Vom Wehr- zum Ego-Beauftragten

Von Klaus Pokatzky · 20.07.2012
400 Bundeswehrrekruten hätten am Abend so schön am symbolträchtigen Bendlerblock am symbolträchtigen Datum geloben können. Doch der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus hat mit seiner Kritik an der turnusmäßigen Verlegung des Gelöbnisses dafür gesorgt, dass den ganzen Tag über von einem "Ministerialheer" die Rede war.
Es gab mal Wehrbeauftragte, von denen erzählen Soldaten heute noch mit leuchtenden Augen. Claire Marienfeld von der CDU war so eine, vor 15 Jahren. Als sich mal Soldaten der Berliner Julius-Leber-Kaserne bei ihr über das schlechte Kantinenessen beschwert hatten, fuhr sie umgehend an der Wache vor: "Ich bin die Wehrbeauftragte und überprüfe jetzt die Truppenküche".

Da lacht das Herz des Soldaten: Das waren noch Wehrbeauftragte. Oder der Sozialdemokrat Reinhold Robbe, bis vor zwei Jahren. Der wusste genau, dass er als vom Deutschen Bundestag Gewählter die höchste Vertrauensperson der deutschen Soldaten ist. Dass er für die Soldaten da ist – und nicht umgekehrt. Das waren noch Wehrbeauftragte, da fühlten sich die Soldaten sehr ernst genommen.

Heute gibt es einen Wehrbeauftragten, der vor allem sich selber sehr wichtig nimmt. Jahrelang haben am 20. Juli Hunderte Rekruten im Berliner Bendlerblock ihr Gelöbnis abgelegt. Da residiert nicht nur der Bundesminister der Verteidigung, da erinnert auch die Gedenkstätte Deutscher Widerstand an den militärischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Das war immer ein schönes Bekenntnis zur Demokratie, eine Absage an das Nazitum.

Vor vier Jahren gab es das erste Feierliche Gelöbnis vor dem Reichstag. Das war ein schönes Bekenntnis für die Parlamentsarmee. Nun sollen beide Symbolorte kombiniert werden.

Dem Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus passt das nicht. Offenbar ist dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages bisher entgangen, dass der Bendlerblock eben nicht nur der Arbeitsort für Ministerialbeamte ist, sondern auch der Ort, an dem seit einigen Jahren ein Ehrenmal für jene Soldaten steht, die im Dienst ihr Leben gelassen haben – ein Ehrenmal also auch für die Soldaten, die gefallen sind in kriegerischen Einsätzen, in die sie die Abgeordneten des Bundestages geschickt haben.

Offenbar weiß der Wehrbeauftragte auch nicht, dass der Bendlerblock der Ort war, an dem heute vor 68 Jahren Claus Schenk von Stauffenberg den Versuch unternommen hat, das Hitler-System zu beseitigen. Und offenbar weiß der Wehrbeauftragte schon gar nicht, dass dieser militärische Widerstand und das Gedenken daran für die Bundeswehr eine ihrer wichtigsten Traditionslinien ist.

400 Rekruten aus ganz Deutschland hätten heute Abend so schön an einem symbolträchtigen Ort am symbolträchtigen Datum geloben können. Der Wehrbeauftragte hat dafür gesorgt, dass den ganzen Tag über von seinem "Ministerialheer" die Rede war. Das ist eine Beleidigung der Freiwilligen, die heute Abend geloben. Das ist eine Verhöhnung des Widerstandes. Früher gab es mal Wehrbeauftragte. Heute gibt es einen Ego-Beauftragten.
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