Von Adelheid Wedel

Die Feuilletons loben das neue Jesus-Buch von Papst Benedikt. Außerdem in den Feuilleton: die Debatte um die Filbinger-Trauerrede von Günther Oettinger und Neues von der IM-Akte zum Fall Hagen Boßdorf.
Große Aufmerksamkeit widmen die Feuilletons vom Wochenende dem am Freitag in Rom vorgestellten Buch des Papstes Benedikt XVI. und Joseph Ratzinger. Beide Namen stehen ausdrücklich auf dem Umschlagcover. „Jesus von Nazareth“ ist ein bemerkenswertes Buch, so die einhellige Meinung auf den Kulturseiten. „Das habe es noch nie in der Geschichte gegeben, dass ein Pabst ein wissenschaftliches Jesusbuch schreibt“, sagt der Theologe Thomas Söding in der WELT. Ratzinger versuche mit seinem Buch, Jesus zu retten und begibt sich in die Grabenkämpfe der Exegeten.

„Jesus Christus ist eine Person, die nicht nur gestern, sondern auch heute etwas zu sagen hat. Gerade aus dieser Gleichzeitigkeit mit Jesu Wort ist Ratzingers Buch geschrieben, zu dem er, wie er selbst sagt, lange unterwegs ist“

– kommentiert die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG das Werk. „Es ist lange her, dass aus Rom ein so wesentlicher Text gekommen ist,“ lautet das eindeutige Lob der BERLINER ZEITUNG. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG hebt hervor:

„Joseph Ratzinger bekennt sich zur jüdischen Genese des Christentums mit einer Leidenschaft, wie sie noch keinem Pabst aus der Feder floss.“

Die Süddeutsche macht auf einige weitere Aspekte des Buches aufmerksam: Eindringlich seien jene Passagen, in denen „die Illusion einer heilen Welt als Betrug Satans“ bezeichnet wird.

„Der Westen habe die Völker Afrikas ausgeplündert und seelisch verletzt, die Grausamkeiten eines Kapitalismus, der den Menschen zur Ware degradiert, hielten die Welt im Würgegriff. Sextourismus, Armut, Waffenhandel seien zu überwinden, wenn jeder Mensch von innen her das Wagnis der Güte neu erlernt“

– einige Aspekte aus „Jesus von Nazareth“, nachzulesen in der SZ, die zusammenfassend wertet:

„Es ist ein sehr deutsches Buch, das so nie wieder geschrieben werden kann, ein Buch, mit dem ein Pabst die kämpferische, angreifende und angreifbare Summe zieht eines Jahrhunderts deutscher Theologiegeschichte.“

Ungewöhnlich auch die Bitte des Pabstes im Vorwort seines 450 Seiten starken Buches: Widerspruch sei willkommen. Ab Montag ist das Werk in den Buchhandlungen zu haben.

Die Kontroverse um die Einschätzung von Hans Filbinger wird fortgesetzt. Der TAGESSPIEGEL erneuert die Vorwürfe gegen den baden- württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger und nennt ihn einen „gelehrigen Schüler Filbingers“. Die Zeitung erinnert: 1996 erklärte Filbinger, welche Vorbilder man zur Überwindung der krisenhaften Zeit und geistigen Trägheit brauche: Sophie und Hans Scholl, von Stauffenberg und Dietrich Bonhoeffer. In dieser Tradition wollte er sich selber sehen.

„Die Umdeutung der eigenen Geschichte in die des Widerstandskämpfers bei gleichzeitiger Goutierung neurechten Denkens, beispielsweise im von ihm gegründeten Studienzentrum Weikersheim, hatte damals schon etwas Perfides,“

kommentiert der Tagesspiegel und klagt an: „Nun strickt die CDU-Enkelgeneration diese Legende fort.“ In der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG hatte Rolf Hochhuth am Freitag seine Recherche im Fall Filbinger veröffentlicht. Dem widerspricht nun in der Wochenendausgabe der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG Patrick Bahners und wirft Hochhuth Fehler bei seinen Anklagen und falsches Zitieren vor. Hochhuth habe den Fall des Matrosen Gröger mit dem Fall des Flakartilleristen Petzold verwechselt.

Ein weiteres politisches Thema wirft der TAGESSPIEGEL auf seiner Medienseite auf. Er informiert, dass nun in der Leipziger Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde eine vollständige IM-Akte zum Fall Hagen Boßdorf gefunden worden sei:

„in einem bislang verschlossenen Raum der ehemaligen Stasi-Bezirkszentrale. Dem Ex-ARD-Mann drohe nun möglicherweise eine Klage wegen falscher eidesstattlicher Aussage.“

Sein Vertrag bei der ARD war nicht über März 2007 verlängert worden, allerdings nicht wegen der Stasivorwürfe, sondern wegen eines Falls von Schleichwerbung, den er zu verantworten hatte.