Von Adelheid Wedel

Die "FAZ" analysiert der NSA-Weiterdreh mit China und auch die "Berliner Zeitung" beschäftigt sich mit der Frage, ob die USA überhaupt noch ein Rechtsstaat seien. Noch Thema: Der Tod von Lou Reed.
"So hört China ab"

– das ist ein neuer Mosaikstein im Puzzle um den NSA-Abhörskandal. In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG beschäftigt sich Mark Siemons mit diesem Thema.

"Für chinesische Politiker gehört die Erwartung, abgehört zu werden, zur psychischen und professionellen Grundausstattung."

Siemons berichtet, wie der in Ungnade gefallene frühere Parteichef Bo Xilai vor Gericht aussagte,

"er habe nie eine Unterhaltung geführt, ohne den Gesprächspartner zuvor zu bitten, sein Handy auszustellen."

Der Autor weiß, "die Frage, wer wen abhören kann, wird in China wie selbstverständlich als Frage der Macht wahrgenommen,"

und als Frage der Souveränität.

"Souverän ist, wer über das Abhörgerät verfügt."

Immer noch verzichte China weitgehend darauf, so Siemons, amerikanische Regierungsstellen direkt der Internetspionage zu bezichtigen. Stattdessen wird die Zurückgebliebenheit der eigenen technologischen Kapazitäten beklagt. Das wiederum verrät deutlich den

"indirekten Ausdruck des Willens, den technischen Rückstand um jeden Preis aufzuholen."

In der Tageszeitung DIE WELT meldet sich Henryk M. Broder zum Thema. Er empfiehlt:

"Lasst doch einfach alle mithören!"

Das einzige Mittel gegen Spionage sei nicht Gegenspionage, sondern totale Transparenz, meint er, und:

"Nur die Aufhebung aller Geheimnisse kann der Spionage den Boden entziehen."

Edward Snowden habe bestimmt noch mehr giftige Pfeile im Köcher, die er demnächst abschießen wird. Broder staunt:

"Ein einzelner Whistleblower führt eine Weltmacht vor – das ist ein Gedanke, den man erst einmal verdauen muss."

Die BERLINER ZEITUNG stellt die Frage:

"Sind die USA unter Obama überhaupt ein Rechtsstaat?"

Und lässt sie von dem Reporter Jeremy Scahill beantworten. In seinem neuen Buch "Schmutzige Kriege. Amerikas geheime Kommandoaktionen", das im Kunstmann Verlag erschienen ist, geht es um den verstärkten Einsatz von Drohnenangriffen, Operationen von Spezialeinheiten und Abhören als neue Methoden in internationalen Auseinandersetzungen.

"Wenn eine Gruppe irgendwo auf der Welt Amerika gefährlich erscheint, muss sie mit einem tödlichen Schlag rechnen,"

so schildert Scahill die Realität. Und er fügt hinzu:

"Die USA akzeptieren internationales Recht nur, wenn es ihnen passt."

Obamas Rolle dabei sei, die gezielten Tötungen als akzeptable Maßnahme der US-Sicherheitspolitik zu legitimieren. Scahill macht darauf aufmerksam,

"dass in den USA derzeit auch ein Krieg gegen den Journalismus geführt wird. Ich werde regelmäßig am Flughafen festgenommen und ausgefragt, wenn ich wieder in das Land einreise,"

berichtet er. Es habe seine Arbeit vollkommen verändert,

"dass die Journalisten unter einer gewissen Beobachtung, wenn nicht sogar Überwachung stehen."

Barbara Dribbusch schreibt in der Berliner Tageszeitung TAZ:

"Der Streit über die Abhöraffäre ist bestens geeignet, alte Ressentiments zwischen Deutschen und Amerikanern wieder aufzuwecken. Es sind die Ressentiments zwischen zwei ungleichen Partnern, von denen der Schwächere die Unterlegenheit gerne maskierte mit dem Verweis auf die unverbrüchliche deutsch-amerikanische Freundschaft."

Lou Reeds Tod wird in den Feuilletons vom Dienstag betrauert. In der WELT ist zu lesen:

"Er war einer der bedeutendsten Rockmusiker aller Zeiten. Aber wer war er eigentlich? Auf die Frage gibt es ziemlich viele Antworten, aber keine davon kann endgültig sein,"

schreibt Dirk Peitz.

"Die Archive sind voll mit gescheiterten Lou-Reed-Interviews. Die bedauerliche Konsequenz ist, dass Reed sich und sein musikalisches wie lieddichterisches Werk eigentlich nie umfassend öffentlich erklärt hat."

Dennoch blieb er immer erkennbar, sein Ton, sein Stil, sein Wille zum Außenseiterdasein, zum Widerspruch.

"Reed war ja,"

so Dirk Peitz,

"der Widerspruch in Person, wider alles und alle, wider sogar sich selbst. Was immer 'selbst' auch bei ihm bedeutet haben mag am Ende."