Von Adelheid Wedel
Die USA werde ihre Rolle als Führungsnation der westlichen Welt verlieren, erklärt der amerikanische Autor Eric T. Hansen in der "NZZ". Der "Tagesspiegel" berichtet von harscher Kritik an der Liste der auserwählten teilnehmenden brasilianischen Schriftsteller auf der Frankfurter Buchmesse.
"Ob das amerikanische Jahrhundert zu Ende geht oder nicht, wird in Europa entschieden."
Der in Berlin lebende amerikanische Autor Eric T. Hansen begründet diese Aussage in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG und schreibt:
"Waren die USA einst das Land der Verheißung von Freiheit und Fortschritt, Würde und Wohlstand, haben sie diesen Nimbus heute stark eingebüßt. Noch sind sie die einzige weltweit agierende Supermacht, doch stehen sie politisch erschöpft und finanziell ausgelaugt da. Ihre Schwäche könnte Europas Chance sein. Das Land, das einst für Vielfalt und Freiheit stand, steht jetzt für Waffenwahn, Rassismus, Polizeistaat und Paranoia,"
resümiert der Autor. Kritisch beurteilt er hingegen, die daraus weltweit gezogene Schlussfolgerung, die USA werde ihre Rolle als Führungsnation der westlichen Welt verlieren. Sein Argument:
"Es gibt kein anderes Land, das diese Rolle übernehmen will. Wenn die Nordkoreaner mit der Bombe fuchteln oder in Iran waffenfähiges Kernmaterial hergestellt wird, fragt niemand. Was wird Deutschland dagegen tun? Was China, Russland, die EU, die Uno oder die arabische Welt? Die drängende Frage lautet immer noch: Was unternimmt Amerika?"
Hansen leitet das aus der politischen Entwicklung der jüngsten Geschichte ab. In den beiden Weltkriegen versank Europa in Chaos und Hilflosigkeit, und im Kalten Krieg war es nicht in der Lage, sich allein gegen die Sowjetunion zur Wehr zu setzen.
"Das sogenannte amerikanische Jahrhundert entstand, weil Europa immer wieder von den USA gerettet werden musste. Im Epochenjahr 1989 änderte sich alles. Europa sieht Amerika heute anders, weil es heute ein anderes Amerika braucht: einen Widerpart."
Das sei eine Chance, "die Europa gerade im Begriff ist zu verschenken," meint der Autor. Und:
"Europa hat das Potential, vielleicht sogar die Verantwortung, zur dritten Supermacht des 21. Jahrhunderts zu werden. Will Europa wieder aufsteigen, muss es selber aktiv werden"
und eine starke gemeinsame politische Position beziehen. Ob es dann zu den Großen gehört und die Spielregeln mitbestimmt oder ob es eine Ansammlung von kleinen, hilflosen Einzelstaaten bleibt, die sich folgsam an den Großen - an China und den USA - orientieren, das wird sich in den nächsten paar Jahren entscheiden.
Am Mittwoch öffnet die Frankfurter Buchmesse ihre Tore. Brasilien ist in diesem Jahr Gastland der Messe. Im TAGESSPIEGEL berichtet Philipp Lichterbeck von harscher Kritik an der offiziellen Liste der auserwählten teilnehmenden brasilianischen Schriftsteller, aufgestellt von der Stiftung Brasilianische Nationalbibliothek.
Aus Protest hat nun Brasiliens bekanntester Schriftsteller Paulo Coelho seine Teilnahme an der Buchmesse abgesagt. Von den 70 Schriftstellern kenne er nur 20, er vermisse die Mehrheit der ausgezeichneten jungen Autoren. Auch andere Stimmen kritisieren,
"alle Autoren darauf seien weiß, die Liste repräsentiere nicht Brasilien, sondern eine elitäre Vorstellung von dem, was brasilianische Literatur sei."
Auf den Rassismusvorwurf hat Brasiliens Kulturministerin reagiert:
"Es gab keine ethnischen Kriterien bei der Auswahl der Autoren."
Daniel Galera, dessen Roman "Flut" zu den herausragenden Neuerscheinungen aus Brasilien gehört, meint:
"In Brasilien werden nur wenige schwarze Autoren veröffentlicht. Insofern ist die Liste repräsentativ für den Buchmarkt."
Die eigentlichen Probleme, so der 34-Jährige, seien soziale Ungleichheit und das katastrophale öffentliche Schulsystem. Sie führten dazu, dass sich die literarische Produktion in den reichen Zentren des Südostens konzentriere und von einer ethnisch wie sozial privilegierten Schicht ausgeübt werde. Der Schriftsteller Fernando Molicavon fasst die Situation knapp zusammen.
"Brasiliens Schriftsteller gehören fast alle zur oberen Mittelschicht. Sie haben Angst vor Schwarzen, Armen und Favelas."
Der in Berlin lebende amerikanische Autor Eric T. Hansen begründet diese Aussage in der NEUEN ZÜRCHER ZEITUNG und schreibt:
"Waren die USA einst das Land der Verheißung von Freiheit und Fortschritt, Würde und Wohlstand, haben sie diesen Nimbus heute stark eingebüßt. Noch sind sie die einzige weltweit agierende Supermacht, doch stehen sie politisch erschöpft und finanziell ausgelaugt da. Ihre Schwäche könnte Europas Chance sein. Das Land, das einst für Vielfalt und Freiheit stand, steht jetzt für Waffenwahn, Rassismus, Polizeistaat und Paranoia,"
resümiert der Autor. Kritisch beurteilt er hingegen, die daraus weltweit gezogene Schlussfolgerung, die USA werde ihre Rolle als Führungsnation der westlichen Welt verlieren. Sein Argument:
"Es gibt kein anderes Land, das diese Rolle übernehmen will. Wenn die Nordkoreaner mit der Bombe fuchteln oder in Iran waffenfähiges Kernmaterial hergestellt wird, fragt niemand. Was wird Deutschland dagegen tun? Was China, Russland, die EU, die Uno oder die arabische Welt? Die drängende Frage lautet immer noch: Was unternimmt Amerika?"
Hansen leitet das aus der politischen Entwicklung der jüngsten Geschichte ab. In den beiden Weltkriegen versank Europa in Chaos und Hilflosigkeit, und im Kalten Krieg war es nicht in der Lage, sich allein gegen die Sowjetunion zur Wehr zu setzen.
"Das sogenannte amerikanische Jahrhundert entstand, weil Europa immer wieder von den USA gerettet werden musste. Im Epochenjahr 1989 änderte sich alles. Europa sieht Amerika heute anders, weil es heute ein anderes Amerika braucht: einen Widerpart."
Das sei eine Chance, "die Europa gerade im Begriff ist zu verschenken," meint der Autor. Und:
"Europa hat das Potential, vielleicht sogar die Verantwortung, zur dritten Supermacht des 21. Jahrhunderts zu werden. Will Europa wieder aufsteigen, muss es selber aktiv werden"
und eine starke gemeinsame politische Position beziehen. Ob es dann zu den Großen gehört und die Spielregeln mitbestimmt oder ob es eine Ansammlung von kleinen, hilflosen Einzelstaaten bleibt, die sich folgsam an den Großen - an China und den USA - orientieren, das wird sich in den nächsten paar Jahren entscheiden.
Am Mittwoch öffnet die Frankfurter Buchmesse ihre Tore. Brasilien ist in diesem Jahr Gastland der Messe. Im TAGESSPIEGEL berichtet Philipp Lichterbeck von harscher Kritik an der offiziellen Liste der auserwählten teilnehmenden brasilianischen Schriftsteller, aufgestellt von der Stiftung Brasilianische Nationalbibliothek.
Aus Protest hat nun Brasiliens bekanntester Schriftsteller Paulo Coelho seine Teilnahme an der Buchmesse abgesagt. Von den 70 Schriftstellern kenne er nur 20, er vermisse die Mehrheit der ausgezeichneten jungen Autoren. Auch andere Stimmen kritisieren,
"alle Autoren darauf seien weiß, die Liste repräsentiere nicht Brasilien, sondern eine elitäre Vorstellung von dem, was brasilianische Literatur sei."
Auf den Rassismusvorwurf hat Brasiliens Kulturministerin reagiert:
"Es gab keine ethnischen Kriterien bei der Auswahl der Autoren."
Daniel Galera, dessen Roman "Flut" zu den herausragenden Neuerscheinungen aus Brasilien gehört, meint:
"In Brasilien werden nur wenige schwarze Autoren veröffentlicht. Insofern ist die Liste repräsentativ für den Buchmarkt."
Die eigentlichen Probleme, so der 34-Jährige, seien soziale Ungleichheit und das katastrophale öffentliche Schulsystem. Sie führten dazu, dass sich die literarische Produktion in den reichen Zentren des Südostens konzentriere und von einer ethnisch wie sozial privilegierten Schicht ausgeübt werde. Der Schriftsteller Fernando Molicavon fasst die Situation knapp zusammen.
"Brasiliens Schriftsteller gehören fast alle zur oberen Mittelschicht. Sie haben Angst vor Schwarzen, Armen und Favelas."