Vom Wunderkind zum Weltstar
Berühmte Dirigenten und namhafte Orchester wie die New Yorker Philharmoniker oder das Russische Nationalorchester arbeiten mit der Münchnerin Julia Fischer zusammen. Sie sei, sagt die 22-Jährige, noch nie in einer Disco gewesen. Am 22. September erscheint ihre neueste CD mit Mozart-Violinkonzerten.
Wenn man Julia Fischer fragt, ob sie manchmal keine Lust aufs Geigespielen hat, wird sie fast sauer:
" Geige spielen ist kein Beruf und Musik machen ist auch kein Beruf und Musiker zu sein ist auch kein Beruf. "Musiker zu sein", Zitat von Isaak Sölln, "ist eine Lebensweise", und das würde ich sofort unterschreiben. Das ist so, als würde man einen religiösen Menschen fragen: Haben Sie heute keine Lust, Christ zu sein? Das ist ungefähr dieselbe Frage. Genauso absurd klingt die für mich."
Julia spielt länger Violine, als sie Fahrrad fahren kann. Bereits mit vier Jahren wünscht sie sich von ihren Eltern eine Geige. Sie bekommt das Instrument und liebt es sofort so sehr, dass sie es mit ins Bett nehmen will. Julia übt immer freiwillig, niemand muss sie je ermahnen. In der Schule ist sie sehr gut, einfach deshalb, weil so weniger Zeit für Hausaufgaben drauf geht, mehr für die Geige bleibt. Selbst als pubertiertende 13-Jährige interessiert sie sich nur für klassische Musik:
Julia mit 13: " In Discos gehe ich nie. Ich war ein Mal auf ner Schulparty und "Bravo" habe ich, ich weiß bloß, dass es die Zeitung gibt. Gelesen oder in der Hand gehabt, habe ich sie noch nie. Das interessiert mich nicht. Dafür lese ich die Orchesterzeitung. "
Und heute, neun Jahre später?
Julia Fischer: " Das bleibt. Lachen. Ich meine, ich lese die Orchesterzeitung jetzt nicht mehr. Aber ich war bis heute in meinem Leben noch nicht in der Disco. Ich meine, ich bin 22 und ich bin sogar stolz drauf. Ist das nicht schlimm? (Lachen.) Ich finde das wirklich verlorene Zeit. "
Freitagvormittag in einer Berliner Kirche: Julia probt Beethovens Tripelkonzert. An den leisen Stellen verschmilzt sie fast mit ihrem Instrument vor Innigkeit, wird Beethoven wilder, fängt ihr Körper zu tanzen an. Bewundernd beobachten sie die Streicher im Orchester. Julia wirkt hoch professionell und gleichzeitig sehr mädchenhaft mit ihrem hellgelben Strickpulli, dem schmalen geflochtenen Zopf. In den Spielpausen wirft sie dem Dirigenten ein schelmisches Lächeln zu, flirtet mit ihren Mitsolisten. Sie weiß, dass sie im Mittelpunkt steht, dass ein bisschen "Diva-Getue" von ihr als Solistin erwartet wird. Julia ist schließlich Profi. Kritiker nennen ihr Geigenspiel "atemberaubend", ihre Tongestaltung "überragend", ihre Technik "furchterregend perfekt", vergleichen sie mit Anne-Sophie Mutter.
Julia Fischer: " Ich finde es absolut absurd, so etwas zu sagen. Sie ist ein eigenständiger Mensch und ich bin es ja irgendwo auch. Da kann man nicht anfangen, die wird wie der oder der wird wie die, das ist ja absurd. Ein Original zu kopieren ist immer eine schlechte Kopie."
Als Mädchen, so erzählt Julia, war Anne-Sophie Mutter ihr Idol. Sie kannte alle ihre Aufnahmen auswendig, fand jedoch schon damals den Vergleich blöde, ebenso die Bezeichnung "Wunderkind". Mit 13 sagte sie in einem Interview nicht ohne Selbstironie:
Julia mit 13 Jahren: " Ein Wunderkind ist für mich jemand, der sehr gut Geige spielt, ohne zu üben, und das ist bei mir wirklich nicht der Fall. "
Heute hat Julia um die hundert Werke auswendig im Repertoire, gibt sie weltweit 80 Konzerte im Jahr. Allein im September wird sie in Israel, Russland, Estland, Deutschland und New York auftreten. In welcher Stadt sie gerade ist, kriegt Julia meistens nicht mehr mit. Zu wenig Zeit bleibt ihr zwischen Interviews, Kofferpacken, Auftritten und CD-Aufnahmen. Kommenden Donnerstag erscheint ihre Neueste mit Mozart-Violinkonzerten.
Auch wenn Julia die meiste Zeit nicht zu Hause in München ist, hat die 22-Jährige natürlich Freunde. Die meisten sind ebenfalls Musiker, mit denen sie gemeinsam auf Tournee geht. In der Freizeit spielen sie Hausmusik oder lesen Partitur, ab und zu geht’s ins Kino. "Zum Glück", sagt Julia und lacht ihr Mädchenlachen, "ist mein Bruder Ingenieur. Durch ihn lerne ich andere Leute kennen."
" Die holen einen dann schon manchmal aus der Klapsmühle raus, in der man dann so steckt, wenn man sich lange Zeit nur mit Musikern umgibt. "
Ob sie einen richtigen, festen Freund hat, verrät Julia nicht, lächelt stattdessen ein wenig gequält. An solche doofen Journalisten-Fragen ist sie gewöhnt:
" Ich habe mein erstes Interview gegeben, als ich acht Jahre alt war. Das ist jetzt nicht so, dass das etwas Neues für mich ist. Und insofern, man gewöhnt sich auch daran. Es gibt eine musikalische Seite und es gibt eine menschliche Seite. Und die menschliche Seite ist dann doch meine eigene."
Die musikalische Seite der Julia Fischer wird uns im nächsten Februar eine CD mit Mendelssohn Klavier-Trios bescheren. Aufgenommen in den Kölner Studios des Deutschlandfunkes, denn Julia ist Trägerin des Deutschlandfunk-Förderpreises.
Service:
Julia Fischer tritt am 18. Und 19. September in der Alten Oper in Frankfurt am Main auf, am 21. September spielt sie in Bonn. Weiter Konzerttermine finden Sie unter www.juliafischer.com. Ihre Mozart CD ist ab dem 20. September im Handel.
" Geige spielen ist kein Beruf und Musik machen ist auch kein Beruf und Musiker zu sein ist auch kein Beruf. "Musiker zu sein", Zitat von Isaak Sölln, "ist eine Lebensweise", und das würde ich sofort unterschreiben. Das ist so, als würde man einen religiösen Menschen fragen: Haben Sie heute keine Lust, Christ zu sein? Das ist ungefähr dieselbe Frage. Genauso absurd klingt die für mich."
Julia spielt länger Violine, als sie Fahrrad fahren kann. Bereits mit vier Jahren wünscht sie sich von ihren Eltern eine Geige. Sie bekommt das Instrument und liebt es sofort so sehr, dass sie es mit ins Bett nehmen will. Julia übt immer freiwillig, niemand muss sie je ermahnen. In der Schule ist sie sehr gut, einfach deshalb, weil so weniger Zeit für Hausaufgaben drauf geht, mehr für die Geige bleibt. Selbst als pubertiertende 13-Jährige interessiert sie sich nur für klassische Musik:
Julia mit 13: " In Discos gehe ich nie. Ich war ein Mal auf ner Schulparty und "Bravo" habe ich, ich weiß bloß, dass es die Zeitung gibt. Gelesen oder in der Hand gehabt, habe ich sie noch nie. Das interessiert mich nicht. Dafür lese ich die Orchesterzeitung. "
Und heute, neun Jahre später?
Julia Fischer: " Das bleibt. Lachen. Ich meine, ich lese die Orchesterzeitung jetzt nicht mehr. Aber ich war bis heute in meinem Leben noch nicht in der Disco. Ich meine, ich bin 22 und ich bin sogar stolz drauf. Ist das nicht schlimm? (Lachen.) Ich finde das wirklich verlorene Zeit. "
Freitagvormittag in einer Berliner Kirche: Julia probt Beethovens Tripelkonzert. An den leisen Stellen verschmilzt sie fast mit ihrem Instrument vor Innigkeit, wird Beethoven wilder, fängt ihr Körper zu tanzen an. Bewundernd beobachten sie die Streicher im Orchester. Julia wirkt hoch professionell und gleichzeitig sehr mädchenhaft mit ihrem hellgelben Strickpulli, dem schmalen geflochtenen Zopf. In den Spielpausen wirft sie dem Dirigenten ein schelmisches Lächeln zu, flirtet mit ihren Mitsolisten. Sie weiß, dass sie im Mittelpunkt steht, dass ein bisschen "Diva-Getue" von ihr als Solistin erwartet wird. Julia ist schließlich Profi. Kritiker nennen ihr Geigenspiel "atemberaubend", ihre Tongestaltung "überragend", ihre Technik "furchterregend perfekt", vergleichen sie mit Anne-Sophie Mutter.
Julia Fischer: " Ich finde es absolut absurd, so etwas zu sagen. Sie ist ein eigenständiger Mensch und ich bin es ja irgendwo auch. Da kann man nicht anfangen, die wird wie der oder der wird wie die, das ist ja absurd. Ein Original zu kopieren ist immer eine schlechte Kopie."
Als Mädchen, so erzählt Julia, war Anne-Sophie Mutter ihr Idol. Sie kannte alle ihre Aufnahmen auswendig, fand jedoch schon damals den Vergleich blöde, ebenso die Bezeichnung "Wunderkind". Mit 13 sagte sie in einem Interview nicht ohne Selbstironie:
Julia mit 13 Jahren: " Ein Wunderkind ist für mich jemand, der sehr gut Geige spielt, ohne zu üben, und das ist bei mir wirklich nicht der Fall. "
Heute hat Julia um die hundert Werke auswendig im Repertoire, gibt sie weltweit 80 Konzerte im Jahr. Allein im September wird sie in Israel, Russland, Estland, Deutschland und New York auftreten. In welcher Stadt sie gerade ist, kriegt Julia meistens nicht mehr mit. Zu wenig Zeit bleibt ihr zwischen Interviews, Kofferpacken, Auftritten und CD-Aufnahmen. Kommenden Donnerstag erscheint ihre Neueste mit Mozart-Violinkonzerten.
Auch wenn Julia die meiste Zeit nicht zu Hause in München ist, hat die 22-Jährige natürlich Freunde. Die meisten sind ebenfalls Musiker, mit denen sie gemeinsam auf Tournee geht. In der Freizeit spielen sie Hausmusik oder lesen Partitur, ab und zu geht’s ins Kino. "Zum Glück", sagt Julia und lacht ihr Mädchenlachen, "ist mein Bruder Ingenieur. Durch ihn lerne ich andere Leute kennen."
" Die holen einen dann schon manchmal aus der Klapsmühle raus, in der man dann so steckt, wenn man sich lange Zeit nur mit Musikern umgibt. "
Ob sie einen richtigen, festen Freund hat, verrät Julia nicht, lächelt stattdessen ein wenig gequält. An solche doofen Journalisten-Fragen ist sie gewöhnt:
" Ich habe mein erstes Interview gegeben, als ich acht Jahre alt war. Das ist jetzt nicht so, dass das etwas Neues für mich ist. Und insofern, man gewöhnt sich auch daran. Es gibt eine musikalische Seite und es gibt eine menschliche Seite. Und die menschliche Seite ist dann doch meine eigene."
Die musikalische Seite der Julia Fischer wird uns im nächsten Februar eine CD mit Mendelssohn Klavier-Trios bescheren. Aufgenommen in den Kölner Studios des Deutschlandfunkes, denn Julia ist Trägerin des Deutschlandfunk-Förderpreises.
Service:
Julia Fischer tritt am 18. Und 19. September in der Alten Oper in Frankfurt am Main auf, am 21. September spielt sie in Bonn. Weiter Konzerttermine finden Sie unter www.juliafischer.com. Ihre Mozart CD ist ab dem 20. September im Handel.