Vom Waisen- zum Kunsthaus
In Rio de Janeiro entsteht in einem ehemaligen Waisenhaus die "Casa Daros", eines der größten Museen für moderne lateinamerikanische Kunst. Auf rund 12.000 Quadratmetern soll ab 2008 eine Dependance der Schweizer Sammlung "daros-latinamerica" ihre Schätze präsentieren. Bei den Künstlern vor Ort stößt das Projekt nicht nur auf Gegenliebe.
Stolz führt Direktor Sebastian Lopez seine Besucher in Rio de Janeiro durch ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes, 12.000 Quadratmeter großes, ehemaliges Waisenhaus: ein Gebäude im neoklassischen Kolonialstil mit zwei Innenhöfen. Der Putz bröckelt von den Wänden, die Dielen faulen vor sich hin.
Doch wo heute noch bauliche Tristesse herrscht, wird 2008 eines der bedeutendsten Museen für moderne lateinamerikanische Kunst seine Pforten öffnen. Die "Casa Daros" wird dann eine Dependance der in Zürich beheimateten Sammlung "Daros Latinamerica" sein, die schon jetzt mit 1000 Werken eine der größten Kollektionen zeitgenössischer Kunst aus Mittel- und Südamerika besitzt. Ihr Direktor, Hans-Michael Herzog, über die Sammlung, in der auch shooting stars der Szene wie der brasilianische Objektkünstler Ernesto Neto vertreten sind:
""Markttechnisch haben wir einige Global Players in der Sammlung, das ist ganz selbstverständlich. Gleichermaßen haben wir aber auch absolute no names in der Sammlung. Und diese no names beziehen sich nicht unbedingt nur auf ganz junge Kunstschaffende - so im Alter von 25. Das heißt: Wir sind durchaus auch dabei, Künstlerarchive zu sichten, auch systematisch, mit Arbeiten, die in den 60er, 50er, 70er Jahren entstanden sind"."
Längst arriviert ist der in der Daros-Sammlung vertretene Brasilianer Antonio Dias, der auch schon im Münchner Lenbach-Haus ausgestellt hat. Von der Idee eines Museums für aktuelle lateinamerikanische Kunst in Rio de Janeiro ist er begeistert:
""Das Daros-Haus ist sehr wichtig für Rio, weil es dann erstmals hier eine Anlaufstelle für Kunst aus lateinamerikanischen Ländern geben wird". "
Etwas zurückhaltender äußert sich da schon der deutsche Performance-Künstler und DAAD-Stipendiat Denis Feser. Er hat sich bei jungen Kollegen in Rio umgehört und von ihnen eher reservierte Stellungnahmen zur "Casa Daros" bekommen:
""Es gibt einfach von vielen Leuten, die lokal hier vor Ort arbeiten, Projekte im öffentlichen Raum beispielsweise durchführen und sich mit der politischen Situation hier vor Ort auseinandersetzen, den einen oder anderen Vorbehalt, deswegen, dass eine Organisation hier international, sozusagen mit viel Geld, einen Ort etabliert und auch einen gewissen Anspruch formuliert, lateinamerikanische Kunst zu repräsentieren, ohne wirklich eine intensive Rücksprache mit den Leuten vor Ort zu halten". "
Freilich: durch derartige Stimmen wird sich Pedro Mendes da Rocha nicht von seinem Projekt abbringen lassen. Vielmehr ist er überzeugt, das Museum für lateinamerikanische Kunst in Rio de Janeiro bis 2008 fristgerecht fertig zu stellen:
""Die Grundidee ist, die wichtigsten Elemente der alten Bausubstanz zu erhalten und gleichzeitig die Räume so zu transformieren, dass sie als Museum zu nutzen sind"."
Pedro Mendes da Rocha kann sich dabei nicht nur auf seine eigene langjährige Erfahrung als Architekt stützen, sondern auch auf das Wissen seines Vaters Paulo zählen, mit dem er das Projekt gemeinsam realisiert. Und der gilt in Brasilien nicht nur als radikaler Modernist, sondern auch als einer der berühmtesten Architekten des Landes, hat er doch in diesem Jahr den begehrten Pritzker-Preis erhalten, immerhin so etwas wie der Nobelpreis für Architektur. Dennoch überschätzt sein Sohn den Einfluss von Architekten keinesfalls bei der Lösung der Hauptprobleme Brasiliens, der Armut, der Korruption und vor allem der Revitalisierung der Millionenstädte, der Megacities.
""Ich glaube, wir haben in Brasilien eine Menge damit zu tun, neue Städte und Siedlungen zu errichten. Es gibt also für Architekten eigentlich viel zu tun. Aber im Wohnungsbau existiert bei uns leider ein sehr abgeschotteter Markt, der nur von einigen wenigen beherrscht wird. Und die arbeiten in erster Linie für Investoren, wollen kein Risiko eingehen und bei ihren Projekten in punkto Profit 100 Prozent sicher sein". "
Trotz des immensen Einflusses von profitorientierten Investoren und Immobilienspekulanten - resignieren will Pedro Mendes da Rocha angesichts der festgefahrenen Strukturen noch lange nicht. Das neu entstehende Museum in Rio, die "Casa Daros", ist für ihn dabei ein kleiner Hoffnungsschimmer, der ihm zeigt, dass eine zukunftsweisende, am Menschen orientierte Architektur durchaus möglich ist. Diese auch in städtebaulichen Konzepten stärker als bisher zu berücksichtigen, so der brasilianische Architekt weiter, dazu benötige man eben Zeit und - Macht.
""Natürlich wären Architekten dafür eigentlich die geeignetsten Leute. Aber sie haben leider nicht so viele Möglichkeiten dazu. Denn die größte Macht, Dinge zu verändern, gegen den Tod der Städte anzukämpfen, liegt im politischen Willen. Aber dazu braucht es eben starke politische Maßnahmen. Wenn Architekten wirklich die Welt verbessern wollen, müssen Sie klare Ideen formulieren, sich Platz in den Medien besorgen, in den Zeitungen und im Fernsehen, und für diese Ideen kämpfen". "
Doch wo heute noch bauliche Tristesse herrscht, wird 2008 eines der bedeutendsten Museen für moderne lateinamerikanische Kunst seine Pforten öffnen. Die "Casa Daros" wird dann eine Dependance der in Zürich beheimateten Sammlung "Daros Latinamerica" sein, die schon jetzt mit 1000 Werken eine der größten Kollektionen zeitgenössischer Kunst aus Mittel- und Südamerika besitzt. Ihr Direktor, Hans-Michael Herzog, über die Sammlung, in der auch shooting stars der Szene wie der brasilianische Objektkünstler Ernesto Neto vertreten sind:
""Markttechnisch haben wir einige Global Players in der Sammlung, das ist ganz selbstverständlich. Gleichermaßen haben wir aber auch absolute no names in der Sammlung. Und diese no names beziehen sich nicht unbedingt nur auf ganz junge Kunstschaffende - so im Alter von 25. Das heißt: Wir sind durchaus auch dabei, Künstlerarchive zu sichten, auch systematisch, mit Arbeiten, die in den 60er, 50er, 70er Jahren entstanden sind"."
Längst arriviert ist der in der Daros-Sammlung vertretene Brasilianer Antonio Dias, der auch schon im Münchner Lenbach-Haus ausgestellt hat. Von der Idee eines Museums für aktuelle lateinamerikanische Kunst in Rio de Janeiro ist er begeistert:
""Das Daros-Haus ist sehr wichtig für Rio, weil es dann erstmals hier eine Anlaufstelle für Kunst aus lateinamerikanischen Ländern geben wird". "
Etwas zurückhaltender äußert sich da schon der deutsche Performance-Künstler und DAAD-Stipendiat Denis Feser. Er hat sich bei jungen Kollegen in Rio umgehört und von ihnen eher reservierte Stellungnahmen zur "Casa Daros" bekommen:
""Es gibt einfach von vielen Leuten, die lokal hier vor Ort arbeiten, Projekte im öffentlichen Raum beispielsweise durchführen und sich mit der politischen Situation hier vor Ort auseinandersetzen, den einen oder anderen Vorbehalt, deswegen, dass eine Organisation hier international, sozusagen mit viel Geld, einen Ort etabliert und auch einen gewissen Anspruch formuliert, lateinamerikanische Kunst zu repräsentieren, ohne wirklich eine intensive Rücksprache mit den Leuten vor Ort zu halten". "
Freilich: durch derartige Stimmen wird sich Pedro Mendes da Rocha nicht von seinem Projekt abbringen lassen. Vielmehr ist er überzeugt, das Museum für lateinamerikanische Kunst in Rio de Janeiro bis 2008 fristgerecht fertig zu stellen:
""Die Grundidee ist, die wichtigsten Elemente der alten Bausubstanz zu erhalten und gleichzeitig die Räume so zu transformieren, dass sie als Museum zu nutzen sind"."
Pedro Mendes da Rocha kann sich dabei nicht nur auf seine eigene langjährige Erfahrung als Architekt stützen, sondern auch auf das Wissen seines Vaters Paulo zählen, mit dem er das Projekt gemeinsam realisiert. Und der gilt in Brasilien nicht nur als radikaler Modernist, sondern auch als einer der berühmtesten Architekten des Landes, hat er doch in diesem Jahr den begehrten Pritzker-Preis erhalten, immerhin so etwas wie der Nobelpreis für Architektur. Dennoch überschätzt sein Sohn den Einfluss von Architekten keinesfalls bei der Lösung der Hauptprobleme Brasiliens, der Armut, der Korruption und vor allem der Revitalisierung der Millionenstädte, der Megacities.
""Ich glaube, wir haben in Brasilien eine Menge damit zu tun, neue Städte und Siedlungen zu errichten. Es gibt also für Architekten eigentlich viel zu tun. Aber im Wohnungsbau existiert bei uns leider ein sehr abgeschotteter Markt, der nur von einigen wenigen beherrscht wird. Und die arbeiten in erster Linie für Investoren, wollen kein Risiko eingehen und bei ihren Projekten in punkto Profit 100 Prozent sicher sein". "
Trotz des immensen Einflusses von profitorientierten Investoren und Immobilienspekulanten - resignieren will Pedro Mendes da Rocha angesichts der festgefahrenen Strukturen noch lange nicht. Das neu entstehende Museum in Rio, die "Casa Daros", ist für ihn dabei ein kleiner Hoffnungsschimmer, der ihm zeigt, dass eine zukunftsweisende, am Menschen orientierte Architektur durchaus möglich ist. Diese auch in städtebaulichen Konzepten stärker als bisher zu berücksichtigen, so der brasilianische Architekt weiter, dazu benötige man eben Zeit und - Macht.
""Natürlich wären Architekten dafür eigentlich die geeignetsten Leute. Aber sie haben leider nicht so viele Möglichkeiten dazu. Denn die größte Macht, Dinge zu verändern, gegen den Tod der Städte anzukämpfen, liegt im politischen Willen. Aber dazu braucht es eben starke politische Maßnahmen. Wenn Architekten wirklich die Welt verbessern wollen, müssen Sie klare Ideen formulieren, sich Platz in den Medien besorgen, in den Zeitungen und im Fernsehen, und für diese Ideen kämpfen". "