Vom Taxifahrer zum Krimi-Erfolgsautor

Von Ludger Fittkau |
Einundzwanzig Jahre lang ist Frank Demant Taxi gefahren. Bis zur Volljährigkeit, so sagt Demant selbst, habe er freiwillig gerade einmal "zwei Bücher der Weltliteratur" gelesen: Den "Schatz im Silbersee" von Karl May und "Bonanza". Doch heute ist Demant der Literatur verfallen und ein Erfolgsautor. Das Taxifahren ist aber der Schlüssel zu seiner Schriftstellerlaufbahn.
"Man kriegt, ob man will oder nicht, ein Gefühl für Literatur."

Frank Demant spricht von den vielen Stunden wartend am Taxistand, mit einem Buch auf dem Lenkrad seiner benzingetriebenen Droschke. Der schmale und mittelgroße 48-Jährige hat zwar im Sommer noch einmal für fünf Jahre seinen Taxischein verlängern lassen – gefahren ist er seitdem aber nur noch zwei- oder dreimal. Denn inzwischen kann er ganz gut vom Verkauf seiner Bücher leben. Doch der literarische Erfolg wäre wohl ohne das Taxi nicht denkbar gewesen:

"Ich habe mehrere tausend Bücher im Taxi gelesen. Kommt dann zwangsläufig, die Liebe zur Literatur, und man kann dann unterscheiden, was gute und was schlechte Literatur ist, was einem bei anderen Autoren nicht gefällt, was ich dann auch tunlichst unterlasse, selbst zu schreiben. Irgendwelche ellenlange Beschreibungen von Landschaften, die keine Sau interessiert, sage ich jetzt mal."

Vor einer halben Stunde ist Frank Demant noch außer Atem mit seinen Kollegen vom "SV Taras" dem Ball hinterhergelaufen. Nun sitzt er frisch geduscht in Che-Guevara-T-Shirt und Lederjacke im Clubhaus am Rande eines Fußballplatzes im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen, nicht weit vom Main entfernt. "SV Taras" ist die Abkürung von "Taxirasensportverein".

Demant ist nicht der einzige literaturbesessene Taxifahrer, der an diesem Abend am Sachsenhäuser Taras-Stammtisch Platz nimmt. Auch Gregor Sellik ist in vielen langen Nächten am Taxistand beim Warten auf den nächsten Kunden den Büchern verfallen:

"Man schafft sich sogar zu Hause den Fernseher ab und liest weiter, wenn man wirklich gute Bücher empfohlen bekommt, dann ist es richtig nett, ja."

Gregor Sellik hat inzwischen auch mit dem Schreiben begonnen, doch vom Erfolg seines Frankfurter Taxifahrer-Kollegen Frank Demant ist er noch weit entfernt:

Sellik: " Ich finde es gut, dass er es probiert hat und das ist ja auch relativ erfolgreich geworden. "

Musik: Element of Crime
Am Himmel verblassen die Sterne,
Deine Augen funkeln mich an
Seit ich dich kenne, mag ich es gerne
Wenn der Winter kommt –
dann wird es früher dunkel....


Demant: " Als Vorbild habe ich mir Sven Regener genommen, sehr ambitioniert, den kannte ich schon, bevor er angefangen hat, zu schreiben, durch seine Musikband "Element of Crime". Hervorragende Texte und als ich sein erstes Buch gelesen habe, war ich hellauf begeistert und habe auch so ein bisschen abgekupfert, muss man auch dazu sagen."

Element of Crime – dass Frank Demant Krimiautor wurde, hat auch familiäre Gründe. Denn 1996 trug sein Vater als Bankangestellter zur Aufklärung eines großen Falls von Steuerhinterziehung in der Finanzmetropole Frankfurt am Main bei. In die Affäre waren damals fast sämtliche deutsche Großbanken verwickelt:

Frank Demant: "(...) Und der Fall war so spannend, dass ich dann ein Buch drüber geschrieben habe. Ich habe ja alles aus erster Hand erfahren, hatte mehr Informationen als so mancher Richter und das war dann vor fünf Jahren der Grund, das ich angefangen habe zu schreiben. Es hat halt so viel Spaß gemacht."

"Tagesgeschäfte” – lautet der Titel dieses Erstlingswerks aus dem Jahre 2002. In den nachfolgenden drei Romanen entfaltete Frank Demant die Figur des Sachsenhäuser Originals "Simon Schweitzer”.

Der wohlbeleibte Lebenskünstler und Teilzeit-Privatdetektiv ist die Hauptfigur auch in Demants jüngstem Werk "Tod im Ebbelwei-Expreß”-- in dem Sachsenhäuser Apfelwein-Wirte gemeinsam gegen Schutzgelderpressungen der Mafia kämpfen:

" Die erste Lesung hatte ich vor über einem Jahr, das war 'ne ganz kleine Stadtteilbibliothek hier in Frankfurt, hat mir ein anderer Taxifahrer vermittelt und dann musste ich auch erst mal das Lesen lernen. Laut lesen ist immer noch was anderes, als vor sich hin zu lesen. Und da habe ich dann monatelang im Taxi gesessen und habe fremde Texte aus fremden Büchern laut gelesen, im Taxi. Manchmal war es bestimmt ein skurriles Bild, wenn da Leute vorbeigelaufen sind und dann einen Taxifahrer im beleuchteten Taxi gesehen haben, der dann permanent was erzählt. (lacht) Selbstgespräche führt oder so."

Während am Tresen des Vereinsheims der Fußball spielenden Taxifahrer nach den ersten Bierchen die Stimmung steigt, erzählt Frank Demant: Er habe es tatsächlich dem Fußball zu verdanken, dass er jetzt zum ersten Mal in seinem Leben die Buchmesse besuchen wird. Nicht mit dem Taxi wird er dort hinfahren, sondern mit der U-Bahn:

"Ich selbst wäre nicht auf die Idee gekommen, auf die Buchmesse zu gehen, einfach weil die Stände zu teuer sind, die Platzmieten sind einfach zu teuer. Jetzt bin ich aber eingeladen worden über 'ne Frankfurter Fußballzeitung, "Zico", die ist erstmalig letzten Monat erschienen und ich habe einen kleinen Artikel über meinen Fußballverein da geschrieben und im Gegenzug haben die mich zur Buchmesse eingeladen, da werde ich auch wahrscheinlich eine kleine Lesung halten. Ja und mal gucken, wie die Buchmesse von innen so ist. Bis jetzt kenne ich sie nur als Taxifahrer von außen, in dem ich die Fahrgäste da hingefahren haben und jetzt lerne ich sie mal von innen kennen."