Von Adelheid Wedel

Romane aus uns fernen Welten - Pakistan und Türkei - werden in Zürich sehr goutiert. Die Toten von Homs lassen den Schriftsteller Hans-Christoph Buch eine militärische Intervention fordern. Und in Frankreich macht ein Comic über den ehemaligen Außenminister de Villepin Furore.
"Der Pakistaner Mohammed Hanif setzt eine Christin ins Zentrum seines neuen Romans, schön und selbstbewusst, manchmal kratzig und auch ein wenig rätselhaft" – erfahren wir aus der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG. Angela Schader beschreibt ihre Eindrücke beim Lesen des Romans "Our Lady of Alice Bhatti", der jetzt unter dem Titel "Alice Bhattis Himmelfahrt" auch auf Deutsch erscheint. Sie schildert die Heldin des Romans "Alice, Tochter einer Familie in der niedrigsten Kaste". Ihre Patzigkeit sei in vielen Fällen die einzige Art, den katastrophalen Zuständen ihres Umfeldes beizukommen. "Bemerkenswert an Hanifs Darstellung ist die raffinierte Fusion von Realismus und comichafter Überzeichnung", lobt die Rezensentin.

Auch einen zweiten Roman aus uns fernen Welten stellt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG vor. Es ist der Istanbul-Roman "Das Judasbaumtor" der türkischen Autorin Oya Baydar. Er handelt von den Kämpfen der revolutionären Linken in den späten 1990er Jahren und dem Gegenterror des Staates. Martin Zähringer nennt es "eine Herausforderung, diese noch nahe, von schonungsloser Gewalt geprägte und mit bitteren Gefühlen durchsetzte Epoche in Literatur überzuführen. Oya Baydar wagt einen Versuch aus der Sicht von vier Charakteren, die jeweils ihre eigene Geschichte erzählen." Und dann fällt der nachdenkliche Satz: "Die Wahrheit, sollte es sie geben, wird in der radikalen Subjektivität gesucht, in der Wahrheit des Fragments." Ein kurzes Zitat aus dem Buch macht sein Anliegen deutlich: ""Wen jucken schon die Menschen, die sich in den Slums … zum Sterben hingelegt haben! Die Stadt reagiert sensibel auf den Dollarkurs, den Börsenindex, Meldungen über Kündigungen, auf Pleiten, Geschäfte, die ihre Tore schließen, sich leerende Wohnungen, die Krise, nicht aber auf den Tod. Zum Sterben ist es nicht die richtige Zeit.""

Das Sterben hunderter unschuldiger Opfer drängt den Schriftsteller Hans-Christoph Buch zu mahnenden Worten, abgedruckt in der FRANKFURTER RUNDSCHAU und in der BERLINER ZEITUNG. Er fragt: "Sarajevo, Bengasi und jetzt Homs – haben wir nichts aus der Geschichte gelernt? Das Wort Menschenrechtsverletzungen klingt allzu beschönigend für das, was derzeit in Syrien passiert." Er sei kein Militärstratege, schreibt Buch, und habe auch nicht vor, einer zu werden. Aber, so erinnert er: "Wir wissen heute, dass die Bombardierung der Schienenwege ausgereicht hätte, um die Mordmaschinerie in Auschwitz zu stoppen, und wir müssen uns fragen lassen, ob wir bereit sind, den Menschen in Homs die Unterstützung zu gewähren, die Außenminister Westerwelle den Libyern durch sein Votum im Sicherheitsrat vorenthielt." Buchs eindeutiges Votum heute: "Helft Homs – noch ist es nicht zu spät!"

"In Frankreich wird ein Comic über die Irakkrise und den Außenminister Villepin zum Bestseller" – darüber informiert die Tageszeitung DIE WELT, und sie geht den Gründen für diesen Erfolg nach. Matthias Heine hat herausgefunden: "Offenbar erinnert man sich in Frankreich gern an Villepin." Das war jener Außenminister, der 2003 zusammen mit Joschka Fischer den diplomatischen Widerstand gegen die Irak-Invasion durch amerikanische Truppen organisierte. "Ausgerechnet im Jahr der Präsidentenwahl gedenken die Franzosen offenbar mit Wehmut" der früheren Regierung. "Dabei ist das Porträt Villepins keineswegs ein Heiligenbildchen geworden; sein Antrieb ist einerseits Eitelkeit, andererseits auch ein idealistischer Glaube an die menschliche Vernunft." In Zusammenarbeit zwischen dem Zeichner Christophe Blain und dem Autor Abel Lanzac ist "ein einzigartiges literarisches Werk über die hohe Politik entstanden, das brillant zwischen Satire und Drama pendelt." Da ist es kein Wunder: Regisseur Bertrand Tavernier arbeitet bereits an der Verfilmung.