Von Adelheid Wedel

Klare Sätze zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung gibt es von der Bundesjustizministerin in der FAZ. Auch andere Feuilletons beschäftigen sich mit Geheimnissen, Geheimdiensten und dem geheimen Amerika.
"Der Gesetzgeber ist an die Verfassung und deren Werteordnung, zuallererst an die Unantastbarkeit der Menschenwürde, gebunden." Diesen und andere klare wie klärende Sätze äußert die Bundesministerin der Justiz Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Ihr Text unter der Überschrift "Frontalangriff auf die Freiheit" zeichnet in beeindruckender Logik die Fehlentwicklung der Kommunikation im Netz auf. Gleichzeitig spart sie in ihrer Antwort auf Überlegungen von Sigmar Gabriel in der gleichen Zeitung nicht mit Vorwürfen gegen die SPD und ihre damalige Politik unter Innenminister Schily. Damals galt: "Sicherheit habe als Supergrundrecht der Verfassung immer Vorrang." Das sieht Leutheusser-Schnarrenberger anders: "Gäbe es tatsächlich ein verfassungsrechtlich begründetes Grundrecht auf Sicherheit, würden die Freiheitsgrundrechte des Grundgesetzes ins Leere laufen und auch der Kernbereich privater Lebensgestaltung schutzlos werden. Gerade dieser ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum großen Lauschangriff besonders vor staatlichen Zugriffen geschützt."

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger war bereits von 1992 bis 1996 unter der Regierung Kohl Justizministerin, trat aber wegen der Befürwortung des sogenannten Großen Lauschangriffs auch durch ihre Partei, die FDP, von ihrem Amt zurück. In diesem Zusammenhang versteht man ihr jetziges Engagement für "eine neue europäische Richtlinie, die nicht mehr jeden EU-Bürger unter Generalverdacht stellt." Auch das sagt sie: "Die Würde des Menschen ist unantastbar und die Politik aufgefordert, diesem Leitsatz des Grundgesetzes zum Durchbruch zu verhelfen. Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein besonders schwerer Eingriff in die Grundrechte der Bürger mit einer Streubreite, wie sie die deutsche Rechtsordnung bis dahin nicht kannte." Es ist zu hoffen, dass sie sich nicht entmutigen lässt, auch wenn sie bisher zwar aus London, nicht aber aus Washington Antwort auf ihre Nachfragen bekam. Sie erklärt, fast ist es ein Aufruf zur Verteidigung der Demokratie: "Prism und Tempora sind nicht vom Himmel gefallen. Sie sind der vorläufige Höhepunkt (oder eher Tiefpunkt) einer Entwicklung, die seit dem 11. September 2001 ihren Lauf genommen hat. Es liegt an uns Bürgern, diese Entwicklung zu ändern."

Auf den Patriot Act als Ursache für die Macht der Geheimdienste in den USA verweist auch die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. Im Gespräch mit den IT- Spezialisten Sandro Gaycken und John Mroz werden Anklagen und auch Ernüchterung laut. "Ich habe immer geschrieben, dass das Internet eine riesige Überwachungsmaschine ist," sagt beispielsweise Sandro Gaycken. Und weiter: "Es gibt Freiheit im Internet nur so lange, wie sich niemand dafür interessiert. Sobald aber Sicherheitsinteressen oder kommerzielle Ziele ins Spiel kommen, ist es vorbei." John Mroz meint, "amerikanische Politiker wissen zu wenig. Der Kongress hat keine Übersicht. Die Bürger nehmen an, dass jemand in Washington sitzt, der schon auf Angemessenheit achtet. Die Geheimdienste sind völlig außer Kontrolle geraten." Und er ergänzt: "Niemand weiß, was da eigentlich passiert. Ich glaube aber, dass der Skandal die Demokratie stärken wird, weil jetzt, da die Katze aus dem Sack ist, die demokratischen Kontrollprozesse in Gang kommen."
In der BERLINER ZEITUNG wartet Peter Glaser mit einer Erkenntnis auf: "Nur wer das Geheimnis beherrscht, ist wirklich mächtig in einer geheimnislos gewordenen Welt." Wir erfahren: Schon 2010 kamen Journalisten in der Washington Post zu dem Schluss, "dass die Welt der amerikanischen Geheimdienste ein bizarres Ausmaß angenommen hat. Hinter den öffentlichen USA existiere ein zweites, geheimes Amerika." Jüngeren Datums ist die Bemerkung des luxemburgischen Außenministers Jean Asselborn, "die USA sollten lieber ihre Geheimdienste überwachen statt ihre Verbündeten."