerständler Heinrich von Lehndorff und seiner Frau Gottliebe hat die Grünen-Politikerin Antje Vollmer ein Buch gewidmet." Lehndorf war ein wichtiger, wenn auch nicht prägender Mann des Widerstands. In allen großen Darstellungen zum Thema scheint sein Name auf, ein Bild von ihm hatte man bislang aber nicht. "Das Buch von Antje Vollmer will das jetzt korrigieren," schreibt Stephan Speicher in der SZ. "Sie machte eine Collage aus dem vorliegenden Material, das sie durch eigene Erklärungen und Deutungen ergänzt." Erschienen ist das Buch jetzt im Eichborn Verlag, Frankfurt am Main.

Weitere bestimmende Themen in den Feuilletons am Dienstag sind der Wechsel von Harald Schmidt zum privaten Fernsehen - Zitat TAGESSPIEGEL: "Harald Schmidt albert im Herbst 2011 wieder für Sat 1" - und die Buchpremiere des Romans "Reckless", mit der die Erfinderin der Tintenwelt Cornelia Funke ihren nächsten Roman-Zyklus beginnt. Tilmann Spreckelsen formuliert in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG kurz und knapp: "Cornelia Funke fackelt in ihrem neuen Buch Grimms Märchenland ab."