Vom Superschurken bis zum Hotzenplotz

Von Christian Berndt · 25.02.2013
Er spielte den Räuber Hotzenplotz, den gedemütigten Ehemann in "Es geschah am hellichten Tag" und den diabolischen James-Bond-Widersacher in "Goldfinger": Gert Fröbe war einer der weltweit meistbeschäftigten deutschen Schauspieler; heute wäre er 100 Jahre alt geworden.
Her mit dem Ding!

Erlauben Sie mal, wer sind Sie denn eigentlich?

Sie lesen wohl keine Zeitung, hä Großmutter? Denken Sie mal scharf nach. Naaa?

Sind Sie etwa… der Räuber Hotzenplotz?

Jaaa, der bin ich!


Gert Fröbe ist in seinem Element. Er spielt den Räuber Hotzenplotz mit sichtlichem Spaß und vollem Einsatz – so wie er das immer getan hat, ob in seinen Charakterrollen oder Zirkusauftritten. Seine Karriere beginnt der Sohn eines Großhändlers aus Sachsen 1933 als Bühnenmaler in Dresden. Weil Fröbe eigentlich lieber auf die Bühne will, spricht er dort eines Tages dem berühmten Schauspieler Erich Ponto vor:

"Ich stellte mich also hin, in Positur, und man hatte mir ja in Zwickau auf dem Realgymnasium versprochen, wir würden ein einwandfreies Hochdeutsch lernen, und ich habe auch daran geglaubt. Und ich legte also los, mit sehr dämonischem Mienenspiel: ‚Warte nur Vernunft… da sagt er: Halten Sie auf, halten Sie auf, halten Sie auf, sie sind ein Komiker!‘ Er brach zusammen, ich glaube, es war grausam."

Trotzdem gibt Ponto dem rothaarigen Schlacks mit dem stark sächsischen Akzent Schauspielunterricht. 1937 hat Fröbe sein erstes Theaterengagement. Nach dem Krieg tritt er im Kabarett auf, darüber bekommt er 1948 seine erste Filmrolle. In "Berliner Ballade" spielt der damals noch hagere Fröbe einen fast provokant passiven Mitläufer namens Otto Normalverbraucher. Obwohl er kaum Text hat, erhält er begeisterte Kritiken. Doch die kritische Filmsatire wird ein Flop, und Fröbe bekommt nur noch kleinste Angebote.

Bis er bei Dreharbeiten zufällig von einem französischen Filmagenten beobachtet wird. Der lädt Fröbe nach Paris ein, und hier bekommt er größere Rollen. Dann folgen auch wieder Engagements aus Deutschland, und 1958 sein bis dahin wichtigster Film: In "Es geschah am hellichten Tag" spielt er einen gedemütigten Ehemann, der aus Hass zum Kindermörder wird:

Was lachst Du so blöd?

Ich muss morgen noch mal nach Zürich.

Warum? Wieso?

Die Etiketten vom 49er sind ausgegangen.

Nach Zürich sind es zwei Stunden hin und zwei Stunden zurück. Aber jedes Mal bleibst Du den ganzen Tag weg. Herumfahren. Benzinverschwenden, Geld ausgeben. Und nachts sperrt sich der Herr ein und spielt den Kranken.

Ich bin nicht krank! Ich fühle mich gut.


Fröbe spielt den kindlich-brutalen Mörder beklemmend echt. Der Film wird zum internationalen Durchbruch, aber er ist nun auch auf die Rolle des Bösewichts festgelegt:

"Meine Mutter hat schon Hemmungen, wenn ich ihr sage, ich mache wieder so einen bösen Film. Sie meint, das hast Du doch gar nicht nötig, Du bist doch im Privatleben ganz anders. Naja, mit irgendwas muss man seine Brötchen ja verdienen, und wem kann man meinen Kopp schon zumuten als Liebhaber, das glaubt ja kein Mensch."

Höhepunkt ist 1964 die Rolle des diabolischen "Goldfinger" im gleichnamigen James-Bond-Film. Fröbe wird zu einem der weltweit meistbeschäftigten deutschen Schauspieler – oft als Typus des unsympathischen Deutschen. Trotzdem bleibt er außerordentlich beliebt. Gerade dadurch, dass er so unterschiedliche Charaktere – vom Superschurken bis zum lustigen Hotzenplotz – glaubhaft verkörpert hat, ist immer eine Spur Distanz zu den Rollen geblieben. Ausgefüllt hat er sie mit seiner Präsenz aber wie kaum ein anderer.
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