Von Adelheid Wedel

Der "Tagesspiegel" und die "Neue Zürcher Zeitung" zeigen, wie New York Berlins Kulturszene feiert. Franziska Augstein macht sich in der "Süddeutschen Zeitung" darüber Gedanken, wie man an das DDR-Unrechtsregime erinnern kann. Die "Neue Zürcher Zeitung" gedenkt des Dichters Pablo Neruda.
"So viel Berlin wie dieser Tage war selten in New York"," schreibt Bodo Mrozek im TAGESSPIEGEL und fasst damit zusammen, was noch bis zum 18. November für Gesprächsstoff in der amerikanischen Metropole sorgt. New York feiert Berlins Kulturszene mit einem Festival, das sich der Leiter der Carnegie-Hall, Clive Gillinson, ausgedacht hat. Der TAGESSPIEGEL berichtet über einzelne Veranstaltungen, so den Eröffnungsabend mit Max Raabe, der ""auf eigentümliche Weise eine historische Verbindung" zwischen den beiden Städten nachzeichnete. Etliche Komponisten seiner Lieder, Kurt Weill beispielsweise, waren aus Deutschland nach Amerika geflohen.

"Nun trug er den emigrierten Komponisten und Dichtern gewissermaßen ihr Frühwerk hinterher."

Das Festival werde von seinen Gästen vor allem als Einladung zum Vergleich verstanden, kommentiert Mrozek und schildert auch lustige Begebenheiten:

"Die Tatsache, dass eine der großen westlichen Demokratien gerade damit beschäftigt ist, sich ein Schloss zu bauen, erregt bei den New Yorkern Stürme der Heiterkeit."

Auch die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG berichtet von Vergleichen und attestiert jungen amerikanischen Künstlern eineBerlin-Euphorie. "Berlin ist so kreativ"," sagen sie, ""weil dort die Wohnungen billig sind. Das zieht Künstler an."

Mit dem schwierigen Thema "Aufarbeitung jüngster deutscher Geschichte" befasst sich Franziska Augstein in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Konkreter Anlass dafür ist eine Anhörung des Kulturausschusses in Berlin zu "einem Papier, das Kulturstaatsminister Bernd Neumann über die künftige Ausgestaltung der Erinnerung an den Nationalsozialismus und die DDR" vorgelegt hat. Die Autorin meint: "Das Regierungskonzept gewichtet falsch." Zum einen wendet sie sich gegen eine "Verwischung der Differenz zwischen DDR-Regime und Nationalsozialismus."

Im Papier werde zwar eingangs unterstrichen, "dass den Unterschieden zwischen NS-Terrorherrschaft und SED-Diktatur Rechnung zu tragen sei, doch von da an ist durchgängig und in wechselnden Formulierungen von den beiden totalitären Systemen die Rede"."

Zum anderen findet sie, dass zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte durchaus einiges geleistet wurde, ganz im Gegensatz zu Wortmeldungen im Gremium, das Thema sei ""unterbelichtet"." Die Autorin kritisiert die Einstellung der meisten Mitglieder des Kulturausschusses, die anscheinend damit einverstanden seien, die Geschichte in Denkmäler und Gedenkstätten zu verpacken.

""Was pädagogische Aufarbeitung leisten kann und muss, liegt vielleicht jenseits ihrer Vorstellung"," wettert sie.

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG beschreibt in ihrer Wochenendausgabe drei Museen, die Pablo Neruda, ""dem populärsten Dichter Lateinamerikas" gewidmet sind. Dass einem Dichter gleich drei Museen eingerichtet werden, das sei doch eher eine Ausnahme, meint Georg Sütterlin. Es hängt damit zusammen, dass die 1986 gegründete Stiftung Fundacion Pablo Neruda den Dichter nach allen Regeln der Kunst vermarktet. Drei der Häuser, in denen Neruda wohnte, wurden zu touristischen Brennpunkten ausgebaut, in denen jedes Jahr über 100.000 Besucher gezählt werden.

""Der posthume Kult um Neruda, der durch das diktatorische Klima in Chile zweifellos auf die Spitze getrieben wurde, besaß nicht selten die unsympathischen, exklusiven, am Ende kulturfeindlichen Züge eines jeden Personenkults"," wird der Schriftsteller Jorge Edwards aus seinen Erinnerungen an Neruda zitiert.

Darin bemängelt er, dass die Kluft zwischen der authentischen Lyrik und dem starren Kult, der den Menschen durch eine Statue, ein versteinertes Symbol ersetze, in den letzten Jahren stetig größer geworden sei. Sütterlin traf vor dem Neruda-Museum in Isla Negra einen alten Fischer, Manuel Yanca, der Neruda vor 70 Jahren dort ankommen sah und sich gut an ihn erinnert:

Ihm habe an Neruda ""seine Großzügigkeit gefallen, und dass er Seemannsgeschichten liebte und die Seefahrt. Aber schwimmen konnte er nicht. Und sobald er den Fuß auf ein Boot setzte, wurde er seekrank"."